Als "Pionierarbeit" wurde der Start der Wasserstoff-Produktion im fränkischen Wunsiedel gefeiert. Nun steht die Anlage seit Monaten weitgehend still. Die Betreiber sehen die Folgen der Strompreisbremse als das Problem.
Bayerns größte Anlage für grünen Wasserstoff steht seit Monaten weitgehend still. Im September 2022 hatte die Produktion im oberfränkischen Wunsiedel ihren Betrieb aufgenommen. Bayern leiste damit "Pionierarbeit für Deutschland und Europa", betonte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) damals. Doch bislang wurde in Wunsiedel so gut wie kein Wasserstoff hergestellt, wie Geschäftsführer Philipp Matthes bestätigt. Wie kann das sein?
Hintergrund ist nach Angaben von Matthes die Strompreisbremse und die damit verbundene Abschöpfung von Überschusserlösen bei Stromerzeugern.
Regelungen der Strompreisbremse treffen vor allem erneuerbare Energien
Das Ziel des Abschöpfungsmechanismus war eigentlich, Zufallsgewinne zu verhindern und dafür zu sorgen, dass die milliardenschwere Strompreisbremse am Ende nicht in die Taschen der Energiewirtschaft landet. Doch Kritiker hatten bereits im vergangenen Jahr angemerkt, dass besonders die erneuerbaren Energien massive Probleme durch die Strompreisbremse bekommen könnten: Der „komplexe und unverhältnismäßig komplizierte Abschöpfungsmechanismus“ habe zu einer enormen Verunsicherung in der Branche geführt, hatte beispielsweise die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, Simone Peter, im Dezember 2022 gesagt.„Das ging bis zur Stornierung von Projekten“, so Peter damals. Durch den Bezug auf einen fiktiven Erlös, statt auf tatsächliche Gewinne, würden notwendige Investitionsspielräume und Risikopuffer abgeschöpft.
Was das genau bedeutet, kann man nun im bayerischen Vorzeigeprojekt in Wunsiedel beobachten: In der sogenannten Elektrolyse-Anlage wird Wasser unter Einsatz von Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Damit das wirtschaftlich möglich ist - und dabei "grüner Wasserstoff" entstehen kann - setzt das Unternehmen auf klimafreundlichen und in der Regel günstigen Strom aus Wind und Sonne. Doch Anbieter von solch günstigem Strom müssen durch die Strompreisbremse mit einer Erlösabschöpfung rechnen, die anhand der hohen Preise an der Strombörse berechnet wird.
Für die Betreiber bedeutet das in der Konsequenz eine "massive Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage", wie Matthes sagte. "Wir werden aufgrund der Auswirkungen der Strompreisbremse wohl temporär Verluste schreiben." Finanzielle Reserven würden nun angezapft.
Bayern macht Druck in Berlin
Die Anlage mit einer Leistung von rund neun Megawatt soll für den Wasserstoff eigentlich Abnehmer in der regionalen Wirtschaft finden. In der Glas- und Keramikindustrie, bei Transportunternehmen und Automobilzulieferbetrieben sowie bei einem nahe gelegenen Sägewerk, wie der Anteilseigner Siemens zu Beginn erklärte. Zum Vergleich: Ein Windrad hatte nach Branchenangaben zum Ende 2022 im Schnitt eine Leistung von knapp 5,3 Megawatt.
Der Stillstand der Anlage ist auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ein Dorn im Auge. In einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat Bayerns Ressortchef Ausnahmen bei der Erlösabschöpfung bei Stromlieferungen für Elektrolyseure eingefordert. Der Bund setze aber auf das Aussitzen, sagte Aiwanger am Freitag nach einem Gespräch mit den Betreibern der Anlage in Wunsiedel.