Mitarbeiterin der Stadt Schweinfurt manipulierte dutzende Bafög-Anträge: 300.000 Euro Schaden
Autor: Helmut Glauch
Schweinfurt, Dienstag, 11. Sept. 2018
Eine ehemalige Angestellte im Schweinfurter Rathaus steht vor dem Landgericht. Die Frau soll in 41 Fällen Bafög-Anträge gefälscht oder manipuliert haben. Die Angeklagte soll das Vertrauensverhältnis, das man ihr an ihrem Arbeitsplatz entgegenbrachte, schamlos ausgenutzt.haben.
Der Prozess gegen eine heute 30-jährige ehemalige Angestellte im Rathaus der Stadt, die von Oktober 2014 bis Oktober 2015 von ihr selbst erstellte Bafög-Anträge so manipuliert hat, dass die bewilligten Ausbildungsförderungen auf ihr zugängliche Konten überwiesen wurden, wurde am Montag vor der großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt fortgesetzt.
Dem Steuerzahler entstand ein Schaden von 295.000 Euro
Wie berichtet, war wegen der von der Angeklagten in 41 Fällen fiktiv angelegten oder von ihr manipulierten Förderanträge, der Stadt und damit letztlich dem Steuerzahler, ein Schaden von rund 295.000 Euro entstanden. Mitangeklagt ist ihr Ehemann, der die Straftaten seiner Frau billigend in Kauf genommen haben soll, auch wenn die Frau alles Finanzielle rund um den Hausbau in Händen hatte. Der Hausbau, der wirtschaftlich aus dem Ruder lief, und der damit verbundene Kredit, waren die Hauptgründe dafür, dass die Mitarbeiterin der Stadt Schweinfurt, die das volle Vertrauen ihrer Kollegen genoss, veranlasste, die umfangreichen Manipulationen im Bafög-Bewilligungssystem vorzunehmen.
Am zweiten Verhandlungstag schilderte eine weitere Mitarbeiterin der Schweinfurter Behörde im Zeugenstand das Procedere, das so ein Förderbescheid von der Antragstellung bis zur Auszahlung durchläuft. Erst die Nichteinhaltung des "Vier-Augen-Prinzips" ermöglichte der Angeklagten, das eine einzelne Person einen Förderantrag sozusagen durchwinkt. Prinzipiell sei die Umgehung des Vier-Augen-Prinzips, also der Vorgabe, dass zwei Mitarbeiter den Antrag zu prüfen und zu genehmigen haben, auch heute noch möglich, auch wenn der Gesetzgeber inzwischen die Hürde der doppelt zu kontrollierenden Anträge systemintern von fünf auf 20 Prozent erhöht habe.
Die ortskundige Mitarbeiterin schilderte, wie ihr im Zuge der seinerzeit gesetzlich neu vorgeschriebenen Nachtragung der Steuer-ID in alle Anträge, auffiel, das einige Adressen der mutmaßlichen Bafög-Nutznießer so nicht existieren konnten. Nachforschungen brachten, wie berichtet, ans Licht, dass die Gelder immer wieder auf die gleichen Konten flossen, auf die die Angeklagte Zugriff hatte.
Erbeutetes Geld für hochwertige Anschaffungen benutzt
Der Kripo-Beamte, der nach der Aufdeckung der Taten die Hausdurchsuchung im neuen Haus der Familie leitete, berichtete, das die Angeklagte von Anfang an die Taten eingeräumt habe, allerdings über deren finanzielle Höhe verwundert gewesen sei. Ihr Mann dagegen sei sehr überrascht gewesen vom Besuch der Polizei, habe an ein Missverständnis geglaubt. Die Einrichtung im Haus habe einen relativ hochwertigen Eindruck gemacht. Insgesamt wurden verbliebene 102.000 Euro auf den Konten der Eheleute beschlagnahmt, die mit in die Schadensregulierung gegenüber der Stadt einfließen könnten.
Schadensersatz für die Stadt, wenn das Haus verkauft wird
Das Geld, so die Ermittlungen, floss zum größten Teil in das Haus, dessen Finanzierung auf wackeligen Füßen stand. Als die Kredite nahezu erschöpft waren, nahm die Zahl der Fälle, in denen sich die Angeklagte "Bafög" überwies, an Fahrt auf. Das Haus, dessen Verkauf kurz bevorsteht - es müssen noch ein paar Hürden aus dem Weg geräumt werden - ist heute mehr Wert als ursprünglich geplant. Nach der Bedienung der Kredite könnte der Erlös zur Schadensregulierung an die Stadt Schweinfurt fließen. Gemeinsam mit den beschlagnahmen Geldern, so die Schätzung, käme man in etwa auf die Summe, die die Stadt beizutreiben hat.
Vertrauen am Arbeitsplatz ausgenutzt
Spätestens als eine deutlich teurere Küche als geplant angeschafft wurde, hätte auch der Gatte, der sich sonst nur um die handwerkliche Seite des Hausbaus kümmerte, stutzig werden müssen, so der Vorwurf. Der Staatsanwalt unterstellte ihm, bewusst nicht hingesehen zu haben und forderte deshalb in seinem Plädoyer zwei Jahre Haft, die man zur Bewährung aussetzen könne, und eine Geldstrafe. "Die größte Strafe ist für ihn ist, dass er sein Haus verloren hat."