Der Saumain ist ein verborgener Schatz
Autor: Günter Flegel
Schweinfurt, Donnerstag, 15. August 2013
Was die Landesausstellung "Main und Meer" in Schweinfurt nicht zeigt, kann der Spaziergänger in natura hautnah erleben: Der Saumain ist ein verborgener Schatz im Herzen der Stadt, ein Relikt der Ur-Landschaft.
50.000 Besucher hat die Landesausstellung "Main und Meer" seit Mai in die Kunsthalle gelockt. Ob das Haus der Bayerischen Geschichte bis Oktober sein Ziel, sechsstellige Besucherzahlen, noch erreicht, ist fraglich. Projektleiter Rainhard Riepertinger ist jedenfalls zufrieden und bleibt zuversichtlich - das schöne Sommerwetter der letzten Woche machte die Kunsthalle als Ausflugsziel nicht attraktiv.
Und die verborgenen Schätze außerhalb der Ausstellung kennen und finden viele Besucher gar nicht. Das Echo auf die multimediale Schau, die den Main aus gewohnten und überraschenden Blickwinkeln zeigt, ist überwiegend positiv. Für die Ausstellungsmacher aus München war es, wie Rieperdinger sagt, durchaus ein Wagnis, erstmals einen Fluss und eine Flusslandschaft in den Mittelpunkt einer Landesausstellung zu rücken. Bislang punkteten die Landesausstellungen vor allem mit kulturellen und geschichtlichen Themen - die "Götterdämmerung", eine Schau über König Ludwig II., lockte mehr als eine halbe Million Gäste an.
Der Main ist als Star einer Ausstellung weniger griffig. Deswegen greift das Haus der bayerischen Geschichte tief in die Trickkiste, um den Besuchern den Main und "Meer" (mehr) nahe zu bringen. Die Marine-Begeisterung zu Beginn des 20. Jahrhunderts und die Hochseeschifffahrt nehmen breiten Raum ein.
Manches, was für den Main typisch ist, sucht man dagegen in der Ausstellung vergebens. Wie funktioniert eine Schleuse? Wie sah der Main aus, bevor er als Bundeswasserstraße kanalisiert wurde? Antworten auf diese Fragen findet der Besucher nur einen Katzensprung von der Kunsthalle entfernt - bei freiem "Eintritt".
Die Hahnenhügelbrücke, die die Schweinfurter Altstadt mit dem Hafengebiet auf der anderen Mainseite verbindet, erschließt die beiden Facetten des Mains, seine moderne Gestalt und den seltenen Rest einer Urlandschaft. Während sich westlich der Brücke Schubverbände und Kreuzfahrtschiffe durch die Schleusenkammer quetschen, erstreckt sich östlich des Mainübergangs eines der außergewöhnlichsten Naturschutzgebiete des Freistaats: Der Saumain zeigt auf 1200 Metern Länge, wie der 527 Kilometer lange Main in seinen Kindertagen einmal ausgesehen hat.
Der Saumain kringelt sich um die mächtigen Gebäude der Kramermühle und ist vom Park südlich der großen Mainbrücke aus ein Stück weit zugänglich. Ansonsten schützt dichter Bewuchs die Urlandschaft vor Besuchern. Heike Schirmer, die Naturschutzbeauftragte der Stadt, spricht von der "grünen Lunge" Schweinfurts und einer Attraktion für Naturfreunde. So viel Naturschutz mitten in der Stadt gibt es weit und breit nicht.
Der Blick ins Grüne
Den wohl schönsten Blick auf den Saumain hat man von der Aussichtsplattform am Kiosk der Minigolfanlage. Seit 1993 ist der Saumain auf 11,6 Hektar Naturschutz-, seit 2005 auch Vogelschutzgebiet. Menschliche Eingriffe sind in dem Urwald tabu; lediglich der Hochwasserschutz und die Verkehrssicherheit erlauben seltene Ausnahmen. Ansonsten darf der Main hier, und nur hier, weniger als Mehr sein: einfach nur Fluss!