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Spektakulärer Fund: Nürnberg mindestens 100 Jahre älter


Autor: Nikolas Pelke

Nürnberg, Donnerstag, 12. März 2015

Nürnberg ist mindestens 100 Jahre älter: Bei Bauarbeiten am Hauptmarkt sind Archäologen auf Überreste aus dem 9. Jahrhundert gestoßen. Die ersten Siedler sollen aus Oberfranken stammen.
Archäologin bei der Arbeit auf der IHKBaustelle am Hauptmarkt inNürnberg. Fotos: Nikolas Pelke


"Die ältesten bisher freigelegte Bauspuren datieren in das 9. Jahrhundert", freut sich Archäologe Jan Weinig und zeigt auf schwarze Mauern in der tiefen Baugrube. Derzeit ist der Archäologe in Nürnberg noch damit beschäftigt, Betonfundamente aus der Nachkriegszeit freizulegen. In tieferen Schichten des Erdreichs sei man aber bereits auf Hausfußböden, Keramikscherben und Tierknochen gestoßen, die aus der Zeit nach dem Tod Karls des Großen stammen würden, erklärt Weinig.

Auf dem Grundstück direkt am Hauptmarkt hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) ein Gebäude aus den 50er Jahren abgerissen, um an gleichen Stelle einen schönen Neubau zu errichten. Bereits im Vorfeld der geplanten Baumaßnahme hat der Stadtarchäologe John Zeitler vermutet, dass man im Boden des Baugrundstücks in der Waaggasse auf Zeugnisse aus der Vergangenheit stoßen würde.

Denn in den umliegenden Gassen waren früher schon Siedlungsreste aus dem 10. Jahrhundert entdeckt worden.

Weiter Funde möglich

Die neuen Funde seien nochmals um mindestens 100 Jahre älter, sagt Zeitler und verspricht: "Das Ende ist noch nicht erreicht!" Die Archäologen sind gespannt, was sie noch im Boden finden werden. Einen zusätzlichen Meter wolle man noch in die Tiefe graben. Weitere spektakuläre Funde seien durchaus möglich. "Das könnte nochmals eine Besiedlungszeit von mehreren Jahrzehnten, wenn nicht einem ganzen Jahrhundert entsprechen", vermutet der Stadtarchäologe.

Endgültige Klarheit erhofft man sich im Sommer. Dann sollen die letzten Schichten untersucht worden seien. "Dann werden auch mehr Informationen über die Größe der Häuser und die Tätigkeit ihrer Bewohner vorliegen."
Derzeit gehen die Fachleute davon aus, dass es sich bei den Funden um Grundrisse von Bauernhäusern handelt. Nürnberg war damals noch ein kleines Dorf. Zum "Zentrum des Reichs" sollte es erst Jahrhunderte später aufsteigen.

Allerdings führten bereits wichtige Verkehrswege an dieser Stelle über die Pegnitz. Wahrscheinlich seien die ersten Siedler aus Oberfranken gekommen, vermuten die Archäologen. Aus dem Rednitztal kommend siedelten die "ersten" Nürnberger genau hier, weil ein wichtiger Handelsweges von dort über die Pegnitz nach Sulzbach führte.

Erster Nürnberger war ein Kaufmann

Diesen Schluss legen zumindest die neu entdeckten Keramikfunde nahe. Die meisten Gefäße, die man im Boden am Hauptmarkt ausgegraben hat, seien in westslawischer Technik hergestellt worden. Auch die schlichten Verzierungen und das Dekor aus Wellenlinien deuten darauf hin. Denn solche Keramiken seien im 9. Jahrhundert in weiten Teilen Oberfrankens und der Oberpfalz weit verbreitet gewesen.

Die IHK hat angekündigt, die Fundstücke aus dem 9. Jahrhundert in dem geplanten Neubau präsentieren zu wollen. "Wir sind stolz auf solche Funde von historischem Ausmaß", sagte IHK-Geschäftsführer Markus Lötsch und fügte im Hinblick auf den Fundort hinzu: "Für uns steht fest: Der erste Nürnberger muss ein Kaufmann gewesen sein!" Einen Nachteil hätten die spektakuläre Grabungsergebnisse allerdings. Der geplante Baubeginn wird sich gründlich verzögern.