Premiere für deutsche Politik: Abgeordneter Markus Ganserer aus Nürnberg outet sich als Transgender
Autor: Nikolas Pelke
Nürnberg, Freitag, 30. November 2018
Frauenkleider statt Vollbart: Der grüne Landtagsabgeordnete Markus Ganserer aus Nürnberg macht als Tessa jetzt auch Politik. Für seine Kollegen kam sein Transgender-Coming-Out völlig überraschend.
Noch hat Markus Ganserer seinen Twitter-Account nicht geändert. Noch tritt der grüne Landtagsabgeordnete dort mit Themen auf, die den 41-jährigen Förster aus Nürnberg politisch bekannt gemacht haben: Mobilität und Verkehrspolitik, Wald und Forstpolitik.
Schon bald dürfte Ganserer seinen Profilauftritt bei dem Kurznachrichtendienst ergänzen. Nach seinem Coming-out als Transgender-Person, das Ganserer per Münchner Zeitung inklusive Foto im Mini-Rock vor der imposanten Kulisse der Kaiserburg medienwirksam Anfang November als erster Politiker in Deutschland überhaupt publik machte, hat sich viel getan.
Ganserer ist mittlerweile von seiner Fraktion im Bayerischen Landtag zum queerpolitischen Sprecher ernannt worden. Seitdem tritt Markus Ganserer auch als Tessa Ganserer auf. Mit blonder Perücke und hochhackigen Frauenstiefeln wie kürzlich in der Hauptstadt vor dem Reichstag, als Markus alias Tessa unter der Überschrift "Gleiches Recht für jedes Geschlecht" gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur "Dritten Option" im Personenstandsgesetz ein buntes Protestplakat in den Berliner Winterhimmel gehalten hat.
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"Mit diesem Gesetzentwurf von CSU-Minister Seehofer werden Menschen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen können, weiterhin diskriminiert", kritisierte Ganserer in Frauenklamotten. Über die eigene Geschlechtsidentität könne nur jeder Mensch für sich selbst verlässlich Auskunft geben, sagte Ganserer und hatte dabei wohl im Hinterkopf, was er selbst bei seinem Coming-out der "Süddeutschen Zeitung" zu Protokoll gegeben hatte: Demnach wechselt Ganserer zwischen zwei Geschlechtern. Mal sei er Mann, mal sei er Frau. Mal will er mit Markus, mal mit Tessa angesprochen werden. Mit und ohne Perücke fühle er sich gleichermaßen wohl. Homosexualität ist demnach wohl nicht automatisch mit von der Partie. Der 41-jährige Ganserer ist verheiratet und hat zwei Kinder. Entscheiden zwischen Männlein und Weiblein will er sich trotzdem nicht müssen.
Markus Ganserer vor dem Berliner Reichstag
Deswegen steht Ganserer nun in den hochhackigen Damenstiefeln und der blonden Perücke in Berlin mit dem Plakat vor dem Reichstag. Es sei an der Zeit, das breite Spektrum der Lebensweisen gesellschaftlich und politisch anzuerkennen und allen Menschen ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Ganserer will, dass sich jeder Mensch frei für sein Geschlecht entscheiden kann. Im Oktober 2017 hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das derzeit gültige Personenstandsgesetz die Grundrechte verletzt, da es Menschen "dazu zwingt, das Geschlecht zu registrieren, aber keinen anderen positiven Geschlechtseintrag als weiblich oder männlich zulässt".