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Schwanger am Arbeitsplatz: Wie muss der Arbeitgeber reagieren - was ändert sich?


Autor: Klaus Heimann

Deutschland, Montag, 05. Juni 2023

Für Frauen, die arbeiten und schwanger sind, gibt es viele Änderungen, die auch den Arbeitgeber betreffen. Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) sollten werdende Mütter kennen.
In der Schwangerschaft ändert sich einiges, auch am Arbeitsplatz.


Schwanger sein ist für viele Frauen eine schöne Situation. Sie freuen sich, sind aber unsicher, wie alles Neue zu regeln ist. Im Beruf und am Arbeitsplatz gibt es Veränderungen. Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) gibt auf viele der gestellten Fragen Antworten. Die wichtigsten stellen wir vor.

Wann musst du deinem Arbeitgeber mitteilen, dass du schwanger bist?

Es empfiehlt sich, möglichst frühzeitig mit dem Arbeitgeber zu sprechen und deinem Chef oder deiner Chefin mitzuteilen, dass du schwanger bist. Im Mutterschutzgesetz (MuSchG) gibt es keine gesetzliche Frist, bis wann du dein*e Vorgesetzte*n über deine Schwangerschaft informieren musst. Dennoch ist es mehr als sinnvoll, ihn oder sie ins Bild zu setzen. Eine bestimmte Form für die Mitteilung ist nicht vorgegeben, die Information kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Arbeitsrechtlich empfiehlt sich aber eine schriftliche Ansage. Viele Frauen warten die sogenannte Drei-Monats-Hürde ab – also die ersten zwölf Schwangerschaftswochen – und setzen den Betrieb direkt danach in Kenntnis. Ab dem Zeitpunkt der Information an den Arbeitgeber greifen die rechtlichen Bestimmungen des MuSchG.

Etwas anderes ist es, wenn es um den Zeitpunkt der Entbindung geht: § 15 MuSchG legt fest, dass werdende Mütter den Arbeitgeber über den mutmaßlichen Termin der Entbindung, und damit natürlich über die Schwangerschaft, informieren "sollen", sobald der Termin bekannt ist. Stillende Frauen sollten ihrem Arbeitgeber ebenfalls so früh wie möglich Bescheid geben. Wichtig sind außerdem folgende Informationen für den Arbeitgeber: errechneter Geburtstermin, Beginn der Mutterschutzfrist, Resturlaub, und: Wie du gedenkst, mit der dir zustehenden Kindererziehungszeit umzugehen.

Dabei ist es gleich, ob die Frau in Voll- oder Teilzeit, befristet oder unbefristet, zur Probe, haupt- oder nebenberuflich, Auszubildende oder geringfügig beschäftigt ist – sämtliche Arbeitsverhältnisse sind erfasst. Ist eine Schwangerschaft angezeigt, kann der Arbeitgeber ein schriftliches Zeugnis (Attest) des behandelnden Arztes bzw. der behandelnden Ärztin, der Hebamme oder eines Entbindungspflegers verlangen. Dieses ist wichtig für die Berechnung der Mutterschutzfristen. Die Kosten für das Zeugnis, das der Arbeitgeber verlangt, muss der Betrieb bezahlen.

Wie muss der Arbeitgeber reagieren, was muss er tun?

Eine frühzeitige, freiwillige Information ist deshalb so wichtig, weil durch deine Schwangerschaft der Arbeitgeber einiges tun muss. Nach § 10 MuSchG und § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) muss er eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen und evtl. erforderliche Schutzmaßnahmen festlegen.

Die Berufe bringen unterschiedliche Gefahren mit sich. Werdende Mütter dürfen keine Fließband- und Akkordarbeit machen, Tätigkeiten in bzw. auf Fahrzeugen nach der 12. Schwangerschaftswoche sind verboten. Gleiches gilt für Jobs mit gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen (zum Beispiel Chemikalien oder radioaktive Materialien). Tabu sind ebenfalls schwere körperliche Arbeit (zum Beispiel regelmäßiges Heben von Lasten über fünf Kilogramm), langes Stehen (über vier Stunden pro Tag) und Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr.

