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Aus für Bormioli Pharma in Bad Königshofen? 90 Arbeitsplätze in Gefahr


Autor: Ellen Schneider

Bad Königshofen im Grabfeld, Mittwoch, 30. Juli 2025

Die Übernahme der ISO Arzneiverpackungen GmbH in Bad Königshofen sollte dem Standort eigentlich eine Zukunft ermöglichen. Nun steht er vor dem Aus. "Kopflos", nennt das ein Gewerkschafter.
Bormioli-Pharma in Bad Königshofen


"Mit diesem Schritt gewinnt die ISO weiteres Entwicklungspotenzial und erweitert ihre Zukunftsperspektiven. Es ist ein Projekt, an das ich fest glaube", sagte Marc Jeanrichard, der als Aktionär der ISO Arzneiverpackungen GmbH in Bad Königshofen tätig war, nach der Übernahme des Unternehmens durch Bormioli Pharma im Jahr 2020. Heute hat dieser Satz einen bitteren Beigeschmack.

Denn der Standort, an dem aktuell 90 Mitarbeiter beschäftigt sind, soll Ende des Jahres schließen. Damit ist er in Franken längst nicht allein: Auch ein Nürnberger Autozulieferer musste seinen Standort mittlerweile aufgeben. Nach knapp Hundert Jahren droht außerdem dem Viskose-Hersteller Enka in Obernburg am Main im September das Aus. Doch wieso teilt dieses Schicksal nun offenbar auch Bormioli Pharma in Bad Königshofen?

"Standort ist seit 2021 defizitär": Arbeitsplätze von Bormioli Pharma in Bad Königshofen nicht zu retten

Vor rund fünf Jahren wurde das Unternehmen des Pharma-Verpackungs-Riesen Bormioli Pharma übernommen. Mit diesem Schritt sollte der Wachstumskurs des Unternehmens fortgesetzt werden. 2024 übernahm Gerresheimer dann die Mutterholding von Bormioli, wie das Handelsblatt berichtete - und damit im Dezember auch den ehemaligen ISO-Standort. An diesem soll sich dadurch bald einiges ändern, wie die Gerresheimer AG auf Anfrage von inFranken.de bestätigt.

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Ein Sprecher betont: "Der Standort ist seit 2021 defizitär, der Umsatz war in den letzten Jahren zudem stark rückläufig." Gerresheimer habe daher nach der Übernahme des Standortes in den vergangenen sechs Monaten intensiv analysiert, ob es eine wirtschaftliche Möglichkeit gebe, "die Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit des Standorts wiederherzustellen und damit die rund 90 Arbeitsplätze zu sichern." Dabei sei die Firma zu einem klaren Ergebnis gekommen: "Das ist leider nicht der Fall."

Betriebsrat und Mitarbeiter seien bereits am 17. Juli 2025 über die Situation informiert worden. Jetzt wolle man mit dem Betriebsrat Verhandlungen zu einem Interessenausgleich und einem Sozialplan aufnehmen, "mit dem Ziel, die Produktion möglichst bis zum Jahresende 2025 zu beenden und den Standort zu schließen".

Kampf um Bormioli-Pharma-Standort in Franken: "Werden darauf drängen"

Holger Kempf, Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE), will das verhindern. Im Gespräch mit inFranken.de sagt er: "Wir werden nicht einfach kampflos aufgeben." Der Grund: "Ich akzeptiere nicht jede Entscheidung des Managements. Uns konnte man die Standortschließung bis heute nicht vernünftig begründen."

Bis heute sei der Gewerkschaft unklar, was das Management vor Ort in den vergangenen sechs Monaten getan habe, um das Ruder herumzureißen. Und auch, ob man geprüft habe, ob sich der Standort mit anderen Produkten oder weniger Personal führen ließe. Kempf betont: "Wir werden darauf drängen, dass uns diese Fragen beantwortet werden." Bisher lägen zudem noch keine Verhandlungstermine vor. 

Auch, dass der Standort schon Ende des Jahres geschlossen werden soll, ist dem Bezirksleiter ein Dorn im Auge. "Dieses Tempo ist für mich auch absolut neu" - genauso auch die Tatsache, dass Gerresheimer bereits Gespräche mit Mitarbeitern geführt und Kunden über die anstehende Schließung informiert habe, bevor es überhaupt Gespräche mit der Arbeitnehmervertretung gegeben habe. "So einen Vorgang halte ich für verantwortungslos."

Eigentlich waren Tarifgespräche geplant - dann habe Gerresheimer "den Schalter umgelegt"

Die Stimmung unter den Mitarbeitern sei daher der Situation entsprechend. "Maßlos enttäuscht" sei Kempf auch, weil es mit der Gerresheimer AG eigentlich bereits einen Termin für Tarifverhandlungen gegeben habe. Man habe ihm den Eindruck vermittelt, es bestehe Interesse, ernsthafte Gespräche zu diesem Thema zu führen. "Und dann wird von heute auf morgen der Schalter umgelegt." Auf ihn wirke dieses Vorgehen vor allem "kopflos".