Neues aus dem Leben der Kelten
Autor: Marion Eckert
LKR Rhön-Grabfeld, Mittwoch, 07. Sept. 2016
Ausgrabungen brachten fantastische Ergebnisse
Die diesjährigen archäologischen Ausgrabungen auf der Milseburg haben neue Erkenntnisse über das Leben in Kelten auf diesem markanten Berg in der Rhön ans Tageslicht gebracht. Gefunden wurden menschlich Überreste, die auf einen Bestattungsplatz hinweisen sowie ein bronzener Zügelführungsring aus der späten Eisenzeit.
Fuldas Stadt- und Kreisarchäologe Dr. Frank Verse, der sich seit 2014 intensiv mit der Geschichte der Milseburg befasst, bezeichnete die Funde als "wahre Sensation". Mit einer Fläche von 45 Hektar sei die Milseburg, die mit Abstand größte keltische Siedlung in der Rhön, erklärte Dr. Frank Verse.
Die archäologischen Ausgrabungen werden seit zwei Jahren von Studenten der Universität Marburg unter Leitung von Dr. Ulrike Söder vorgenommen.
"Für die damalige Zeit war die Milseburg eine große Stadt, besiedelt vom 6. bis 1. Jahrhundert vor Christus", erklärte Dr. Verse. "Wald gab es keinen, stattdessen standen hier Hütten und Werkstätten. Es war das Erscheinungsbild eine sehr großen stadtartigen Siedlung, die schon von weitem wahr genommen werden konnte." Dass eine Grabstelle gefunden werde, damit habe niemand rechnen können, denn gerade mal ein Prozent der Fläche der Milseburg sei bislang untersucht worden. Auf einer kleinen Grabungsfläche am Westfuß der Anlage kamen die menschlichen Knochenreste zu Tage. "Es ist richtig spannend, so etwas haben wir bisher an der Milseburg nicht gefunden." Bei den Überresten handelt es sich um verbrannte Knochen, sogenannte kalzinierten Knochen, die auf eisenzeitliche Brandgräber hindeuten. "Die Leichen wurden verbrannt, doch da die Temperaturen des Feuers nicht so hoch waren, wie in unseren heutigen Krematorien, blieben Knochenreste übrig und die wurden bestattet", so Verse.
Keramikscherben gefunden
Aufgrund der gefundenen Überreste und Strukturen des Areals gehen er und Dr. Söder davon aus, dass die untersuchte Fläche zunächst ein Bestattungsplatz war (vom 5 bis 6 Jhr. v. Chr.) und später (vom 4. bis 1. Jhr. v. Chr.) als Wohnplatz diente. In den oberen Schichten fanden sich sich "haushaltsübliche" Keramikscherben und ein Steinpflaster deckte den Bereich ab.
Eigentlich wollten Verse und Söder gar nicht tiefer graben, doch die Faszination ließ sie nicht los und so kamen unter dem Steinpflaster die Bestattungsüberreste ans Tageslicht. "Es war für uns eine Riesenüberraschung, dass unter dem Steinpflaster mehr war als zunächst vermutet." Dass es sich um Überreste menschlicher Knochen handelt, davon sind Dr. Verse und Dr. Söder überzeugt. "Das zeigt uns die Art wie die Knochenstücke im Boden aufgefunden wurden", erklärte Dr. Verse. "Außerdem haben wir eine menschliche Zahnkrone gefunden", zeigte Dr. Verse einen rund 2.500 Jahre alten Zahn - ohne Karies. In den Wintermonaten sollen alle Exponate wissenschaftlich untersucht, die Knochenreste zudem einem Anthropologen vorlegt werden. Und noch einen kleinen Schatz haben sie gefunden, einen bronzenen Zügelführungsring aus der späten Eisenzeit (1. Jahrhundert v. Chr.).
So ein Ring diente, an von Pferden gezogenen Fuhrwerken dazu, die Zügel am Gefährt zu halten und zu führen. "Er ist fantastisch erhalten", zeigt Dr. Verse auf den Ring. "Er sieht aus, wie gerade in der Erde vergaben". Dass die Funde an der Milseburg so gut erhalten sind, wundere die Archäologen nicht. "Hier ist alles unberührt und ohne Kunstdünger. Auf Ackerflächen sind solche Funde durch Salze häufig angegriffen." Ob der bronzene Zügelführungsring auf der Milseburg hergestellt wurde oder ein Tauschobjekt war, könne nicht mit Sicherheit gesagt werden.
Spannendes Feld
Doch selbst wenn er auf der Milseburg hergestellt wurde, sei das Material für die Legierung vor Ort nicht vorhanden gewesen und habe durch Tauschhandel erworben werden müssen.
"Die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen der Kelten, sind ein weiteres spannendes Forschungsfeld", sagte Dr. Verse.Aufgrund verschiedener Funde sei schon jetzt klar, dass die Bewohner der Milseburg umfassende Handels- und Tauschbeziehungen pflegten, die bis nach Süddeutschland reichten.
Neben diesen beiden Besonderheiten kamen im Zuge der Grabungen eine Vielzahl von Keramikscherben zum Vorschein. Aber auch Waffen, Geräte wie Hammer und Meisel, Scheren für die Schafschur und Schmuckstücke wurden gefunden. "Wir können den Geschirrschrank der Kelten rekonstruieren", sagte Dr. Verse und zeigte verschiedene Exponate. Da gibt es schwarze Scherben mit nahezu filigranen Mustern, die möglicherweise als Ess- oder Trinkgefäße genutzt wurden. Scherben von Vorratsgefäßen seien dickwandiger und weniger aufwendig verziert. Dr. Verse verweist auf regelmäßige Einbuchtungen: "Das sind Fingertupfen. Man kann deutlich erkennen wie der Töpfer mit dem Fingernagel Kerben in den Ton drückte. Fast kann man noch etwas vom Hersteller erahnen."