Nach § 14 Abs. 2 MuSchG hat der Arbeitgeber die schwangere oder stillende Frau über das Ergebnis der Beurteilung und die eingeleiteten Schutzmaßnahmen zu informieren. Eine weitere Pflicht hat der Arbeitgeber gegenüber der Aufsichtsbehörde (meist der Regierungspräsident): Nach § 27 MuSchG muss er diese über die Schwangerschaft bzw. über das Stillen informieren.

Die Schweigepflicht ist aufgehoben, wenn die Schwangere dies im Betrieb bekannt macht

Der Betrieb darf über deine mitgeteilte Schwangerschaft nur diejenigen unterrichten, die dies unbedingt wissen müssen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 MuSchG). Das sind üblicherweise die Personalabteilung, die betriebsärztliche Abteilung, die Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie der oder die Vorgesetzte. Grundsätzlich besteht für alle die Schweigepflicht. In Kleinbetrieben ist dies allerdings nur schwer umzusetzen. Zu beachten ist, dass es sich bei der Schwangerschaft unter Namensnennung nicht nur um personenbezogene Daten, sondern um Gesundheitsdaten handelt, Art. 9 Abs. 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Will der Betriebsrat vom Arbeitgeber den Namen der Schwangeren auf Grundlage seiner Aufgaben nach § 80 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in Erfahrung bringen, so muss er konkret darlegen

  • welche Ge- bzw. Verbote er zu überwachen beabsichtigt,
  • warum er den Namen der Schwangeren benötigt und
  • warum diese Daten für seine Aufgabenerfüllung unerlässlich sind (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 9.4.2019, Az.: 1 ABR 51/17).

Hat die Arbeitnehmerin ihre Schwangerschaft selbst im Betrieb bekannt gemacht, ist der Arbeitgeber nicht mehr an seine Schweigepflicht gebunden.

Schutzfristen vor und nach der Entbindung

Grundsätzlich dürfen werdende Mütter nach § 3 Abs. 1 MuSchG in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigt sein. Maßgeblich ist der Tag der voraussichtlichen Entbindung nach dem Zeugnis des Arztes, der Ärztin, der Hebamme oder des Entbindungspflegers (Mutterpass). Es ist aber nicht auszuschließen, dass sich die ursprüngliche Terminangabe verschiebt. Bei vorzeitiger Entbindung verkürzt sich die Schutzfrist. Dafür verlängert sich aber die Frist nach der Geburt. Entbindest du später, verlängert sich die Zeit vor der Entbindung entsprechend, ohne dass dies Auswirkungen auf die nachgeburtliche Schutzfrist hat.

Nach der Entbindung dürfen Frauen nach § 3 Abs. 2 MuSchG für die Dauer von acht Wochen keine Arbeit aufnehmen (in Summe also 14 Wochen vor und nach der Geburt). Während der Schutzfrist nach der Geburt gilt ein absolutes Beschäftigungsverbot. Im Gegensatz zur Schutzfrist vor der Entbindung, die du auf Wunsch unterbrechen kannst, ist das nach der Geburt des Kindes nicht möglich. Eine Ausnahme hiervon besteht nur bei einer Totgeburt oder bei Tod des Kindes. Hier kann die Frau auf ihr ausdrückliches Verlangen schon vor Ablauf der Schutzfrist, aber noch nicht in den ersten zwei Wochen die Arbeit wieder aufnehmen, wenn laut ärztlicher Ansage nichts dagegen spricht, § 3 Abs. 4 MuSchG.

Die Schutzfrist ist nach der Geburt bis auf zwölf Wochen zu verlängern, wenn es sich bei der Geburt um eine Früh- oder Mehrlingsgeburt handelt. Auf Antrag der Mutter sind die zwölf Wochen auch bei der Geburt eines behinderten Kinds zu gewähren. Die Arbeitnehmerin muss dem Antrag die ärztliche Feststellung der Behinderung des Kindes beifügen.

Es gibt noch weitere Schutzbestimmungen

Verbot der Mehrarbeit: § 4 MuSchG regelt das Verbot der Mehrarbeit (Überstunden). Schwangere und stillende Frauen dürfen an einem Werktag nicht mehr als maximal 8,5 Stunden oder 90 Stunden pro Doppelwoche arbeiten. Bei Frauen unter 18 Jahren sind es maximal 8 Stunden oder 80 Stunden in der Doppelwoche. Für Auszubildende gelten Sonderregelungen. Zudem ist die gesetzliche Ruhezeit von mindestens elf Stunden ohne Unterbrechung zwischen Arbeitsende an einem Tag und Arbeitsbeginn am nächsten Tag einzuhalten.

