Beim Baumschneiden die Gesetze des Wuchses beachten
Autor: Jupp Schröder
Bamberg, Freitag, 22. März 2013
Der Pflanzschnitt bei Obstgehölzen ist mit größter Sorgfalt auszuführen. Dazu sollte unbedingt ein Fachmann zu Rate gezogen werden. Was am Anfang versäumt wird, ist später nicht oder kaum mehr gut zu machen.
Es müssen immer gleich die richtigen Voraussetzungen für einen stabilen Kronenaufbau geschaffen werden. Die Aufbauphase dauert etwa sechs bis acht Jahre. Gegenüber früherem Brauch wird die Krone heute in der Regel aus drei Leitästen gebildet. Diese gilt es sorgfältig aus den vorhandenen Verzweigungen auszuwählen. Ideal ist es, wenn die Leitäste wie ein Mercedesstern gleichmäßig um den Stamm angeordnet sind.
Zur besseren Stabilität des Baumes sollten sie aber nicht, so wie es einmal üblich war, aus einem Quirl kommen, sondern versetzt am Stamm angeordnet sein. Zuerst werden beim Schneiden die Leitäste in einem Winkel von 45 Grad formiert. Dies geschieht entweder durch Hochbinden mit einer Schlaufe bei einer zu flachen Stellung oder durch Abspreizen mit einem Holunderzweig, wenn der Winkel zu steil ist.
Beim scharfen Rückschnitt der Leitäste ist darauf zu achten, dass diese in der gleichen Höhe sind. Die Endknospen sollen dabei immer nach außen stehen. Zuletzt ist die Stammverlängerung auf Scherenlänge über der "Saftwaage" einkürzen. Ideal ist dabei ein Dachgefälle von 45 Grad nach beiden Seiten. Die richtige Neigung kann überprüft werden, wenn man seine Daumen waagerecht zueinander stellt. Die gestreckten Finger darüber zeigen bei der Berührung zueinander den optimalen Winkel an. Dieses "Maß" ist auch bei älteren Bäumen einzuhalten, damit der Stamm nicht so stark nach oben wächst.
Beim Baumschneiden ist besonders darauf zu achten, eine nach oben lichte Krone zu haben, damit die Leitäste nicht durch Überbauung verkümmern. Eine alte Gärtner Regel besagt, dass man einen Hut durch den oberen Bereich des Baumes werfen kann, ohne dass er einen Zweig berührt. Deswegen müssen alle nach innen wachsenden und zu steil stehenden Äste entfernt werden.
Zum besseren Verständnis muss man wissen, dass ein Baum dadurch entsteht, dass in die Knospen, die am weitesten oben sind, die meiste Kraft geleitet wird. Deshalb hat er besonders in jungen Jahren das Bestreben im oberen Bereich zu "überbauen". Auch wächst ein Baum schief, wenn ein Leitast höher steht als der andere. Stehen die Triebe zu steil, wachsen sie sehr kräftig.
Je mehr sie sich aber später neigen, umso weniger Zuwachs ist vorhanden. Dann setzen solche Triebe Frucht an. Diesen Vorgang kann man durch Herrunterbinden von jungen aufrechten Trieben in die fast Waagerechte beschleunigen. Je älter diese Zweige dann werden, umso mehr neigen sie sich nach unten und vergreisen zunehmend. Altes Holz bringt dann aber nur noch kleine Früchte hervor und kann zudem nicht alle Jahre tragen.
Deshalb werden ältere Bäume ganz anders geschnitten als junge. Es müssen die vergreisten Fruchtäste laufend heraus genommen und auf einen jungen Trieb abgesetzt werden. Dadurch ist eine ständige Verjüngung gegeben. Diesen Vorgang nennt man dann in der Fachsprache die "Rotation des Fruchtholzes". Wenn man aber alle jungen Triebe abschneidet, wie dies bei älteren Bäumen viel geschieht, gibt es keine Verjüngung. Dann schauen solche Exemplare aus wie "Trauerweiden", auf deren Oberfläche unzählige junge Triebe sprießen. Wenn die Gesetzmäßigkeiten des Baumwuchses kennt, fällt es einem nicht mehr schwer einen Obstbaum richtig zu schneiden.
Die Leitäste werden in den nächsten Jahren immer wieder eine Stufe weiter aufgebaut. Dies geschieht durch Anschneiden der Triebspitzen auf einer gleichen Höhe, der sogenannten "Saftwaage". Dann bilden sich bilden sich an der Schnittstelle neue Äste. Außerdem werden durch den Schnitt die Leitäste gekräftigt. Schlimm ist aber ein sinnloser Rückschnitt aller jungen Triebe.
Dann kommt es vor allem bei stark wachsenden Baumformen zu einem zu großen Triebzuwachs. Der Gärtner produziert sich somit sehr viel unnötiges Holz. Dieses dann immer wieder zu schneiden kostet viel Arbeitszeit. Nur bei schwach wachsenden Spindeln kann ein zusätzliches Anschneiden von einigen jungen Trieben sinnvoll sein, um hier mehr Wachstum zu erreichen. Stark wachsende und empfindliche Bäume wie Süßkirschen- und Walnussbäume werden ohnehin nur formiert und dabei die Triebe nicht angeschnitten. Dies geschieht am besten im Sommer.