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Auf der Suche nach dem Grab


Autor: Marion Eckert

Bischofsheim an der Rhön, Mittwoch, 26. Oktober 2016

Auf einem Friedhof in Holland fand der Vater von Wilma Nimec seine letzte Ruhe


An Allerheiligen, das in katholischen Regionen am 1. November gefeiert wird, gedenken die Angehörigen ihrer Toten. In den meisten Fällen geht die Familie zusammen auf den Friedhof und stellt dort eine Kerze zum Gedenken auf. Bei Wilma Nimec ist das anders. Das Grab ihres Vaters befindet sich auf einem holländischen Soldatenfriedhof.

Ihren Vater hat sie nie kennen gelernt, sie wurde geboren als er schon im Krieg war. "Ich war vier Wochen alt, als mein Vater gefallen ist." Ihr Leben lang sehnte sie sich, zu erfahren, wo er beigesetzt wurde. Die Familie wusste, dass er in Holland auf eine Mine getreten und umgekommen war.
Ein Überlebender des Unglücks aus Großenlüder berichtete der Familie später von der Tragödie. Doch wo die sterblichen Überreste von Johann Müller zur letzten Ruhe gebettet worden waren, das erfuhr die Familie nicht.

In Bischofsheim wurde ein Sterbebild angefertigt, das war das Einzige, was der Familie seit 1945 noch vom Vater blieb.
Im vorigen Jahr sprach Wilma Nimec in der Bekanntschaft das Thema an und es ergab sich ein Kontakt zur Kriegsgräberfürsorge. Die offizielle Anfrage wurde gestellt und ein Tag später kam der Anruf. "Wir haben deinen Vater gefunden", sagte eine ihrer Bekannten. Wilma Nimec kann sich noch gut erinnern, wie ihr zumute war. "Ich hatte weiche Knie, ich habe geweint. Das kann ich gar nicht in Worte fassen."



Johann Müller starb mit 33

Wenige Tage später ging ein Schreiben der Kriegsgräberfürsorge mit detaillierten Informationen bei Nimec ein. "Johann Müller ruht auf der Kriegsgräberstätte in Ysselsteyn. Endgrablage: Block BG, Reihe 9, Grab 212". Das Schreiben enthielt auch eine Vielzahl an weiteren Informationen über die Kriegsgräberstätte und auch zu Johann Müller: Der Obergefreite starb am 14. März 1945. Er war 33 Jahre alt geworden.
Für Wilma Nimec stand fest, dass sie nach Ysselsteyn in Holland fahren möchte. "Ich wollte das Grab besuchen." Ihr Mann Ludwig begleitete sie auf dieser Reise. "300 Meter vor dem Friedhof hatte ich ein ganz merkwürdiges Gefühl im Bauch. Es kam mir vor, als wenn ich meinen Vater beerdige", erinnert sich Wilma Nimec an die Anreise. Erschüttert waren sie beide von der Größe der Anlage. Wohin das Auge reicht stehen Kreuze in der Wiese. "So unendlich viele Gefallene. Das ist unbeschreiblich, was für Gefühle da hoch kommen."



Endlich beim Vater

Das Grab 212 in Bock BG, Reihe 9 fanden sie ohne Probleme. "Ich stand vor dem Grab und hatte das Gefühl, dass sich ein Kreis schließt. Endlich war ich bei meinem Vater." Über drei Stunden habe sie am Grab verbracht.

Fortsetzung auf Seite 3