Die Welle schwappt von Nürnberg nach Tokio
Autor: Daniel Ruppert
Nürnberg, Mittwoch, 28. August 2019
Bei Olympia 2020 sind fünf Sportarten zum ersten Mal im Programm, darunter Surfen. Der Nürnberger Paul Flesch erklärt, warum der Sport zugleich faszinierend und unangenehm ist.
Welle und Ostasien? Da war doch was! Zum Jahreswechsel 2004/2005 verbannten die Radiosender hierzulande den Hit "Perfekte Welle" von der Band Juli aus Pietätsgründen vorübergehend aus dem Programm. Am zweiten Weihnachtsfeiertag 2004 hatte ein Erdbeben vor der Küste Indonesiens einen Tsunami ausgelöst, dem mehr als 200 000 Menschen zum Opfer fielen. Im März 2011 sorgte eine Erschütterung am Meeresgrund für eine Flutwelle und damit einhergehende Kernschmelze im japanischen Atomkraftwerk Fukushima.
Mehr Aufmerksamkeit für Surfen
Inzwischen läuft die "Perfekte Welle" längst wieder im Radio, die Menschen kehren nach und nach an die einst zerstörten bzw. radioaktiv verseuchten Orte zurück. Und das bisher negativ assoziierte Begriffspaar Welle und Japan könnte bald für erfreulichere Schlagzeilen sorgen: Surfen wurde in das olympische Programm für Tokio 2020 aufgenommen.
"Da ich nicht zu den besten Surfern Deutschlands gehöre, wirkt sich die Entscheidung auf mich nicht direkt aus. Weil diese Sportart allerdings meine Leidenschaft ist, freut es mich, dass ihr mehr Aufmerksamkeit zukommt und sie in einer Kategorie mit den klassischen Sportarten steht", sagt Paul Flesch aus Nürnberg.
Die Elite kommt nach Meinung des 33-Jährigen aus Hawaii, wo Surfen Nationalsport ist, sowie aus Brasilien, Australien und Frankreich. "Wir werden bei Olympia wohl im hinteren Mittelfeld landen. Es gibt nur eine Hand voll Deutscher, die vom Surfen leben kann. Das sind dann meist welche, die am Meer aufgewachsen sind", erklärt Flesch. Das einzige, das der Nürnberger mit seinem Hobby schon gewonnen hat, seien "Erfahrung und Freundschaften".
Obwohl er erst ein Jahr zuvor über Stand-Up-Paddling (SUP) zum Surfen gekommen war, hat er 2015 immerhin schon an einem Contest auf Sylt teilgenommen, wo die deutsche Wiege der Sportart liegt. "Ich bin aber im ersten Heat rausgeflogen", erzählt Flesch. Bei der deutschen SUP-Wave-Meisterschaft 2017 in Portugal sprang sogar Platz 7 heraus. Wenn der 33-Jährige seiner Leidenschaft nachgehen will, muss der Eigentümer einer Firma für Textildruck, Beschriftungen und Fahrzeugbeklebung allerdings Urlaub nehmen. "Ich bin meistens drei bis vier Mal im Jahr unterwegs. Überwiegend am Atlantik: auf den Kanaren, in Portugal oder Frankreich."
Große Abhängigkeit von der Natur
Die Zeit nimmt er sich gerne: "Das Faszinierendste und zugleich Unangenehmste am Surfen ist die Abhängigkeit von der Natur. Jeder Ort und jede Welle sind anders. Es ist für mich immer eine Herausforderung, die richtige Welle abzuwarten und zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Fleck bereit zu sein." Wenn es zu wenig Seegang gibt, packt Flesch seine "Foil"-Ausrüstung aus - ein Surfbrett, an dem ein Gestänge etwa einen Meter nach unten reicht und mit dem man auch bei kleineren Wellen übers Wasser schweben kann. "Es ist aber anstrengender und schwieriger."
Damit die Surfer ihr Sportgerät nicht an den Ozean verlieren, befestigen sie es mit einer Schnur am Fußgelenk. Ein - im wahrsten Sinne des Wortes - Brett vor dem Kopf verhindert diese Verbindung namens "Leash" zwar nicht, "bis auf eine Finne im Rücken und kleinere Prellungen ist mir aber noch nichts passiert", sagt Flesch.