"Nur das fitteste Unternehmen überlebt"
Autor: Matthias Litzlfelder
Schweinfurt, Mittwoch, 25. Januar 2017
Die Welt werde gerade neu verteilt, sagt Karl-Heinz Land. Im Interview erzählt der Unternehmensberater, was es damit auf sich hat.
Der Kölner Karl-Heinz Land berät Unternehmen bei allen Themen der digitalen Transformation. Über seine These vom "Digitalen Darwinismus" spricht der 55-Jährige am Donnerstag in Schweinfurt bei einer Veranstaltung der IHK.
Herr Land, wenn die Welt nach Ihrer Aussage gerade neu verteilt wird. Wir mischt da alles mit?
Karl-Heinz Land: Das sehen wir doch ganz deutlich. Sie brauchen sich nur anzuschauen, welche Marken und Firmen vor 20 Jahren die wertvollen waren. Die teuerste war Exxon, dann kamen BP und IBM, später General Motors, General Electric, Daimler und andere. Und heute? Die wertvollsten Marken der Welt sind Apple, Google, Facebook, Microsoft - alles Softwareunternehmen. Die Welt wurde neu verteilt, und sie wird auch weiterhin neu verteilt - und zwar zugunsten der Daten.
Eine Revolution?
So kann man es sagen. Das, was der Dampf für die industrielle Revolution in der ersten Stufe war, das sind jetzt die Daten. Daten sind der "Dampf" der vierten Stufe. Und in der bewegen wir uns gerade.
Dreht sich dann alles nur noch um Software, die diese Daten erfasst?
Im digitalen Zeitalter geht die Wertschöpfung massiv zur Software hin. Das kann man auch einfach beweisen. Nehmen wir das Beispiel Auto. Wenn Sie vor 40 Jahren ein Auto kauften, dann war die Wertschöpfung in diesem Auto zu 100 Prozent Mechanik. Räder, Motoren, Getriebe, Kupplung, Bremsen - alles mechanisch. Dann kam die Digitalisierung. Am Anfang mit elektronischer Motorsteuerung, Einspritzpumpe, später das ABS, ESP bis hin zum elektronischen Cockpit. Und jetzt neuerdings können die Autos selber fahren.
Von der Wertschöpfung der Mechanik bleibt da nicht mehr viel übrig.
Die Wertschöpfung des autonom fahrenden Autos ist zu 70, 80 Prozent Software und nicht mehr Hardware. Wissen Sie eigentlich, wie viele Softwareentwickler ein Konzern wie Volkswagen mit seinen 660 000 Mitarbeitern zuletzt hatte?
Da muss ich passen.
Knappe 3000. Wenn die Wertschöpfung beim Auto aber zu 70, 80 Prozent Software ist, dann ist das ein ziemlich blödes Verhältnis.
Wird sich das so schnell ändern?
Jedes Unternehmen - Autohersteller, Versicherungskonzerne und und und - wird in den nächsten Jahren mehr und mehr zum Softwarehaus werden. Ein Unternehmen in Deutschland, das das schon sehr gut verstanden hat, ist Bosch. Bosch hat schon heute 25 000 Softwareentwickler. Die Firma hat die Entwicklung schon früh erkannt. Siemens, Deutsche Bank oder Daimler haben da länger gebraucht.
Was raten Sie kleineren Unternehmen? Erst mal die Entwicklung noch abwarten?
Abwarten ist keine gute Strategie. Denken Sie an Neckermann, Quelle, Praktiker - die sind alle pleite. Warum? Weil Sie nicht verstanden haben, dass der digitale Darwinismus am Anfang ein Angriff auf ihr Geschäftsmodell war, nämlich physischer Handel gegen Online-Handel, und zum Schluss ein Angriff auf ihre Marke. Was ich erzähle, gilt für das Ein-Mann-Unternehmen gleichermaßen wie für den Konzern mit 100 000 Mitarbeitern.
Darwinismus heißt: Der fitteste überlebt. Kann man das eins zu eins auf die digitale Unternehmenswelt übertragen?
Die Regel sagt: The winner takes it all. Amazon ist deshalb so gut unterwegs, weil die Firma - ähnlich wie einst Tempo für das Taschentuch - als Pseudonym für Online-Handel steht. Und ähnlich steht Zalando mittlerweile für den Handel von Schuhen online. Von der Nummer drei oder vier am Markt wissen wir noch nicht einmal den Namen. Das ist das Gemeine.
Irgendwann geht jeder Zyklus zu Ende. Wo sind die Grenzen der Digitalisierung?
Immer da, wo der Mensch ein haptisches Erlebnis haben will. Ich glaube, dass der Online-Handel weiter massiv zunehmen wird für solche Dinge des täglichen Bedarfs, für die ich kein Einkaufserlebnis brauche. Die Sehnsucht nach Schmecken, Riechen, Anfassen wird es aber immer geben.
Das Gespräch führte
Matthias Litzlfelder.
Vortrag in Schweinfurt
Veranstalter "Zukunftsforum Arbeitswelt 4.0 - Wie wir morgen arbeiten" nennt sich die Veranstaltung, zu der die IHK Würzburg-Schweinfurt am 26.1.2017 von 16 bis 19.30 Uhr einlädt und zu der Karl-Heinz Land als Referent geladen ist.
Ort IHK-Geschäftsstelle Schweinfurt, Karl-Götz-Straße 7, weitere Infos unter www.wuerzburg.ihk.de/arbeitswelt40