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Ebola: Ist zu viel Schutz gefährlich?


Autor: Günter Flegel

Würzburg, Montag, 06. Oktober 2014

In Westafrika grassiert eine tödliche Krankheit, gegen die noch immer kein Patentrezept gefunden wurde. Die Angst der Einheimischen fördert die Ausbreitung. In Würzburg werden freiwillige Helfer geschult.
Foto: CDC/dpa


Der Kampf gegen Ebola in Westafrika ist nicht nur ein Kampf gegen Viren und ein Wettlauf mit der Zeit. Die Helfer im Krisengebiet kämpfen auch gegen Vorurteile, Unwissenheit und Angst. Gerade in punkto Angst müssen die Helfer selbst noch einiges dazulernen: Die in Schutzanzügen vermummten Unbekannten wirken in einer abergläubischen Bevölkerung alles andere als Vertrauen erweckend. Wie viel Schutz muss sein?

In Deutschland ist das keine Frage: Patienten, die im Verdacht stehen, an einer hoch ansteckenden Viruskrankheit zu leiden, werden in den Isolierstationen der Tropeninstitute behandelt. Solche Einrichtungen mit der höchsten Sicherheitsstufe 4, wie sie unter anderem bei Ebola und anderen Tropenfiebern wie Lassa oder Marburg gefordert ist, befinden sich in Berlin, Hamburg, Frankfurt und München, außerdem in Düsseldorf, Stuttgart und Leipzig.



Das Missionsärztliche Institut in Würzburg verfügt zwar ebenfalls über eine Isolierstation, im Netzwerk "Ebola" in Deutschland ist die Klinik aber zunächst nicht mehr vertreten. Die Ausstattung ist nicht mehr auf dem neuesten Stand, das Risiko für das medizinische Personal wäre zu groß.

Die Isolierstationen sind hermetisch vom normalen Klinikbetrieb abgeschirmt. In den Räumen herrscht Unterdruck, damit keine Keime von innen nach außen gelangen können. Ärzte und Pfleger tragen dichte Schutzanzüge, in denen Überdruck herrscht - so wird sichergestellt, dass kein Krankheitserreger die Schutzhülle durchdringen kann. Zwei Lagen Sicherheitshandschuhe, Sicherheitsstiefel und ein Schutzhelm mit eigener Sauerstoffversorgung bieten den maximal möglichen Schutz gegen die gefährlichsten bekannten und mögliche unbekannte Viren. Mögliche Schwachstellen wie die Übergänge von Handschuhen und Stiefeln zum Schutzanzug werden mit Klebeband zusätzlich abgedichtet.

Es dauert eine halbe Stunde, um einen speziell geschulten Mitarbeiter mit dieser Schutzausrüstung auszustatten, sagt Wolfgang Guggemos, der Leitende Oberarzt am Krankenhaus München-Schwabing. Bis zu 25 Ärzte und Pfleger mit Sonderausbildung würden sich in München rund um die Uhr um einen Ebola-Patienten kümmern.

Im Krisenherd Westafrika müssen weitaus weniger Helfer mit weitaus mehr Patienten und ungleich schlechteren Bedingungen fertig werden. Die Krankenschwester Anja Wolz aus Würzburg, die für die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" in Westafrika arbeitet, schildert, wie mühsam Isolierstationen aufgebaut und die Hilfseinsätze koordiniert werden müssen. "Das größte Problem ist, die Patienten überhaupt zu finden. Eigentlich müssten wir Dorf für Dorf nach Kranken durchkämmen. Aber dazu fehlen uns die Kapazitäten."

Ebola ist tückisch, weil die Krankheit harmlos beginnt mit Symptomen wie eine Grippe. Aus Unkenntnis machen viele Menschen, die sich bereits infiziert haben, weiter wie bisher, reisen etwa zu Märkten in weit entfernten Regionen, berichtet Walz. So konnte sich die Krankheit immer weiter verbreiten.

Unbewusst haben wohl auch die Helfer selbst dazu beigetragen, dass die Bevölkerung der Hilfe aus dem Westen argwöhnisch gegenüber steht. "Mit unseren Schutzanzügen sehen wir ja aus wie Astronauten", sagt die Helferin aus Unterfranken. Ein Arzt aus Spanien, der im Krisengebiet tätig ist, hält die Ausrüstung mit "Raumanzügen" für übertrieben und sogar gefährlich.

"Ebola wird ja nicht durch die Luft übertragen, sondern nur durch direkten Kontakt. Davor kann man sich mit relativ wenig Aufwand sicher schützen", sagt der Arzt. Umgekehrt verstärkten vermummte Gestalten die Angst der Einheimischen vor den Fremden. "Sie nehmen dann keine Hilfe an, sondern fliehen zu Verwandten oder Freunden, verstecken sich." Mit dem Virus.