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Das große Stechen: Droht Franken eine Mückenplage?


Autor: Christian Pack

Würzburg, Donnerstag, 16. Juni 2016

Die starken Regenfälle bieten den kleinen Plagegeistern ideale Brut-Bedingungen. Was erwartet die Menschen in der Region und wie kann man sich schützen?
Foto: dpa


Zur Gemeinen Stechmücke "Culex pipiens" hat Dr. Dieter Mahsberg eine ganz besondere Beziehung. Und das nicht nur, weil sich der Mitarbeiter am Lehrstuhl für Zoologie der Uni Würzburg in seiner Arbeit auch mit den kleinen Plagegeistern beschäftigt. Mahsberg ist nämlich auch ein begehrtes Ziel der surrenden Tierchen. "Sie lieben mich. Ich werde eigentlich immer gestochen."

Mahsberg ist also ein Mücken-Experte im doppelten Sinn. Und als solcher hat er auch eine Meinung zu der von einigen Experten prophezeiten Sommer-Mückenplage. "Man sollte das Thema nicht kleinreden. Aber von Panikmache halte ich gar nichts. Vor allen nicht in Franken."


Weibchen legen bis zu 300 Eier

Fest steht: Der milde Winter und das zuletzt feuchtwarme Wetter mit starken Regenfällen liefern ideale Brutstätten für die Mücken-Larven. Die Insekten bevorzugen ruhige Wasseroberflächen auf Wiesen, in Parks und Wäldern oder in Regentonnen. Dort legt ein Mückenweibchen bis zu 300 Eier ab - gerade mal zwei Wochen später schlüpfen die Larven. Auch in Franken sind aufgrund der starken Regenfälle zuletzt viele Kleingewässer entstanden. "Wahrscheinlich wird es deshalb in diesem Sommer auch bei uns mehr Mücken geben. Aber diese Situation gibt es immer wieder. Damit müssen wir leben."

Nordbayern sei zudem weit davon entfernt, dass man die Plagegeister aktiv bekämpfen muss. Ganz im Gegensatz zu anderen Regionen, in denen die Mücken seit Jahren ein echtes Problem darstellen. Wie an den Flussauenlandschaften entlang des Rheins. Hier werden Stechmücken seit Jahren flächendeckend mit dem Insektizid bearbeitet - teilweise sogar aus der Luft. "Es werden Helikopter eingesetzt. Das alles wird es in Franken nicht geben. Unsere Region gehört ja normalerweise zu den eher trockenen Gegenden", erklärt Mahsberg.


Tigermücke in Südbayern

Auch bei anderen Mückenarten, die sich in Europa ausbreiten und potenzielle Überträger von Krankheitserregern wie zum Beispiel Viren sind, tritt Mahsberg auf die Bremse. "Die Tigermücke beispielsweise ist zwar in Südbayern aufgetaucht und könnte sich auch nach Nordbayern ausbreiten. Aber von einer Epidemie sind wir in Deutschland sehr weit entfernt."

Das sieht auch der Regensburger Biologe Martin Geier so. "Aktuell sind die anderen Arten von Deutschland noch zu weit weg." Allerdings schließt er nicht aus, dass Arten wie die Tigermücke, ähnlich wie in Spanien oder Italien, irgendwann auch hierzulande heimisch werden. "In fünf bis zehn Jahren halte ich das für möglich." Das läge allerdings weniger am Klimawandel. "Diese Mücken sind extrem anpassungsfähig, gewöhnen sich schnell an die klimatischen Verhältnisse."


Moskitogitter und bestimmte Düfte

Um den Sommer entspannt auf der Terrasse genießen zu können, rät Dieter Mahsberg übrigens zu kleineren Vorkehrungen. So würden Mittel mit bestimmten Düften (Repellents) helfen, auch Moskitogitter am Fenster oder an der Balkontür seien nützlich. Wer, wie Mahsberg, ein leidgeplagtes Stechziel sei, könne sogar über eine kleine Schlafveränderung nachdenken. "Warum nicht mal ein Moskitonetz über das Bett hängen?", fragt der Wissenschaftler.



Ratgeber: Warum nur weibliche Mücken stechen und wie man sich gegen sie schützen kann


W eltweit gibt es circa 3500 Stechmückenarten, nachgewiesen sind sie bereits seit der Kreidezeit. Sie kommen in fast allen geographischen Regionen vor und sind noch in Bergregionen bis 3500 Metern Höhe zu finden. Die Larven sind auf Wasser angewiesen. Fast immer kommen sie in stehenden Gewässern vor, ganz selten in langsam strömenden Uferbereichen von Fließgewässern.

E s gibt viele Mückenarten, die sich ausschließlich von Pflanzensäften und Nektar ernähren. Bei den übrigen Mücken stechen in der Regel nur Weibchen. Sie benötigen das im Blut enthaltene Protein zur Heranbildung der Eier. Vor und nach der Eiablage kommen sie gut ohne Blut aus.

S ind manche Menschen für Mücken attraktiver als andere? Ja, sagt der Regensburger Biologe Martin Geier. Verantwortlich dafür ist der Geruch der Haut - und nicht, wie häufig behauptet, das süße Blut. Die Mischung von Stoffen wie Milchsäure, Ammoniak und Fettsäuren sei der entscheidende Faktor, ob ein Mensch bevorzugt gestochen wird oder nicht. "Dagegen kann man nicht viel machen", sagt Geier. Man kann nur zum Teil gegensteuern: Warme Haut zum Beispiel lockt Mücken eher an, so Geier. Nach dem Sport im Freien sollte man also lieber schnell duschen oder sich im See abkühlen.

M ücken sind effektive Verbreiter von gefährlichen Krankheiten. An erster Stelle ist die Malaria zu nennen, an der jährlich zwischen zwei und drei Millionen Menschen sterben. Besonders betroffen ist der afrikanische Kontinent: 90 Prozent aller Malariafälle treten hier auf. Nachdem die Malaria Mitte des letzten Jahrhunderts endgültig aus Deutschland verschwunden war, wurde die Forschung hierzulande weitgehend eingestellt. In einigen anderen europäischen Ländern hingegen blieben Stechmücken auch weiterhin im Fokus, da sie dort andere Krankheitserreger übertrugen.

E s existieren viele Hilfsmittel, einen umfassenden Mückenschutz gibt es aber nicht. Fliegengitter, Moskitonetz sowie lange Kleidung können die Tierchen vom Körper fern halten - dünne und eng anliegende Sachen durchstechen Mücken hingegen problemlos. Mittel mit dem Wirkstoff Diethyltoluamid (DEET) sind laut Stiftung Warentest am effektivsten, allerdings reizen sie Augen und Schleimhäute. Der Wirkstoff Icaridin ist ähnlich wirksam, reizt aber ebenfalls die Augen. Vorsicht: Für Babys und Kleinkinder sind die sogenannten Repellents nicht zu empfehlen. Alternativen gibt es eigentlich kaum: Ätherische Öle, Insektengifte, Gartenfackeln, Duftkerzen oder Ultraschallgerät sind laut Experten wirkungslos. Auch Hausmittel wie Zitronenmelisse, Tomaten- oder Basilikumpflanzen vertreiben Mücken nicht. Übrigens: Im Gegensatz zu anderen Insekten wie Motten lockt der Lampenschein keine Mücken an.

W enn man gestochen worden ist, hilft vor allem Kühlung gegen den Juckreiz. Ebenfalls ein bewehrtes Hausmittel: Eine Zitronenscheibe, die für ein paar Minuten auf die Einstichstelle gelegt wird.