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Herbert Grönemeyer, der Kapitän mit viel Soul


Autor: Nikolas Pelke

Schweinfurt, Donnerstag, 23. April 2015

 Deutschlands beliebtester Sänger Herbert Grönemeyer hat sich zur Vorbereitung seiner Tournee ins Strandbad Warnemünde an die Ostsee zurückgezogen. Dort probt er mit seiner Band.
Herbert Grönemeyer an der Ostseeküste  Foto: Nikolas Pelke


Warnemünde/Schweinfurt — Freundliches Lächeln, fester Händedruck: keine Star-Allüren zu spüren bei Deutschlands beliebtestem Sänger. Herbert Grönemeyer scheint nur eine kleine Schwäche für schwere Stiefel zu haben. Fast leuchten die ledernen Cowboyboots an seinen Füßen. Er hätte sich für Leinenschuhe entscheiden können. Das hätte zur Küste gepasst. Herbert Grönemeyer probt in Warnemünde, dem Strandbad an der Ostsee vor den Toren der Hansestadt Rostock, mit seiner Band für die neue Tournee.

Wellen immer im Blick

Wie ein Kapitän auf der Brücke, die sanften Wellen der Ostsee immer im Blick, steht er im marineblauen Jackett zur Begrüßung da. Im Hafen des Hotels liegen die ersten Schiffe für die anstehende Saison vor Anker. "Hier kann man einfach wunderbar durchatmen. Diese Weite, diese Ferne. Die Schiffe ziehen vorbei, der Kopf wird frei", sagt Grönemeyer und schreitet hinaus auf den Balkon.
"Ich mag das", sagt Grönemeyer und zeigt auf den Fährverkehr. Vom Balkon hoch über der See geht der Blick weit hinaus über den Horizont. Linker Hand mündet die Warnow ins Meer. Mittschiffs steht ein Leuchtturm. Auf Steuerbord gibt es Strand, so weit das Auge reicht.
Die Liebe zur See habe bei ihm viel mit "kindlicher Romantik" zu tun, erzählt Grönemeyer und angelt sich eine Gauloise aus der Jackentasche. Als Kind des Ruhrgebiets pilgerte er wie Millionen andere im Sommer nach Holland. Der ganze Pott aalte sich in den kalten Wellen. Vielleicht taucht das Meer in seinem Texten deshalb immer wieder auf.

Flucht auf die Insel

Sein vorletztes Album aus dem Jahr 2011 hat er sogar auf den Namen "Schiffsverkehr" getauft. Die Kritiker sind ihm nicht an den Strand gefolgt. Grönemeyer hat sich nichts daraus gemacht. Er war froh, einfach wieder an Deck zu stehen. Sich den Wind um die Ohren wehen zu lassen. Die Taschen voller Lebensfreude. Im Herzen eine neue Liebe zwischen der alten Trauer gefunden zu haben.
In den Jahren zuvor musste Grönemeyer mit sich und der Welt kämpfen wie ein Schiffbrüchiger mit den Brechern auf hoher See. Ein halbes Jahr nach Veröffentlichung des Albums "Bleibt alles anders" sterben Grönemeyers Bruder und seine Frau Anna, die er über alles liebt, innerhalb weniger Tage.
Nach solchen Schlägen drohen Menschen über Bord zu gehen. Also setzt er sich hin und schreibt "Mensch". Das Album wird alles in den Schatten stellen. Verkauft sich nicht nur, sondern begeistert Millionen. Die melancholische Matrosenlyrik findet sich auch auf dem aktuellen Album. Wie ein Seemann ist er sich treu geblieben. "Ich verbinde das Meer immer so mit Lebensfreude", sagt er. "Ich finde Boote bunt und lustig."
Grönemeyer erzählt, dass er für das aktuelle Album "Dauernd Jetzt" wieder in ein Studio auf eine kleine Halbinsel bei Stockholm geflohen sei. Überall Schiffe, überall Wasser. Hier hat er einen der ergreifendsten Songs der Platte geschrieben: "Fang mich an." Natürlich kommt auch das Meer darin vor:
Meistens schreibe er die Texte intuitiv, erzählt Grönemeyer. Dann setzt er sich ans Klavier und klimpert einfach drauf los. Silbe für Silbe, Ton für Ton entsteht der Song wie ein Bild. So wächst sein Album, fügt sich wie eine leichte Brise zusammen. Ein bisschen kühler sollte das Klavier, ein bisschen tiefer die Stimme diesmal klingen.

In der Nacht eingefallen

Die Worte zu "Ein neuer Tag" seien ihm in der Nacht eingefallen, als ihn die Melancholie und die Traurigkeit plötzlich überfallen hätten. "Das ist so ein Text, den ich einfach erst einmal runtergeschrieben habe lange ohne über den Zeilen zu brüten."Viele werden jeden Buchstaben kennen, wenn er bald auf den großen Bühnen des Landes steht. Werden mitsingen, mitgrölen, mitweinen, mitlachen, mittanzen, wenn er sich im Sommer wieder ans Klavier setzt, und den Menschen wie im Song "Der Weg" aus der Seele singt:

Wir haben uns geschoben
Durch alle Gezeiten
Haben uns verzettelt
Uns verzweifelt geliebt.



Konzert in Schweinfurt

In den nächsten Wochen gibt Herbert Grönemeyer in Bayern drei Konzerte. Am 21. und 22. Mai tritt er im Rahmen seiner "Dauernd Jetzt"-Tour in München auf. Am 31. Mai gibt Grönemeyer ein Zusatzkonzert im Willi-Sachs-Stadion in Schweinfurt.