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Fastnacht in Franken 2017: Seehofer schwelgt, Schlereth träumt und Söder fremdelt


Autor: Redaktion

Veitshöchheim, Sonntag, 19. Februar 2017

Der kurzweilige Narrenzirkus erreicht mit 4,47 Millionen TV-Zuschauern eine Sensationsquote. Ein Streifzug durch die Veitshöchheimer Nacht.
Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner als Hexe verkleidet (r) und der bayerische Finanzminister Markus Söder (beide CSU) als Homer Simpson bei der Prunksitzung in Veitshöchheim "Fastnacht in Franken". Foto: Daniel Karmann/dpa


Als der Feierabend dann doch gekommen war - Mitternacht war längst vorbei - da stand Bruno Gold im Haus der Begegnung in Veitshöchheim ein wenig abseits vom Trubel aus Gelächter, Geschnatter, Geproste. Den kanarienvogelgelben Anzug hatte er gegen ein lilafarbenes Exemplar getauscht. Noch einmal ließ er seinen letzten Akt auf der Narrenbühne gedanklich vorbeiziehen: "Als sich nach unserem Auftritt die Leute im Saal von ihren Stühlen erhoben haben, Seehofer als Erster übrigens, da hat´s mich schon gerissen", gestand der Sänger der Parodis, für den nach 30 Jahren der Kehraus gekommen ist. Irgendwie war der 69-Jährige aber auch froh, dass es vorbei ist "und dass alles so gut geklappt hat" - und natürlich kommt Bruno Gold nächstes Jahr wieder: als Zuschauer. "Das ist doch klar, da bin ich dabei."


Aachen ist gut, Mainz ist besser, Veitshöchheim ist am besten

Weiter vorne im Saal feierten die Übriggebliebenen der Nacht eine Liveprunksitzung, die sich sicher zu den Glanzlichtern in der 30-jährigen Geschichte der "Fastnacht in Franken" zählen darf. Als die TV-Kameras nach den bunten dreidreiviertel Stunden abgeschaltet waren, da stieg Ministerpräsident Horst Seehofer auf die Bühne und rief den Akteuren und dem Publikum zu: "Das war spitze." Dann stellte der CSU-Chef seine persönliche Rangliste der deutschen Fastnachtssendungen auf: "Aachen ist gut, Mainz ist besser, Veitshöchheim ist am besten." Da johlten und klatschten die Fastnachtsjünger im Saal.

Ob der bayerische Heimat- und Finanzminister Markus Söder die gelöste Stimmung noch mitbekommen hat, ist nicht überliefert: Der Nürnberger hatte auf dem roten Teppich als perfekt verkleidete Zeichentrickfigur Homer Simpson zwar wieder einmal alle Blicke auf sich gezogen, während der Sendung jedoch die Identifikation mit seiner Kunstfigur wohl etwas übertrieben: Das Onlinelexikon Wikipedia charakterisiert Homer Simpson, Hauptfigur der US-Serie, als übergewichtig, faul, inkompetent und gedankenlos. Bisweilen wirkte Söder in diesem Narrenzirkus tatsächlich abwesend, was aber auch am Maskenbilder gelegen haben könnte, der ihm einen eher starren Mund von der Breite eines Pflastersteins ins Gesicht modelliert hatte. Trotzdem: Irgendwie fremdelt Söder.
 
Margit Sponheimer dagegen, dieses ewig junge Rosenmontagsmädchen aus Mainz, wird immer mehr zum Fan von Veitshöchheim. "Das ist ursprüngliche Fastnacht, wie ich sie liebe", sagte die 74-Jährige, die nach Sendeschluss zur Freude des Publikums noch zwei ihrer Evergreens geschmettert hatte. Im Haus der Begegnung war sie noch bis tief in die Nacht beliebtes Fotomotiv.

Auch Schauspieler Horst Kummeth ("Dahoam is dahoam"), herrlich verkleidet als ein Teil des Witwen-Duos "Waltraud & Mariechen", feierte noch mit bei Bockwurst und Leberkäs. Er war nach seinem ersten Besuch in der Kathedrale der Frankenfastnacht voll des Lobes: "Super Stimmung, tolle Künstler, es war ein sehr schöner Abend." Würzburgs Bischof Friedhelm Hofmann, als Rheinländer mit Kölle-Schal und Pickelhaube erschienen, war vor allem beeindruckt vom Vortrag des Büttenredners Peter Kuhn, noch im Foyer der Mainfrankensäle bekam der Schweinfurter den bischöflichen Segen. "Insgesamt war es eine sehr gute Mischung", so der Bischof, "teilweise waren die Pointen sehr scharf formuliert, aber immer treffend und nie verletzend".

