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EM-Fieber am Arbeitsplatz – was ist erlaubt?


Autor: Klaus Heimann

Deutschland, Mittwoch, 19. Juni 2024

Die Fußball-Europameisterschaft 2024 kann am Arbeitsplatz zur Herausforderung werden. Unternehmen gehen damit unterschiedlich um. Dabei sind die Spielregeln eigentlich klar.
Der Laptop und das Smartphone am Arbeitsplatz können dazu verlocken, die EM 2024 zu schauen.


  • Abmahnung wegen des Fußballschauens
  • Betriebliche Regeln unbedingt beachten
  • Urlaub während der EM 2024 ist verbreitet
  • EM für die Unternehmenskultur nutzen

Die Fußball-EM 2024 in Deutschland ist gestartet. Millionen Fußball-Fans fiebern mit, wenn sich die DFB-Nationalelf auf den Weg zum Titel macht. Die Fernsehsender strahlen die Spiele live aus am Nachmittag und Abend, unter der Woche oder am Wochenende – egal, ob du gerade arbeiten musst oder nicht. Sehr verlockend ist es deshalb, während der Arbeit über den PC, Laptop, Liveticker auf dem Smartphone oder per Radio die Spiele zu verfolgen. Wer das macht, sollte die Regeln dazu im Betrieb kennen, damit der Chef dir nicht die Rote Karte zeigt. Denn: Fußballschauen am Arbeitsplatz ist tabu, wenn es keine entsprechende Erlaubnis vom Arbeitgeber gibt. Hier das Wichtigste zum Thema EM 2024 und Arbeitsrecht.

Wie viele Arbeitnehmer geben an, während der Arbeit Fußball zu schauen?

Viele Fußball-Fans wollen auch am Arbeitsplatz live dabei sein – wenn es sein muss, sogar heimlich per Livestream. Das ist ein Ergebnis einer repräsentativen Studie zur Wirkung der Fußball-Europameisterschaft auf das Arbeitsleben der Deutschen, für die die Arbeitgeber-Vergleichsplattform kununu 1.024 Arbeitnehmende befragt hat.

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Demnach schauen 37 % der Beschäftigten auch Spiele während der Arbeit – mehr als ein Viertel (27 %) plant sogar, heimlich per Livestream dabei zu sein. Vor allem Männer fiebern im Büro oder in der Produktionshalle mit. Genau die Hälfte von ihnen schaut sich auch dort die Spiele ihrer Wahl an, auch wenn diese während der Arbeitszeit stattfinden.

Mehr als ein Drittel der männlichen Fans, nämlich 35 %, greifen dafür bei Bedarf auf einen Stream auf ihrem PC oder Smartphone zurück. 16 % der Beschäftigten sind allerdings auch sicher, dass ihr Arbeitgeber Möglichkeiten schafft, die Spiele im Kollegenkreis zu schauen. Dass es auch andere Arbeitgeber gibt, die weniger Verständnis haben, zeigt der Fall eines Automobilzulieferers aus Köln

Kann eine Abmahnung drohen?

Ein Mitarbeiter erhielt von seinem Chef eine Abmahnung wegen Fußballschauens am Arbeitsplatz. Der Beschäftigte hatte maximal zwei Minuten gemeinsam mit einem Arbeitskollegen ein Fußballspiel auf dem Dienst-PC gesehen. Trotz der kurzen Zeit nutzte der Arbeitgeber sein sogenanntes Direktionsrecht und sprach eine Abmahnung aus.

Der abgemahnte Zerspanungsmechaniker ging arbeitsgerichtlich dagegen vor und verlangte vom Arbeitgeber die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Das Arbeitsgericht Köln wies die Klage des Arbeitnehmers allerdings zurück und gab dem Arbeitgeber recht (Arbeitsgericht Köln vom 28.08.2017, Az.: 20 Ca 7940/16).

Das Gericht entschied: Die Abmahnung sei gerechtfertigt. Der Arbeitnehmer habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, indem er nicht seine geschuldete Leistung erbrachte. 