Verbot der Nachtarbeit: Zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr darf eine schwangere oder stillende Frau nicht arbeiten, das regelt § 5 MuSchG. Ausnahmsweise ist eine Beschäftigung bis 22:00 Uhr zulässig, wenn sich die betroffene Frau hierzu ausdrücklich bereit erklärt, eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorhanden ist, eine Gefährdung für die schwangere Frau und ihr Kind ausgeschlossen ist und eine behördliche Genehmigung vorliegt. Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit: An Sonn- und Feiertagen dürfen schwangere und stillende Frauen ebenfalls nicht arbeiten.

Kündigungsschutz: Werdende Mütter genießen besonderen Schutz und der Arbeitgeber darf sie während der Schwangerschaft nicht kündigen. Vom Beginn der Schwangerschaft an bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber bis auf wenige Ausnahmen unzulässig, § 17 MuSchG. Ist dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft nicht bekannt, kannst du, mit einem Attest des Arztes, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung gegen die Entlassung vorgehen. Ab welchem Zeitpunkt von einer Schwangerschaft auszugehen ist, darüber hat das BAG entschieden (Urteil vom 24.11.2022, Az.: 2 AZR 11/22): Das Kündigungsverbot beginnt 280 Tage vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin. Bei befristeten Arbeitsverträgen verändert sich die Laufzeit durch die Schwangerschaft nicht. Unabhängig davon, ob du schwanger bist oder nicht, endet das Arbeitsverhältnis zum vereinbarten Zeitpunkt. Nach Rückkehr in den Job, hast du Anspruch auf den Arbeitsplatz, welcher mit dir vertraglich vereinbart ist oder mindestens auf eine gleichwertige Position.

Was passiert mit dem Gehalt?

Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss: Wenn du in der gesetzlichen Krankenversicherung bist, steht dir nach § 19 MuSchG i. V. m. § 24i Sozialgesetzbuch V (SGB) während der Schutzfristen sowie für den Entbindungstag Mutterschaftsgeld zu. Wie sich das berechnet, kannst du mit dem Mutterschaftsgeld-Rechner bestimmten. Von den gesetzlichen Krankenkassen bekommst du aber nur einen Höchstbetrag von 13 Euro pro Kalendertag plus Arbeitgeberzuschuss in Höhe der Differenz zum durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelt (§ 20 MuSchG).

Im Arbeitgeberleitfaden zum Mutterschutz des Familienministeriums findet sich folgendes Rechenbeispiel: Eine Frau hat in den letzten drei Monaten vor Beginn der Schutzfrist einen gleichbleibenden monatlichen Bruttolohn von 1.500 Euro. 975 Euro betrug der monatliche Nettolohn. Der monatliche Nettolohn der letzten drei Monate (975 Euro x 3 = 2.925 Euro) wird auf den Kalendertag (drei Kalendermonate zu 30 Tagen) umgerechnet (2.925 Euro : 90 Kalendertage = 32,50 Euro pro Kalendertag). Pro Tag ergibt das einen durchschnittlichen Nettolohn von 32,50 Euro. Während der Schutzfristen vor und nach der Entbindung erhält die Frau pro Kalendertag diese 32,50 Euro, und zwar als Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse 13 Euro, als Arbeitgeberzuschuss 19,50 Euro.

Eine Gehaltserhöhung, die während der Schutzfristen wirksam anfällt und fester Bestandteil des Einkommens ist, müssen ab dem Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit in die Berechnung einbezogen werden. Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ist aus dem Nettoentgelt zu berechnen und unterliegt weder der Lohnsteuer- noch der Sozialversicherungspflicht. Der Arbeitgeber bekommt seinen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld erstattet.

Fazit

Oft sind Frauen überrascht, wie eine Schwangerschaft Arbeit und Berufsleben auf einen Schlag verändert. Aber: Das MuSchG sorgt in Deutschland für klare Regeln, Sicherheit und die finanzielle Absicherung der Mutter. Wenn du die gesetzlichen Grundlagen kennst, ist das von Vorteil. Das Wohl der werdenden Mutter hat während der Schwangerschaft und Stillzeit stets höchste Priorität, dieser Grundsatz ist gesellschaftlich akzeptiert.

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