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S-Bahn-Unglück in Feucht nachgestellt - neue Erkenntnisse


Autor: Dagmar Besand

Feucht, Dienstag, 10. Februar 2015

Neue Erkenntnisse zum Hergang des tödlichen S-Bahn-Unfalls in Feucht hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth bei einem Ortstermin gewonnen: Das Opfer hat seine Hand erst in letzter Sekunde in den sich schließenden Türspalt gehalten. Ein technischer Defekt an der Tür ist ausgeschlossen.
Das tragische S-Bahn-Unglück in Feucht wurde bei einem Ortstermin der Staatsanwaltschaft mit einem Zeugen rekonstruiert. Foto: Archiv/News5/Schwan


Bei der Rekonstruktion des Vorfalls am 5. Februar wurde die Zusammenhänge bis ins Detail nachgestellt, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, Antje Gabriels-Gorsolke. Die dabei gewonnen Erkenntnisse zu dem Unglück, das sich am Abend des 1. Februar ereignet hat, wurden inzwischen ausgewertet.

Eine große Hilfe für die Einschätzung des Geschehens ist ein Zeuge, der sich unmittelbar nach dem Unglück bei der Polizei gemeldet und das Geschehen aus nächster Nähe miterlebt hat. Seiner Beschreibung nach war er selbst bereits unterwegs zum Ausgang, als der 46-Jährige kurz vor 20 Uhr die Treppe zum Bahnsteig hochrannte und rief, man solle den Zug bitte aufhalten, damit er noch mitfahren könne.

Der Zeuge kehrte daraufhin um und blockierte mit seinem Fuß die Tür, die sich bereits schloss. Erst als die Zugtür seinen Fuß bereits berührte und nach außen drückte, schob der 46-Jährige seine Hand noch senkrecht dazwischen. Er wurde eingeklemmt, konnte sich nicht mehr befreien und geriet unter die anfahrende S-Bahn.

Der hilfsbereite Zeuge konnte dies nicht verhindern. Kurz darauf starb der 46-Jährige an seinen schweren Verletzungen.

Die Begutachtung des Zuges habe ergeben, dass sich die Tür bei Hindernissen, die schmäler als drei Zentimeter sind, automatisch schließt, sagt Gabriels-Gorsolke. "Das ist bei Zügen dieser Baureihe grundsätzlich so. Einen technischen Defekt am Zug oder an der Tür können wir definitiv ausschließen." Hätte der Mann seine Hand waagerecht in die Tür gehalten, hätte sie sich vermutlich nicht geschlossen.

Dass der Mann seine Hand tatsächlich in letzter Sekunde in den sich schließenden Türspalt gesteckt hat, sei erst aufgrund der detaillierten Schilderung des Zeugen vor Ort klar geworden, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. "Das ist die zentrale Erkenntnis dieses Abends."

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth prüft nun, ob es sich bei dem Vorfall um ein tragisches Unglück handelt oder ob jemandem ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann.

Die entsprechenden Ermittlungen werden noch eine Weile andauern, sagt Antje Gabriels-Gorsolke. Spiegel, mit deren Hilfe der Lokführer den Bahnsteig und das Ein- und Aussteigen der Fahrgäste beobachten kann, gibt es am Bahnhof Feucht nicht. Diese sind allerdings auch keine Pflicht.

Deshalb werden nun genauestens die bahninternen Vorschriften geprüft, ob beispielsweise der Zugführer verpflichtet ist, sich vor dem Anfahren aus dem Fenster zu lehnen, um zu kontrollieren, ob am Bahnsteig alles in Ordnung ist.