Bürger zahlt ein Kraftwerk, das meist stillsteht

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Eon drohte Anfang 2013 damit, sein modernes Gaskraftwerk im bayerischen Irsching vom Netz zu nehmen: zu wenig Laufzeit, unrentabel, hieß. Jetzt lohnt sich sogar der Bau neuer Kraftwerke. Foto: dpa
Eon drohte Anfang 2013 damit, sein modernes Gaskraftwerk im bayerischen Irsching vom Netz zu nehmen: zu wenig Laufzeit, unrentabel, hieß. Jetzt lohnt sich sogar der Bau neuer Kraftwerke. Foto: dpa

In Schweinfurt planen Investoren aus der Schweiz und den USA ein Gaskraftwerk als Notreserve. Die 400 Millionen Euro für den Standby-Betrieb zahlen die Stromkunden. Möglich macht es ein Beschluss der Bundesregierung.

"Maximale Transparenz" steht als Maxime über einer der letzten Amtshandlungen des scheidenden Bundeswirtschaftsministers Volker Rösler (FDP). Wenn so viel Transparenz dazu führt, dass
Finanzinvestoren über Nacht riesige Kraftwerke unter anderem im unter fränkischen Schweinfurt planen, dann muss man genauer hinschauen.

Der Schweinfurter Stadtrat hat in nichtöffentlicher Sitzung ein Grundstück für den Bau eines Gaskraftwerkes bereitgestellt. 400 Millionen Euro will das Unternehmen PQ Energy zusammen mit dem US-Finanzdienstleister Blackstone hier investieren, eine "Versicherung" für die Energieversorgung, wie PQ-Geschäftsführer Dominique Candrian in Zürich sagt.

Versichert haben sich auch die Schweizer Investoren, damit die 400 Millionen Euro nicht verpuffen. Die gesamte Stromproduktion wird an den Netzbetreiber Tennet verkauft. Der zahlt, auch wenn das Kraftwerk in Schweinfurt nur wenige hundert Stunden im Jahr läuft.

Die Angst vor dem Blackout

Neue Kraftwerke, die kaum Strom liefern? Das ist nicht absurd, das ist ein Beschluss der Bundesregierung. Weitgehend unbemerkt vor der Sommerpause. "Reservekraftwerksverordnung" heißt das Regelwerk, mit dem Rösler und die Bundesnetzagentur den Bürgern die Angst vor einem Blackout nehmen wollen. Zwar betont der Chef der Bundesnetzagentur, Jochen Homann stets, dass die Stromversorgung in Deutschland sicher ist (ein Minister sagte ähnliches einmal über die Renten), doch zwei bis drei Sätze später kommt stets ein Aber: Nach der Abschaltung der Kernkraftwerke (Ende 2015 geht der Meiler in Grafenrheinfeld vom Netz) drohen Versorgungslücken, weil die Strukturen nur Verteilung des regenerativ erzeugten Stromes ernst noch gebaut werden müssen. Konventionelle Kraftwerke sollen in die Bresche springen.

All dies ist nicht neu, auch wenn es erst durch die Energiewende zum Thema wurde: Woher stammen heute die Reserveleistungen, wenn etwa Grafenrheinfeld ausfallen würde? Geregelt wurde die Reserve aber erst im Juni 2013. Nicht einmal zwei Monate später gibt es schon konkrete Pläne für den Bau neuer Kraftwerke, die bislang als unbezahlbar galten.

Die Pläne für Zeil scheiterten

Bis vor kurzem plante Südweststrom (Tübingen) unter Beteiligung zahlreicher Stadtwerke den Bau eines Gaskraftwerkes in Zeil (Landkreis Haßberge). Die damalige Geschäftsführerin Bettina Morlock warf das Handtuch, weil es keine Garantien für die Stromabnahme gab. "Man kann kein Kraftwerk bauen, das dann stillsteht", sagte sie.

Die neue Verordnung sieht aber genau das vor. Das geht verblüfffend einfach: Der Investor baut. Der Netzbetreiber kauft den Strom: den, der produziert, und auch den, der nicht erzeugt wird. Umgelegt wird alles auf den Strompreis.

Kein Wunder, dass Finanzinvestoren die Energiewende in Deutschland als Goldgrube entdecken. Zwar betont man in München beim Wirtschaftsministerium, dass neue Gaskraftwerke wie das in Schweinfurt zunächst nur eine Option sind.

"Aktuell kein Bedarf"

"Es gibt noch keine Ausschreibung, weil der Bedarf aktuell nicht gegeben ist", sagt ein Sprecher von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Auch er schickt ein Aber mit: Für die Staatsregierung wäre es "wünschenswert, wenn 3000 bis 4000 MW neue Stromleistung auf Gasbasis errichtet werden".