Politikerschelte bei der "Fastnacht in Franken"
Autor: dpa
Veitshöchheim, Freitag, 21. Februar 2014
Hohn, Spott und Helau: Frankens Narren teilen wieder aus. Bei der "Fastnacht in Franken" schießen sie sich auf Horst Seehofer und seine "Königskinder" Söder und Aigner ein. Und schließen Schloss Neuschwanstein.
"Monarchische Züge", "Trotzphase" und "Windrad-Münchhausen" - Ministerpräsident Horst Seehofer musste sich bei den fränkischen Narren einiges anhören. Nach seinen Wahl-Höhenflügen im Vorjahr nahm die Kultsendung "Fastnacht in Franken" den CSU-Chef ganz besonders ins Visier. "Stimmt es eigentlich, dass Sie bei Ihrer Vereidigung gesagt haben: "So wahr ICH Gott helfe"?", fragte ihn Sitzungspräsident Bernd Händel. Und erzählte, aus Seehofers Umfeld sei zu vernehmen, dass er Schloss Neuschwanstein schließen wolle. "Wegen Eigenbedarfs."
Seehofer lachte tapfer über die Frotzeleien - so wie die übrigen Prominenten aus Bayerns Politik und Kirche, die am Freitag scharenweise zum Quotenrenner in den 10 000-Einwohner-Ort Veitshöchheim gepilgert waren. Eine Verkleidung verweigerte Seehofer wie üblich, eine knallrote Fliege musste reichen.
Christine Haderthauer als Löwenbändigerin
Ganz anders seine Minister: So schwang Staatskanzlei-Chefin Christine Haderthauer als Löwenbändigerin ("spezialisiert auf Großkatzen") die Reitpeitsche und nannte die Verkleidung eine treffende Verbildlichung ihres Amtes. Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein begeisterte ausgerechnet als Grünen-Politikerin Claudia Roth, grell geschminkte Augen und die markante Frisur inklusive. "Das ganze Jahr über ist es ja eigentlich nur zum Heulen, dann wird es heute hoffentlich zum Lachen sein", sagte er - Roth ist für emotionale Auftritte bekannt.
Das Gelächter gab es dann vor allem auf Kosten der Ehrengäste.
Die Politikerschelte hat bei der erfolgreichsten Sendung des Bayerischen Fernsehens Tradition. Da wurde Ex-Landwirtschaftsministerin Aigner zur "Schutzheiligen sämtlicher deutscher Salatgurken und der Dinkelkost" erklärt, Bayerns Schulminister Ludwig Spaenle zum "Mann mit den G-Punkten" - und Seehofer auch mal zur toten Hose. Natürlich nur als Abkürzung für "Totaler-Erfolgs-Horst-Seehofer".
Genüsslich filetierten die Komiker das Verhältnis des Ministerpräsidenten und seiner beiden "Königskinder". So nannte die Bauchredner-Nilpferddame Amanda die Minister Aigner und Söder, die Ambitionen auf Seehofers Nachfolge haben. "Reise nach Jerusalem" könne man an diesem Abend jedenfalls nicht spielen, warnte Sitzungspräsident Händel. "Was glauben Sie, wie schnell der Söder auf'm Herrn Seehofer seinem Stuhl wär'?"
Aigner kam übrigens als Schriftsteller Karl Valentin, Finanzminister Söder als Filmfigur Shrek: "Ich bin halt jetzt der Franken-Shrek, manchmal sogar noch der Seehofer-Shrek, wenn es sein muss." Auch die Verwandten-Affäre im bayerischen Landtag, die Maut-Debatte und die Bundeswehr-Drohnen waren Thema im politischen Rundumschlag.
Mehr als drei Millionen Zuschauer schalten bundesweit ein
Die TV-Prunksitzung des Fastnacht-Verbands Franken ist ein Phänomen. Bundesweit schalten mehr als drei Millionen Zuschauer ein, wenn der Ort vor den Toren Würzburgs zur Narrenhochburg auf Zeit wird. Die Sendung lebt von ihrer ureigenen Mischung aus Wortwitz, Polit-Gags, Tanzgarden-Akrobatik und jeder Menge Lokalkolorit. Für viele der "Fastnacht"-Stars wie Komiker Michl Müller war die Show ein Sprungbrett.
Typisch ist auch das knallbunte Rokoko-Ambiente - Frohsinn unterm Kronleuchter. Diese pseudo-fürstliche Herrlichkeit beschränkte sich aber auf den Saal selbst: Im Foyer hingen heuer die Kabelschläuche von der Decke, von außen war der Veranstaltungsort noch ein Rohbau. Die Mainfrankensäle werden zurzeit saniert.
"Der Saal ist neu, der Inhalt alt, das Haus im Bau und nicht bezahlt", ulkte denn auch die Altneihauser Feuerwehrkapell'n, die als "Ausländer" aus der Oberpfalz traditionell über die Gastgeber herziehen dürfen. "Der Gipfel fränkischer Verblendung ist aus Veitshöchheim diese Sendung."
Süffisant lästerten sie sogar über den Bocksbeutel - die bauchige Weinflasche ist eine Art Wahrzeichen Frankens. "Sprich: In Ursprung und Geschmack ist's vom Ziegenbock der Sack. Und das schlägt sich hin und wieder bis heut' im Wein aus Franken nieder", so das vernichtende Urteil der Feuerwehrkapell'n. Die Franken nahmen es gelassen - und erklärten die Gäste kurzerhand zur "laut ADAC beliebtesten Blaskapelle Bayerns".