Betriebliche Regeln unbedingt beachten

Das Arbeitsgericht Köln verglich das Anschauen eines Fußballspiels an einem dienstlichen Computer über einen Livestream während der Arbeitszeit mit einer Pflichtverletzung durch private Internetnutzung. Je mehr ein Arbeitnehmer bei der privaten Nutzung des Internets seine Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässigt, umso schwerer wiegt die Pflichtverletzung (BAG, Urteil vom 07.07.2005, Az.: 2 AZR 581/04).

Um sich Ärger einzuhandeln, reicht also schon ein kurzer Blick in den Internet-Livestream: Denn während dieser Zeit verletzt der Arbeitnehmer seine arbeitsvertragliche Hauptleistungspflicht. Aus dem Urteil geht allerdings auch hervor: Stellt der Arbeitgeber Ressourcen bereit, etwa TV- oder Radio-Geräte, die während der Arbeitszeit genutzt werden dürfen, dann können auch EM-Spiele laufen.

Auch die private Handynutzung während der Arbeitszeit ist in vielen Fällen betrieblich geregelt. Der schnelle Blick aufs Smartphone kann erlaubt sein, muss es aber nicht. Bei einem Handyverbot ist natürlich auch die EM 2024 tabu. Existiert keine Regelung, dann ist die Smartphonenutzung während der Arbeitszeit nicht erlaubt. Allerdings sind Ausnahmeregelungen für besondere Sportereignisse möglich – hier könnte der Betriebs- oder Personalrat aktiv werden. Nachfragen kann sich lohnen.

Wer nimmt Urlaub während der EM?

Wer nicht die Möglichkeit hat, am Arbeitsplatz seine Lieblingsspiele zu verfolgen, der kann Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen. Laut der kununu-Befragung plant fast jeder fünfte männliche Arbeitnehmer (19 %), an Spieltagen der deutschen Nationalmannschaft oder für den Tag nach den DFB-Spielen Urlaub zu nehmen. Urlaub ist zwar eigentlich nur zusammenhängend zu gewähren, aber oftmals drücken die Arbeitgeber auch für einzelne Tage ein Auge zu. Aber Achtung: Der Chef darf den Urlaubsantrag ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen – oder andere Kollegen schneller waren.

Spontane "Krankheiten" während oder nach den Spielen der Lieblingsmannschaft sind nicht nur auffällig, sondern können auch eine Abmahnung oder Kündigung zur Folge haben. Auch während der EM 2024 gilt: Unerlaubtes Fehlen sorgt für Ärger, eine vorgetäuschte Krankheit ist ein Kündigungsgrund (LAG Rheinland-Pfalz vom 11.07.2013, Az.: 10 Sa 100/13).

Wer im DFB-Dress zur Arbeit geht oder seinen Arbeitsplatz in Schwarz-Rot-Gold dekorieren möchte, sollte hierzu klare Absprachen mit dem Arbeitgeber treffen. Wo es Kleidervorschriften gibt, ist das Trikotragen tabu, sofern es keine Ausnahmeregelung gibt. Hinsichtlich der EM-Deko am Arbeitsplatz hat grundsätzlich auch der Arbeitgeber das Sagen, er hat das Hausrecht.

Wie können Chefs die EM für die Unternehmenskultur nutzen?

Kununu-Chefin Nina Zimmermann sieht in dem Turnier eine Chance für das Arbeitsklima: "Gemeinsame Erlebnisse können die Unternehmenskultur stärken und zu einer positiven Arbeitsatmosphäre beitragen, solange sie mit der Produktivität im Einklang stehen."

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Arbeitgeber sollten den Wunsch nach Teilhabe akzeptieren und idealerweise flexible Lösungen finden. Schließlich ist die EM 2024 ein sportliches Großereignis, das Millionen von Menschen bewegt und deshalb natürlich vor der Arbeitswelt nicht haltmacht.

Alexander Bissels, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner in der Kanzlei CMS Hasche Sigle in Köln, gibt im Wirtschaftsmagazin Impulse den folgenden Rat: "Trikot tragen? Ja, aber nur, wenn keine Kunden da sind! Nach dem Torjubel wird weitergearbeitet! Und kein Bier vor vier! Auf diese Weise ist allen Seiten klar, was erlaubt ist und was nicht. Ist das gegeben, kommt es in der Praxis selten zu handfesten arbeitsrechtlichen Konflikten."

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