Supermärkte: Große Marken ziehen sich nicht zurück
Autor: Matthias Litzlfelder
Bamberg, Freitag, 17. Oktober 2014
Sinkt die Zahl der Supermärkte auf dem Land tatsächlich, wie unlängst vermeldet? Discounter bauen ihr Angebot eher aus. Doch wer zu Fuß unterwegs ist, hat es schwer.
Weniger Supermärkte? Ganz im Gegenteil, behaupten zumindest die Discounter. "Wir ziehen uns nicht zurück", sagt Franz Fritzenschaft, Niederlassungsleiter von Norma in Röttenbach (Landkreis Erlangen-Höchstadt).
"Wenn wir zuletzt eine Filiale geschlossen haben, dann sind wir nur in der Nähe umgezogen." Markus Steinbrenner, Geschäftsführer der Aldi-Regionalgesellschaft in Adelsdorf (Landkreis Erlangen-Höchstadt), klingt ähnlich. "In den letzten zehn Jahren haben die Discounter dazu gewonnen." Er sieht eine klare Verschiebung, weg von kleineren Läden hin zu Märkten mit großer Auswahl und üppigem Angebot für die Kunden. Dabei versuche Aldi-Süd auch die Landbevölkerung zu erreichen, vor allem indem der Konzern sich an Stellen niederlasse, die von Pendlern gut anzusteuern seien.
Auch bei Lidl oder Rewe stehen die Zeichen eher auf Expansion.
Die Bayern-SPD wird beim Thema Nahversorgung deutlicher. "Immer weniger Supermärkte auf dem Land", lautete die Schlagzeile einer SPD-Pressemitteilung in dieser Woche. In knapp 490 bayerischen Kommunen gebe es kein Lebensmittelgeschäft mehr. "Vor allem in strukturschwachen Regionen wird die Nahversorgung mittelfristig in weiten Teilen des Freistaats regelrecht wegbrechen", warnt der Landtagsabgeordnete Klaus Adelt (SPD). Er hatte in dieser Sache vor einigen Wochen eine Anfrage an die Staatsregierung geschickt und von dieser Zahlen erhalten: Demnach trifft der Rückgang der Lebensmittelgeschäfte vor allem Franken (siehe Grafik).
Die Verkaufsfläche steigt deutlich
Eines wird schnell klar: Es sind vor allem die kleinen Läden, die verschwinden und dadurch die Zahl der Händler insgesamt verringern. "Viele Kleine kommen wirtschaftlich nicht mehr klar, haben zu kleine Flächen", nennt Norma-Niederlassungsleiter Fritzenschaft einen Grund dafür.
Die Größe der Verkaufsflächen hat in den vergangenen Jahren bei allen großen Anbietern zugenommen. Wenn zum Beispiel bei Norma eine Filiale bisher mit 600 oder 700 Quadratmeter betrieben wurde, so wird sie heute auf jeden Fall erweitert. "Man braucht 1000 Quadratmeter, um ein Geschäft ordentlich machen zu können", sagt Fritzenschaft. "Auch, um für gehbehinderte, alte Leute breitere Gänge zu bieten."
Viele Senioren würden lieber um die Ecke einkaufen. Ein Stück Lebensqualität, hört man immer wieder. Aber durch den Wegfall kleinerer Läden wird dies schwieriger. Nicht nur auf dem Land. "Die Nahversorgungsproblematik ist schon längst in den größeren Städten angekommen, auch in Nürnberg oder Bamberg", sagt Bernd Ohlmann, Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern (HBE). Zu Fuß die Güter des täglichen Bedarfs zu besorgen, sei an vielen Stellen nicht mehr gegeben. Das bestätigt für Nürnberg HBE-Bezirksgeschäftsführer Uwe Werner. Ende 2012 habe der Stadtrat dort ein Gutachten in Auftrag gegeben. Seitdem wisse man: In Stadtteilen wie Langwasser oder Hasenbuck gibt es Probleme. Allerdings sieht Werner "das Ende der ganz großen Marktbereinigung erreicht". Und noch mehr. "Kein Trend ohne Gegentrend", sagt er. Inzwischen gebe es verstärkt Initiativen für sogenannte Dorfläden.
HBE-Geschäftsführer Ohlmann sieht die Kommunen in der Pflicht. Ohne Parkplätze funktioniere es auch bei kleinen Läden nicht. "Die Kunden wollen nicht Ewigkeiten die Tüten herumschleppen." Wichtig sei zudem Platz, um ausreichend Artikel präsentieren zu können.
Aldi-Geschäftsführer Steinbrenner erkennt ebenfalls einen höheren Bedarf in den Städten und sieht hier noch Kapazitäten. "Die Verbraucher sind bequemer geworden und möchten in unmittelbarer Nähe einkaufen." Auf dem Land sei Aldi bei Neuansiedelungen dagegen kritischer als noch vor fünf oder zehn Jahren.
Letztlich "haben es die Verbraucher vor Ort mit ihrem Kaufverhalten selbst in der Hand", sagt Ohlmann. Ob Alt oder Jung - eines wünschen sich alle Kunden: frische Produkte. Deshalb gebe es einen Online-Boom, wie in anderen Branchen, bei Lebensmitteln nicht, sagt Steinbrenner.
