Bäume stürzen bei Roth auf Oberleitung: Stürmisches Ende einer Zugreise
Autor: Stephan Großmann, Klaus Angerstein, Agentur dpa
Georgensgmünd, Montag, 19. August 2019
Etwa 400 Bahnreisende stecken am Sonntagabend stundenlang in einem ICE fest. Erst am frühen Morgen geht es für sie weiter. Steht ihnen eine Entschädigung zu?
Wohl eine Horrorvorstellung: Sonntagabend, es stürmt, man will nur nach Hause, zum Flughafen oder im Urlaub ankommen und plötzlich gehen im Zug die Lichter aus. Für Stunden. Kein Klo, keine Klimaanlage, keine Ahnung, wann es weitergeht. Was für viele Familien, Pendler und Geschäftsreisende folgt, ist eine nervenaufreibende Odyssee durch die Nacht.
Grund war ein so kurzes wie heftiges Unwetter über Mittel- und Süddeutschland. Besonders heftig traf es das mittelfränkische Roth. Sturmböen, Hagel und Starkregen machten dort nicht nur Haus- und Autobesitzern zu schaffen, sondern auch der Zugtechnik. Weil Bäume auf die Oberleitung gefallen waren, blieb der ICE 709 von Hamburg nach München mit 400 Menschen an Bord auf offener Strecke zwischen Georgensgmünd und Roth liegen.
Mehr als 100 Rettungskräfte unter anderem der Feuerwehr Georgensgmünd sowie des Bayerischen Roten Kreuzes waren bis in die frühen Morgenstunden im Einsatz, um die Gestrandeten zu versorgen und den Zug schließlich zu evakuieren.
"Eigentlich sollte es einen Ersatzzug geben, aber auch der kam nicht durch", erzählt Roths Kreisbrandmeister Klaus Wolfsberger. Die Reisenden harrten aus, wurden mit Wasser und Snacks versorgt. Da die Toiletten ohne Strom nicht funktionierten, musste die Notdurft draußen verrichtet werden - eine willkommene Frischluftkur in dem ohne Klimaanlage aufgeheizten Waggonklima.
Erst Stunden später konnte wenigstens ein Bus organisiert werden, der die Reisenden nach Georgensgmünd fuhr. Immerhin: Niemand wurde verletzt. "Die Situation war angespannt, aber die Stimmung unter den Reisenden blieb trotz allem gut", so Wolfsberger.
Wie eine Augenzeugin auf dem Kurznachrichtendienst Twitter berichtete, lag das auch am Krisenmanagement des Bordpersonals. Ihren Dank sprach sie "auch dem eilig auf und ab rennenden Zugchef" aus, "der bis in die frühen Morgenstunden alles gab". Auch Wolfsberger bestätigt, viel Energie darauf verwendet zu haben, die Menschen mit Informationen zu versorgen. Das sei in solchen Situationen enorm wichtig.
Die Gleise bei Roth waren nicht die einzigen, die der Sturm beschädigte. Nicht mehr weiter ging es am Sonntag etwa für Reisende eines Schnellzuges in Aschaffenburg. Auch dort waren Schäden an Oberleitungen ausschlaggebend. Reisende seien mit Taxigutscheinen versorgt worden, sagte ein Bahnsprecher.