Darf ich einen stehenden Bus überholen? Wer haftet bei einem Unfall?
Autor: Evelyn Isaak
Deutschland, Dienstag, 02. Mai 2023
Fährt der Bus gerade an und es kommt zu einem Unfall, herrscht oft Unsicherheit: Wer haftet nun? Die Versicherungen haben klare Vorgaben.
- Haftungsfragen, wenn ein Bus an einem Unfall beteiligt ist
- Urteil des Landesgerichts Celle
- Faktoren der Urteilsbildung
Kommt es beim Überholen eines Busses zu einem Unfall, kommt im Anschluss die Frage auf, wer denn nun die Haftung übernimmt. Ein Urteil des Landesgerichtes Celle zeigt, wie die Haftungsfrage beantwortet wird.
Das Urteil des Landesgerichts Celle: Ein Beispiel für einen Unfall
Sicherlich hast du selbst die Situation auch schon einmal beobachtet oder sogar selbst erlebt: Ein Bus fährt genau in dem Moment an, in dem ein Auto überholen möchte. Nicht selten kann es dann auch zu einem Unfall kommen. Wer haftet, kann anhand eines Urteils des Oberlandesgerichts Celle nachvollzogen werden, auf welches der ADAC verweist.
Video:
Folgender Fall ereignete sich: Ein Autofahrer war dabei, einen Linienbus zu überholen, als dieser losfuhr. Wer nun bei dem Unfall haftet, entscheidet die Frage, ob der Busfahrer seinen Blinker nach links gesetzt hat und ob dies nachgewiesen werden kann. Bei dem erwähnten Unfall spielte es sich so ab, dass der Linienbus am rechten Fahrrands, den rechten Blinker gesetzt, stand, als der Autofahrer das Überholmanöver startete. Mitten im Überholprozess fuhr der Bus dann an; ob er den Blinker nach links gesetzt hatte, war ein Streitpunkt.
Die erste Instanz, also jenes Gericht, das einen Fall zuerst bearbeitete, traf das Urteil der Teilschuld: Jeder solle die Hälfte des entstandenen Schadens tragen. Der Autofahrer legte Berufung ein, sodass der Fall vor dem Oberlandesgericht Celle als Berufungsinstanz behandelt wurde. Die Haftungsfrage wurde noch einmal aufgewickelt und die Haftungsquote geändert, sodass der Busfahrer jetzt 75 Prozent des Schadens übernehmen sollte. Auch, wenn er beteuerte, geblinkt zu haben, konnte dies nicht nachgewiesen werden; der PKW-Fahrer bestritt, dass der Busfahrer geblinkt habe. Der Grund für die Mithaftung des Autofahrers liegt einerseits in der Regelung, dass es Autos allgemein nur gestattet ist, sehr langsam und vorsichtig an Bussen vorbeizufahren, andererseits an der allgemeinen Betriebsgefahr.
Die Haftungsfrage: So wird sie beantwortet
Nach §10 der StVO hat der fließende Verkehr immer Vorrang. Diese Regel findet ihr Ende dann, wenn der*die Busfahrer*in den Blinker nach links setzt: Zeigt er* sie seine Anfahrt ordnungsgemäß an, hat er*sie das Recht auf Vorrang; Blinkt der Linienbus, sind die anderen Fahrzeuge also dazu verpflichtet, auf der Fahrbahn zu warten, bis der Bus angefahren ist. Voraussetzung ist, dass der*die Busfahrer*in rechtzeitig blinkt und vorausschauend handelt, sich also kurz durch einen Blick vergewissert, dass andere Fahrer*innen nicht zu stark bremsen müssen.
Kann der*die Busfahrer*in jedoch nicht nachweisen, dass er*sie rechtzeitig geblinkt hat, muss er*sie den größten Teil des Schadens übernehmen. Die Haftung muss also, sofern kein Beweis für das Blinken erbracht werden kann, vom Busunternehmen übernommen werden.