Druckartikel: Verhaltens-Studie aus Würzburg überrascht: Was Menschen dazu motiviert, sich an Corona-Regeln zu halten

Verhaltens-Studie aus Würzburg überrascht: Was Menschen dazu motiviert, sich an Corona-Regeln zu halten


Autor: Redaktion

Würzburg, Freitag, 08. Oktober 2021

In einer Studie der Uni Würzburg wurden rund 4.100 Studierende befragt, warum sie sich im ersten Lockdown 2020 an Corona-Regeln gehalten haben - oder auch nicht. Die Ergebnisse scheinen von einem speziellen Faktor stark abhängig zu sein.
Eine Verhaltensstudie der Uni Würzburg legt offen, aus welcher Motivation heraus sich vor allem junge Menschen an die Corona-Regeln im ersten Lockdown gehalten haben - oder auch nicht. Symbolbild.


  • Studie der Uni Würzburg zum Verhalten junger Menschen in der Pandemie 
  • Angst versus fundierte Informationen: Wodurch lassen sich Menschen überzeugen?
  • Verblüffendes Ergebnis: Bildungsniveau könnte entscheidende Rolle spielen
  • Fundierte Informationen zeigen große Wirkung - weitere Studie nötig

Was genau junge Menschen dazu bewegt hat, sich an die Corona-Regeln während des ersten Lockdowns 2020 zu halten oder nicht, hat ein Forscherteam der Universität Würzburg gemeinsam mit dem Uniklinikum Würzburg untersucht. Nun liegen die Ergebnisse der entsprechenden Studie vor.

Warum an Regeln halten: aufgrund von Angst oder wegen fundierter Informationen?

Zu Beginn des Lockdowns versuchte die Politik mit Bußgeldern und Strafen Druck auszuüben und so die Menschen zur Verantwortung während der Corona-Pandemie zu bewegen. Trotz des hohen Risikos in dieser Zeit, sich selbst oder andere mit dem Virus zu infizieren, gab es immer wieder zahlreiche Fälle, bei denen sich Menschen nicht an die Corona-Regeln hielten oder sie gar absichtlich missachteten. In der Würzburger Studie wurde nun durch die Befragung von rund 4.100 Studierenden untersucht, aus welcher Motivation heraus sich junge Menschen an die Regeln hielten: Waren es Emotionen, wie zum Beispiel Angst, sich oder andere anzustecken? Oder konnten fundierte Informationen für Vernunft und vorausschauendes Handeln sorgen? 

Video:




"Eigentlich könnte man erwarten, dass Menschen, die Angst davor haben, sich mit dem neuen Coronavirus zu infizieren und schwer zu erkranken, sich eher an die Vorschriften zur Eindämmung der Coronapandemie halten, verglichen mit Menschen, bei denen weniger Emotionen im Spiel sind", erläutert Grit Hein, Professorin für Translationale soziale Neurowissenschaften an der Universität Würzburg. 

Aber: "Wir konnten nachweisen, dass Personen, die während der Pandemie stark gefühlsbetont reagierten, nicht unbedingt eher dazu bereit waren, die Sicherheitsvorschriften einzuhalten", erklärt Matthias Gamer, Professor für Experimentelle Klinische Medizin an der Uni Würzburg. Hein und Gamer sind Erstautoren der jetzt veröffentlichten Studie, die in der Fachzeitschrift Preventive Medicine Reports veröffentlicht wurde. 

Vernunft versus Angst: Bildungsgrad wohl entscheidend

Als ausschlaggebendes Kriterium sehen die Forscher demnach vor allem kognitive und soziostrukturelle Variablen - also den Bildungsgrad und die sozialen, gesellschaftlichen Strukturen. Dadurch stellen die Forscher die These auf, dass Politiker zukünftig vor allem die tatsächliche Relevanz und gesicherte Informationen in den Vordergrund stellen müssen, um eine einheitliche Reaktion der Bürgerinnen und Bürger zu erhalten. Angst zu verbreiten, sei also keine erfolgversprechende Methode.

Allerdings gibt es auch andere Modelle. "Den Hintergrund unserer Studie bildet die Tatsache, dass es in der Psychologie konkurrierende Modelle dazu gibt, welche Aspekte menschliches Verhalten, speziell das Gesundheitsverhalten, steuern", erklärt Grit Hein. Beispielsweise gibt es das Emotions-Motivations-Modell. Dieses geht davon aus, dass emotionale Reaktionen eine wesentliche treibende Kraft darstellen. Oder, vereinfacht gesagt: Wer Angst vor einer bestimmten Situation hat, wird alles daran setzen, diese zu meiden.

Dem gegenüber stehen sogenannte sozial-kognitive Modelle. Das heißt: "Wer die Risiken bestimmter Verhaltensweisen für die eigene Gesundheit kennt, wer informiert ist über den Verlauf einer Krankheit und deren Auswirkungen auf das Alltagsleben, wer sich darüber bewusst ist, dass er mit seinem eigenen Verhalten kontrollieren kann, welchen Risiken er sich aussetzt, der verfolgt mit einer größeren Wahrscheinlichkeit konkrete Pläne und Strategien, um dieses Risiko zu minimieren", erklärt Matthias Gamer.

Fazit

"Auf praktischer Ebene deuten unsere Ergebnisse zwar darauf hin, dass sich junge Erwachsenen eher an Sicherheitsvorschriften halten, wenn sie über die Auswirkungen einer Krankheit für den Einzelnen und seine Angehörigen sowie ihre gesellschaftliche Bedeutung gut informiert sind", sagt Grit Hein. Dennoch sind nicht alle Fragen abschließend geklärt. Denn schließlich wurden für die Studie nur Studierende befragt, deren Durchschnittsalter etwa 22,3 Jahre betrug. Dabei kann das Bildungsniveau einen deutlichen Einfluss auf die Antworten und den Umgang mit der Pandemie ausgeübt haben, so das Forscherteam. Für weitere Studien, insbesondere für Menschen mit einem niedrigeren Bildungsniveau, haben die Forscher*innen schon weitere Pläne, um zu klären, aus welcher Motivation heraus Menschen, die nicht zu Studierenden zählen, sich an Regeln in einer Krise halten oder nicht.