Mit dem Smartphone Verbindung halten
Autor: Hanns Friedrich
LKR Rhön-Grabfeld, Mittwoch, 09. Sept. 2015
Flüchtlinge aus der Notunterkunft in Bad Neustadt erzählen vom Krieg in ihrer Heimat und der gefährlichen Flucht.
Wenn die Flüchtlinge aus Syrien und anderen Staaten, die zur Zeit in Bad Neustadt untergebracht sind, von ihrer Heimat erzählen, dann nehmen sie sofort ihr Smartphone in die Hand und zeigen Bilder von daheim. Nur über ihr Handy haben die Menschen Kontakt zu Verwandten oder Freunden.
Haven zeigt Bilder von ihrem Elternhaus oder ihrem Auto. "Das alles ist zerstört", sagt die junge Frau. Auch sie hat nur über ihr Handy Kontakt zu den Eltern oder zu ihrem Bruder. Hanady, eine Zahnärztin aus Syrien, die zur Zeit in Bad Neustadt ist, wird traurig. wenn sie die Fotos sieht, die sie aus ihrer Heimat bekommt, denn vieles ist zerstört. Angela kommt aus Dara. Die Stadt war Ausgangspunkt der ersten Proteste gegen die Regierung Baschar al-Assads und damit auch Anstoßpunkt für den Bürgerkrieg in Syrien.
Bei einem Spaziergang im Kurpark von Bad Neustadt kommen Erinnerungen an daheim. "Hier ist alles so schön, so sauber, die Gebäude alt und in Ordnung und bei uns - alles wird zerstört, selbst die wertvollen historischen Baudenkmäler. Kopfschüttelnd sagt Haven das, während sie am Handy verschiedene Bilder ihrer Heimat zeigt.
Beide Frauen sagen übereinstimmend, dass es ihnen in Bad Neustadt gefällt. Sie wissen, dass sie hier in Sicherheit sind. Jetzt hoffen sie auf die Zusage für Asyl in Deutschland, wollen schnell Deutsch lernen und Arbeit finden. Wenn in ihrem Heimatland Frieden herrscht, können sich beide vorstellen, wieder nach Hause zu gehen.
Haven erinnert sich an den Weg durch die Kriegsgebiete nach Deutschland: Es sei schwierig gewesen und oft seien sie am Ende ihrer Kräfte gewesen. Aber sie hielten durch. Haven hat zu Hause in Aleppo alles verkauft und aufgegeben, um die Flucht finanzieren zu können. Nach einem langen Marsch gelangte sie in die Türkei, in Izmir verbrachte sie drei Tage. An einem Tag hätten sie sich im Wald verstecken müssen, bis dann nach Mitternacht ein Schlauchboot zur Flucht zur Verfügung stand. So kamen die Flüchtlinge nach Griechenland. Dort dauerte es zwei Tage bis die entsprechenden Papiere fertig waren und die Flüchtlinge innerhalb drei Tagen Griechenland wieder verlassen musste. Über Mazedonien und Serbien kamen die Menschen nach Ungarn, dann weiter nach Deutschland, konkret nach Passau, wo sie von der Polizei registriert und weiter nach Schweinfurt geschickt wurde. Einen Tag waren Haven, Angela und Hanady in Schweinfurt, bevor es weiter nach Bad Neustadt ging, wo alle nun auf eine Weiterleitung und den Asylantrag warten Kraft finden viele in den Gebeten.
Fünf Mal am Tag sind einige Minuten für Allah im Lebensrhythmus eingeplant. "Dann nehme ich das Smartphone heraus, rufe den Kompass auf und verneige mich in Richtung Osten, dort wo Mekka ist", beschreibt sie das Ritual. Morgens, zwischen dem Beginn der Morgendämmerung und dem Sonnenaufgang, ist das erste Gebet, gefolgt, von vier weiteren am Tag. Auch wenn in Bad Neustadt keine Moschee vorhanden ist, wenn kein Muezzin zum Gebet ruft, vergessen die syrischen Flüchtlinge dies nicht. "Unser Prophet ist überall und wir können überall zu ihm beten, auch in der Unterkunft hier in Bad Neustadt", sagt Angela.
Dann erzählt Haven im Gespräch von der sogenannten rituellen Reinheit kurz vor dem Gebet. Gewaschen werden die Hände bis einschließlich der Handgelenke, man spült den Mund aus, wäscht das Gesicht einschließlich Stirn und Kinn, Unterarme und Füße und fährt schließlich mit nassen Händen über das Kopfhaar. Zum Gebet selbst gibt es entsprechende Gebetshaltungen.
In Bad Neustadt fühlen sich die Asylsuchenden wohl. "Wir haben in der Bevölkerung Freunde gefunden, waren in der Kleiderkammer und fühlen uns nun hier auch sicher." Die Kinder wissen, dass die Flugzeuge über uns keine Bomben werfen. Vier Wochen sind die Flüchtlinge nun schon in der Notunterkunft Bad Neustadt . Das Schlimmste ist derzeit für alle in den Aufnahmelagern und Notunterkünften, die Frage, wie es künftig weiter geht. Gespräche mit den Helfern, mit der Security überbrücken die Wartezeit. Die einen lernen dabei Deutsch, die anderen merken sich das eine oder andere arabische Wort. Dazu gehört ganz sicherlich die in Syrien geläufige Redewendung zum Abschied "Inschallah", das heißt so viel wie "So Gott will".