Unbekanntes Schmuckstück: Schloss Ratibor in Roth
Autor: Susy Bergmann
Deutschland, Freitag, 07. Oktober 2022
Das Schloss Ratibor in Roth ist eine der weniger bekannten fränkischen Sehenswürdigkeiten. Wir verraten dir, warum ein Ausflug hierher sich lohnt.
- Warum das Schloss "Ratibor" heißt
- Das erwartet dich im Schloss
- Informationen und Anreise
Im mittelfränkischen Roth liegt das Schloss Ratibor. Diese eher unbekannte Sehenswürdigkeit ist einen Besuch wert. Du kannst prunkvolle Wohnräume aus dem Ende des 19. Jahrhunderts besichtigen. Außerdem wartet ein Besuch des Stadtmuseums Roth und verschiedene Sonderausstellungen. Auch für Kinder ist einiges geboten.
Ein Jagdschloss mit ungewöhnlichem Namen wird zur Fabrik
Das ehemalige Jagdschloss der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach wurde 1535 bis 1538 erbaut. Georg der Fromme jagte leidenschaftlich gerne in den wildreichen Wäldern der Umgebung Roths. Zur Hirsch-, Wildschwein- und Auerhahnjagd baute er sich diese Residenz. Finanziert wurde der Bau durch Einkünfte Georgs aus seinem damaligen oberschlesischen Fürstentum Ratibor, heute Polen. So kam das Schloss zu seinem fremdländisch klingenden Namen: Georg der Fromme nannte es "Schloss Ratibor an der Retzet" (Rednitz).
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1791 fiel die Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach an Preußen, nachdem der letzte Markgraf Alexander abgedankt hatte. Die preußische Verwaltung verkaufte das Schloss an den Rother Tressenfabrikanten Johann Philipp Stieber. Stieber wohnte anschließend im Südflügel des Schlosses. In den Erdgeschossräumen richtete er Anlagen zur Herstellung von Draht und Tressen ein. Später wurde auch der Nordtrakt, der ehemalige Marstall, Teil seiner Manufaktur. 1810 waren hier schon 180 Arbeiter*innen beschäftigt.
Die Familie Stieber verkaufte das Hauptgebäude 1856 an die Stadt Roth als Landgerichtsgebäude. 1892 erwarb der Enkel des Firmengründers, Wilhelm Stieber, jedoch ein neues Gerichtsgebäude und tauschte es gegen den Hauptteil des Schlosses. So kam das gesamte Schloss wieder in den Besitz der Fabrikantenfamilie. Wilhelm Stieber richtete das Schloss völlig neu ein. Der zu Reichtum und Ansehen gekommene Industriebaron wünschte sich einen standesgemäßen Wohnsitz. Deshalb beauftragte er bekannte Künstler und ließ Prunkräume im Stil der Spätrenaissance gestalten. Heute zählen diese Räume des Schlosses zu den bedeutendsten des Historismus in Bayern. Auf den bunten Glasfenstern im Treppenhaus ließ Wilhelm Stieber sein Familienwappen neben dem der Markgrafen darstellen. Er trat als Schlossherr und den Markgrafen ebenbürtig auf und wurde 1904 sogar geadelt.
Es erwarten dich: Elchköpfe, Prunkräume und Stadtgeschichte
Die Witwe Wilhelm von Stiebers schenkte 1942 das Schloss der Stadt Roth. Im Marstall ist heute die Stadtbücherei untergebracht und im Markgrafensaal finden die Sitzungen des Stadtrates statt. Ein Teil des Schlosses ist Museum und du kannst es besichtigen. Auch der verträumte Innenhof ist sehenswert: Verpasse nicht den Jagdbrunnen, die Drachen an den Regenrinnen und das historische Wandgemälde.
In der Eingangshalle begrüßt dich ein beeindruckender Elchkopf an der Wand. Er ist wahrscheinlich einer der letzten noch erhaltenen Gegenstände aus der Markgrafenzeit. Du siehst auf einem Rundgang durch das Schloss die historischen Wohnräume der Familie von Stieber: das intarsienverzierte Kaminzimmer, Musikzimmer und Barockzimmer. Besonders sehenswert: das Speisezimmer im Stil der Nürnberger Renaissance mit Kassettendecke und lederbezogenen hohen Stühlen an einer langen Tafel und der wunderschöne große Prunksaal im Stil der venezianischen Spätrenaissance. 33 beeindruckende Deckengemälde des Passauer Malers Ferdinand Wagner d. J. zeigen Szenen antiker Göttersagen und die vier Jahreszeiten. An den Wänden kannst du von Rudolph von Seitz bemalte Wandteppiche mit Szenen aus Homers Odyssee bewundern.