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Wird bald mehr Wein in Franken angebaut?


Autor: Matthias Litzlfelder

Würzburg, Mittwoch, 10. Juni 2015

Die EU lockert zum Jahresende den Anbaustopp für Wein. Damit könnte auch in Franken die Zahl der Rebstöcke zunehmen.
Weinberg bei Escherndorf (Landkreis Kitzingen) - eine Steillage mit rund 60 Prozent Steigung Foto: Matthias Litzlfelder


Bei der Milch war es heuer im Frühjahr soweit, die Zuckerrübe wird im Herbst 2017 andere Marktbedingungen vorfinden und der Branntwein zum Ende desselben Jahres sein Monopol verlieren. Die Europäische Union liberalisiert ihre Märkte.

Auch die Winzer hat Brüssel im Visier. Der Weinbau ist bisher stark reguliert. Infolge einer EU-Verordnung aus dem Jahr 1976 dürfen neue Reben nur dort gepflanzt werden, wo sie schon immer wuchsen. Wer seine Anbaufläche bisher erweitern wollte, konnte dies nur, indem er Pflanzrechte eines anderen Winzers erwarb. So sollte in Europa Überproduktion von Wein verhindert werden.

Die Mär von den 99 Rebstöcken als Hobbyweinberg

Ginge es nach der EU-Kommission, so würde diese Reglementierung nun ganz wegfallen. Jeder könnte dann einen Weinberg anlegen, wo er gerade möchte. Im Moment geht das sogar schon, allerdings nur zum Eigenverzehr, auf höchstens 100 Quadratmeter. "Wobei auf diese Fläche für eine Bewirtschaftung keine 99 Rebstöcke passen, wie oftmals noch angenommen wird", erklärt Hermann Mengler, Leiter der Fachberatung Kellerwirtschaft und Kellertechnik beim Bezirk Unterfranken.

Kompromisslösung

Nach längeren Verhandlungen mit den Agrarministern ist inzwischen ein Kompromiss auf EU-Ebene gefunden. Der Anbaustopp wird nicht aufgehoben, sondern gelockert. Jedes Mitgliedsland wird von 2016 an jährlich Genehmigungen für Neuanpflanzungen ausstellen - und zwar bis zu einem Prozent der bepflanzten Rebfläche.

Noch ist nichts beschlossen. Der aktuelle Entwurf der Bundesregierung sieht vor, dass die Rebfläche in Deutschland nächstes Jahr um 0,5 Prozent größer wird, der Deutsche Weinbauverband plädiert für 0,3 Prozent. "Mir wäre am liebsten gewesen, wenn der Anbaustopp geblieben wäre. Aber mit höchstens 0,5 Prozent mehr - damit können wir leben", sagt Artur Steinmann, Präsident des Fränkischen Weinbauverbands. Auf zusammen rund 100 000 Hektar Rebfläche kommen die 13 Weinanbaugebiete in Deutschland. Eines davon ist Franken (neben zum Beispiel Pfalz, Mosel oder - das größte - Rheinhessen). Hier gibt es 6200 Hektar Weinberge. Im nächsten Jahr könnten dann bis zu 31 Hektar neue fränkische Reb flächen entstehen.

"Andere sprechen von Weingärten"

Was Steinmann freut: Steillagen haben bei Neupflanzungen Priorität. Von einer Steillage spricht die EU bei einer Steigung von 30 Prozent und mehr. "Für uns Franken sind 30 Prozent keine Steillage", sagt der Weinbaupräsident. Da gebe es ganz andere Hanglagen. Bei Escherndorf hinauf zur Vogelsburg seien es zum Beispiel "gut 60 Prozent". "Wir sprechen von Weinbergen, andere von Weingärten." Aber immerhin sei die Priorität für Steillagen an sich zu begrüßen.

In Franken werden in den nächsten Jahren dann wohl keine Acker- zu Rebflächen umgewandelt, sondern es entstehen höchstens neue Steillagen.

263 Einzellagen, 26 Großlagen

Fachberater Mengler verweist darauf, dass die Weinbaufähigkeit nach wie vor gewährleistet sein müsse. Das heißt, der Sachverständigenausschuss der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim widerspricht, wenn irgendwo kein Qualitätswein zu erwarten ist.

Wenn es um die Herkunft des Frankenweins geht, so zeigt das öffentliche Register, die sogenannte Weinbergsrolle, zurzeit in Franken 263 Einzellagen und 26 Großlagen. Eine Einzellage steht für eine abgegrenzte Weinbergsfläche, zum Beispiel der "Würzburger Stein", den schon Goethe lobte, oder auch - noch relativ jung - der "Bamberger Michaelsberg".

Viele Weinberge "landen" im "Volkacher Kirchberg"

In einer Großlage sind dagegen bisher mehrere benachbarte Flächen zusammengefasst. Bekanntestes Beispiel: der "Volkacher Kirchberg". Ein Wein mit diesem Etikett muss nicht am Kirchberg der Stadt geerntet worden sein. Er könnte auch zum Beispiel vom "Stammheimer Eselsberg" oder vom "Wipfelder Zehntgraf" stammen und wird unter "Volkacher Kirchberg" vermarktet.

"Die Großlagen wollen wir nach und nach abschaffen, um dem Verbraucher gegenüber ehrlicher zu werden", berichtet Steinmann. Dem Landtag liege auf Vorschlag des Verbands eine neue Verordnung vor, die wohl im September verabschiedet werde. Das Konzept sieht neue Namen für Gebiete vor, die die bestehenden Großlagen ersetzen sollen. Sie lauten zum Beispiel "Weinpanorama Steigerwald", Abt-Degen-Weintal" oder "Frankens Saalestück".