Die Zielscheiben des närrischen Spotts zeigten sich getroffen, aber nicht betroffen. "Ich bin begeistert", sagte Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber (CSU), die sich als Miss Klimawandel in eine Weltkarte gehüllt hatte. Besonders toll fand sie es, dass es drei Akteure aus ihrer Heimat Schweinfurt in den Narrenolymp geschafft hatten. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gefiel es ebenfalls: "Die Sendung hatte keinerlei Durchhänger so wie früher schon mal." Auch Natascha Kohnen, Generalsekretärin der Bayern-SPD, und Katharina Schulze, neue Fraktionschefin der Landtags-Grünen, lachten herzlich: Ihre Favoriten waren Sänger Matthias Walz und Bauchredner Sebastian Reich.

Beide Künstler feierten bei der Aftershowparty kräftig mit. Während bei Reich die Nachrichtenbox seines Handys nach seinem Auftritt "explodiert ist", wie er sagte, ließ Walz sein Handy lieber erstmal aus. Der Karlstadter Klavierspieler setzte mit seinen Liedern "Es war der Senegalese" zur "Märchenprinz"-Melodie ("Erste Allgemeine Verunsicherung") sowie als "König von Franken" dicke Ausrufezeichen. Der 40-jährige Informatiker schreibt seine Texte selbst und hofft, nun als Künstler durchstarten zu können: Ein besseres Empfehlungsschreiben als diese "Fastnacht in Franken" dürfte es kaum geben für ihn, die Gäste spendeten Walz stehend Beifall.


Präsident Schlereth "sehr zufrieden"

Mittendrin im Trubel genoss Bernhard Schlereth, Präsident des Fastnacht-Verbandes Franken, den Abend bei einem Gläschen Rotwein: "Ich bin sehr zufrieden, es gab viele positive Rückmeldungen." Nach der Generalprobe, die 26 Minuten zu lang geraten war, hatte er zusammen mit dem BR am Programm gefeilt, es mussten Kürzungen her. Schließlich waren es Martin Rassau und Volker Heißmann, die auf ihren Sketch über eine Liebesberatung verzichteten: "Das war ganz groß und sehr kollegial von den beiden", so Schlereth, bevor er mit dem harten Kern der Fastnachtsfamilie weiter zog in die Veitshöchheimer Nacht.

Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Veitshöchheims Bürgermeister Jürgen Götz gehörten genauso zur Karawane wie BR-Fernsehdirektor Reinhard Scolik, Sänger Bruno Gold und die Komödianten Volker Heißmann und Oti Schmelzer.

Da ahnten die Protagonisten noch nichts von der sensationellen Quote, die die Livesendung eingefahren hatte: Deutschlandweit 4,47 Millionen Zuschauer sind Rekord in der 30-jährigen Geschichte der Sendung. Noch nie waren so viele Menschen bei der Frankenfastnacht vor dem Fernseher gesessen, erstmals wurde die Vier-Millionen-Grenze geknackt. Der Marktanteil in Bayern mit 2,60 Millionen Zuschauern und vorher nie erreichten 52,6 Prozent übertraf alle Erwartungen. "Fastnacht in Franken" 2017 war die erfolgreichste BR-Sendung seit 1991. "Das sind utopische Zahlen, wir sind alle happy", sagte Bernhard Schlereth, "das hätte ich mir nie träumen lassen". Die Quote sei auch eine Bestätigung für die Arbeit, "die wir in die Entwicklung des Formats gesteckt haben. Wenn es dann so angenommen wird, macht es natürlich Freude", so der 65-Jährige, der weiß, dass das Ergebnis auch eine Herausforderung für die Zukunft bedeutet: "Weiter aufwärts kann es ja eigentlich gar nicht gehen."

Doch an die Zukunft haben die Narren auch in diesem Jahr bereits gedacht: Gerade die Fastnacht ist ja ein Beleg dafür, dass alles seine Zeit hat und endlich ist: Bruno Gold also hört auf, und der 16-jährige Büttenredner Marco Breitenbach fing an . . .