Über die "Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen" hat Professor Knuth eine beachtliche Studie vorgelegt. In Nürnberg präsentierte er seine Thesen.
Über die "Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen" hat Professor Matthias Knuth kürzlich eine beachtliche Studie vorgelegt. Auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung hat der 67-jährige Sozialwissenschaftler am Donnerstagabend in Nürnberg seine Thesen präsentiert. Im Gespräch mit inFranken.de erzählt der Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Sozialwissenschaftliche Arbeitsmarktforschung, warum Flüchtlinge in Deutschland bislang nur schwer einen Job bekommen und welche Anstrengungen die Politik unternehmen muss, damit sich dies langfristig ändert.
Frage: Herr Professor Knuth, hat sich der Fachkräftemangel in Deutschland dank der Flüchtlinge erledigt? Matthias Knuth: Nein, bisher in keiner Weise. Selbst wenn es gelingen würde, alle Flüchtlinge zu Fachkräfte zu machen, kann es noch lange nicht so weit sein.
Frage: Wie hoch ist der Anteil der Flüchtlinge, um die Sie sich keine Sorgen in puncto Arbeitsmarktintegration machen? Matthias Knuth: Überhaupt keine Sorgen, mache ich mir vielleicht über ein Prozent von den rund 500.000 Flüchtlingen, die aufgrund ihres Alters und ihrer Anerkennungschancen voraussichtlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden..
Frage: Warum haben es die meisten Flüchtlinge schwer, ohne staatliche Hilfe einen Fuß in den deutschen Arbeitsmarkt zu bekommen? Matthias Knuth: Weil 81 Prozent keinen Berufsabschluss haben. Einige sind zu jung, um einen Abschluss haben zu können. Andere mussten ihre Ausbildung aufgrund der Flucht abbrechen. Für die übergroße Mehrheit besteht Qualifizierungsbedarf.
Frage: Welche Summen muss Deutschland aufwenden, um diese Flüchtlinge für den deutschen Arbeitsmarkt fit zu machen? Matthias Knuth: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Das lässt sich ganz schwer abschätzen. Man muss ja auch sehen, dass sich das auch im Nachhinein kaum bilanzieren lassen wird. Etwa 35 Prozent der Flüchtlinge würden beispielsweise gerne einen Hochschulabschluss in Deutschland machen. Aber man wird das später überhaupt nicht ausrechnen können, welche Kosten diese Flüchtlinge beispielsweise an den Universitäten verursacht haben. Von daher wird eine Gesamtbilanz der Kosten für die Arbeitsmarktintegration der Flüchtlinge wohl niemals richtig aufgestellt werden können.
Frage: Zuletzt hat der Bund der Steuerzahler die Deutschkurse für Flüchtlinge als zu teuer und zu ineffizient kritisiert. Wie stellen wir sicher, dass die Kosten für die Arbeitsmarktintegration nicht buchstäblich in den Himmel wachsen?Matthias Knuth: Diese Kritik des Steuerzahlerbundes ist widersprüchlich. Denn die Effizienz der Deutschkurse leidet auch darunter, dass die Kursleiter unterbezahlt sind. Das heißt, wenn man es besser gemacht hätte, wäre es noch teurer geworden.
Frage: Die Quote der Selbstständigen ist bei Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland vergleichsweise hoch. Steht uns eine Gründerwelle der Flüchtlinge bevor? Und was würde das für den Rest der Gesellschaft und den Arbeitsmarkt bedeuten?Matthias Knuth: Wir wissen aus den Befragungen der Flüchtlinge, dass diejenigen mit Berufserfahrung zu 27 Prozent als Selbstständige in ihrem Herkunftsländern gearbeitet haben. Ich denke, es wäre gut, diese Erfahrung der Flüchtlinge hier bei uns zu nutzen. Ob sich am Ende tatsächlich ein Drittel der Flüchtlinge in Deutschland erfolgreich selbstständig machen werden, darüber kann ich jetzt noch keine Aussage treffen.
Frage: 13 Prozent der arbeitenden Bevölkerung waren im Jahr 2015 in Deutschland auf Helferniveau beschäftigt. Laut Ihren Erkenntnissen nimmt der Bedarf an diesen ungelernten Arbeitskräften in Zukunft allerdings weiter ab. Werden wir einen Verteilungskampf um diese Hilfsarbeiten zwischen "Deutschen" und Flüchtlingen erleben? Matthias Knuth: Nein. Denn ich denke, dass die Flüchtlinge anfangs noch nicht einmal auf Helferniveau in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Auch in diesen Jobs werden Deutschkenntnisse erwartet. Dieses Szenario, dass Sie beschreiben, könnten natürlich in einigen Jahren zur Realität werden. Deshalb ist es wichtig, dass man beim Thema Mindestlohn keine Ausnahme für Flüchtlinge macht und dass man so viele Flüchtlinge wie möglich, beruflich qualifiziert.
Frage: Was muss die Politik am schnellsten ändern, um Flüchtlinge langfristig besser in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren zu können? Matthias Knuth: Das ist natürlich schwierig. Das Haupthemmnis sind unsere Strukturen auf dem Arbeitsmarkt. Die wird man nicht ändern. Auch nicht wegen 1,2 Millionen Flüchtlingen. Aber es würde helfen, wenn die Behörden sich besser koordinieren würden, um beispielsweise ausländische Berufsabschlüsse schneller und einfacher anzuerkennen.
Frage: Sie haben Ihre Studie über die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung herausgebracht. Inwieweit sind die Vorstellungen des sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten, Martin Schulz, wie beispielsweise seine Pläne zur Entschärfung der HartzIV-Gesetze, ihrer Meinung nach Gift für die Integration von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt? Matthias Knuth: Warum sollte das Gift sein? Soweit ich das mitbekommen habe, hat Martin Schulz noch keine Vorschläge dazu gemacht. Er will das Arbeitslosengeld I unter bestimmten Voraussetzungen länger gewähren. Aber die Flüchtlinge haben ja zunächst sowieso keinen Anspruch auf das Arbeitslosengeld I.
InfoDie komplette Studie von Professor Matthias Knuth über die "Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen" hat die Friedrich-Ebert-Stiftung zum
kostenlosen Download im Internet veröffentlicht.
Das mußte ich zwei Mal lesen: weil die Deutschlehrer unterbezahlt werden, sind die Kurse ineffizient! !! Dafür wollen 35% aller Asylanten mit wenig Vorbildung eine Hochschulausbildung absolvieren. Wie paßt das zusammen?Es wird einen schlimmen Verteilungskampf in der "unteren" Schicht geben, wenn Arbeitsuchende mit und ohne "Helferniveau" um die die letzten verbliebenen Arbeitsplätze kämpfen. Leichter kanns den Arbeitgebern nicht gemacht werden! Und, oder Made in Germany wird zur Made aus Germany.