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Planetarium in Nürnberg: "Wir sind ein Theater der Sterne"


Autor: Nikolas Pelke

Nürnberg, Donnerstag, 02. März 2017

Kein Kino, keine Oper: Im Planetarium in Nürnberg laufen die Dinge ein bisschen anders. Himmlisch würde Klaus Herzig, der Chef des Sternentheaters, sagen.
Die Kuppel im Planetarium in Nürnberg Foto: Sonja Fischer


Klaus Herzig ist weder Kinomogul noch Opernchef. Um seinen Job beneiden dürften den 54-jährigen Wahl-Nürnberger trotzdem viele. "Ich bin sozusagen Intendant dieses wunderschönen Sternentheaters", sagt der promovierte Astronom und öffnet die Tür zum Planetarium am Plärrer in Nürnberg.

"Wir sind kein Museum, weil wir keine Ausstellungsstücke haben. Wir sind auch kein Kino, weil wir nicht einfach nur Filme abspielen. Wir sind ein Theater der Sterne", sagt Herzig und läuft gutgelaunt durch das Foyer des 1961 mit seiner 18 Meter großen Kuppel eröffneten Hauses zur Huldigung des Sternenhimmels. "Wir haben meiner Meinung nach in Nürnberg das schönste Planetarium, das es in Deutschland gibt", sagt Herzig, während im Hintergrund hunderte Schulkinder für die Vormittagsvorstellungen in das erste und einzige Großplanetarium im Freistaat hereinströmen. "Wir sehen uns eher als Bildungs- und weniger als Freizeiteinrichtung", sagt Herzig. Im Planetarium gibt es zwar ein Sternencafé. Getränke und Snacks dürfen aber nicht in den Kuppelsaal mitgenommen werden. "Getränke oder gar Popcorn gibt es im Theater ja auch nicht. Mein Job hat schon etwas was von einem Theaterintendanten", philosophiert Herzig, während derweil die Kinder mit aller Macht in den großen Kuppelsaal strömen.

"Das macht schon was her", findet der Chef des Sternentheaters und zeigt auf die Sitzreihen, die wie in einem antiken Amphitheater sanft nach oben hin ansteigen. "Das ist unser wunderbarer Projektor von der Firma Zeiss", erklärt Herzig und zeigt auf ein Gerät, dass ein bisschen an die internationale Raumstation "ISS" erinnert. 40 Jahre habe der Projektor bereits auf dem Buckel. Funktionieren tue das Schmuckstück immer noch ganz formidabel, betont Herzig, der seit acht Jahren das Planetarium am Plärrer in Nürnberg leitet. "Wir haben zusätzlich digitale Projektoren. So können wir die ganzen 360 Grad der Kuppel mit Bewegtbildern bespielen", freut sich Herzig.


Besucher wirken "entrückt und abgehoben"

Die kleinen Zuschauer sitzen bequem in ihren Sitzen und lassen das Sternentheater auf sich wirken. "Die Kindern haben immer leuchtende Augen, die vom Staunen ganz groß sind", erklärt Herzig flüsternd. Die erwachsenen Besucher würden eher entrückt, fast abgehoben wirken. "So als ob sie jemand aus dem Alltag herausgehoben hat", erzählt Herzig und erklärt, dass er als Chef des Sternentheaters genau diese Reaktionen beim Publikum hervor kitzeln wolle. "Die Zuschauer sollen eintauchen und sich so fühlen, als würden sie in einer Raumschiffkapsel durch das Weltall fliegen", sagt Herzig und hört seinen Worten noch eine Sternschnuppenlänge hinterher, während sich die Sterne über den Köpfen der Kinder die Klinke in die Hand geben.

Beim leisen Verlassen der Vormittagsvorstellung erzählt Herzig, dass er eigentlich den schönsten Job der Welt habe. "Die Leute haben ein riesiges Interesse an der Astronomie." Vielleicht liege es daran, dass die Menschen den Sternenhimmel in jeder Nacht vor Augen hätten, überlegt Herzig. "Der Mensch hat ein Grundinteresse am Universum." Das sei schon zu allen Zeiten so gewesen. Dieses große Interesse des Publikums mache seinen Job viel einfacher und auch so schön, sagt Herzig und steuert zielgerichtet seine Kommandobrücke im Planetarium an.


Bald gibt es Menschen auf dem Mars

An den Wänden zeugen Sternenbilder von der Existenz und den Weiten des Universums. Herzigs Lieblingsplanet ist übrigens ein roter Nachbar der Erde. "Der Mars ist schon weit erforscht und hat trotzdem noch viele Geheimnisse", sagt Herzig. "In ein paar Jahrzehnten werde Menschen auf dem Mars herumlaufen", ist sich Herzig sicher. "Das fände ich schon reizvoll - von dort oben die Erde als einen kleinen Lichtpunkt zu sehen", antwortet Herzig auf die Frage, ob er sich ein Flugticket zum Mars kaufen würde. "In unserem Planetarium kann man natürlich schon heute auf den Mars fliegen", freut sich Herzig und erzählt, dass er als Chef des Sternentheaters die meiste Zeit am Schreibtisch an Vorträgen bastelt oder neue Shows für die Sternenkuppel konzipiert. Ein bis zwei neue Filme kauft Herzig pro Jahr ein. Gemeinsam mit dem bekannten Staatstheater-Schauspieler aus Nürnberg, Marco Steeger, werden eigene kurze Sternenshows produziert. "Wir machen auch Live-Vorführungen, wo die Erklärungen zum Sternenhimmel nicht vom Band kommen, sondern wie von einem ,Raumschiffkapitän` live moderiert werden", erzählt Herzig.
Der Vortrag über den "Sternenhimmel für Kinder" liegt schon fertig auf seinem Schreibtisch. "So sieht also der Sternenhimmel heute Abend zwei Stunden nach Sonnenuntergang aus. Natürlich nur, wenn es keine Wolken gibt. Das sind eine ganze Menge Lichtpunkte. Wie soll man diese vielen Sterne nur auseinanderhalten? Diese Fragen haben sich schon unsere Vorfahren gestellt und die hellsten Sterne mit Linien verbunden, so dass sich Figuren ergaben. Zu den meisten dieser Figuren gibt es auch Geschichten." Man kann sich vorstellen, wie die Kinder dem Chef des Sternentheaters bei diesen spannenden Geschichten an den Lippen hängen werden.

Stundenlang kann Herzig kluge Antworten geben und spannende Fragen stellen, über den Himmel und das Universum und wohin wir hinwollen. "Das schöne ist, dass man die Astronomie auf so vielen Ebenen erklären kann. Man kann das genauso spannend erzählen für Kinder wie für Erwachsene", ist sich Herzig sicher und betont, dass sich das Planetarium für alle Naturwissenschaften verantwortlich fühlt. Neben den Sternenshows veranstaltet Herzig regelmäßige Vorträge, beispielsweise über die Schönheit der Mathematik. "Wir machen auch Live-Konzerte mit Künstlern", sagt Herzig und strahlt. Dann schaut der Planetariumsleiter auf die Uhr. Die irdische Zeit rennt davon. Die nächsten Zuschauer stehen schon vor der Tür des Planetariums und wollen sich vom Sternenhimmel "wegbeamen" lassen.


Projektor Am 12. Februar 1925 wurde der Kaufvertrag für den ersten Planetariumprojektor in Nürnberg unterschrieben. Der Projektor Zeiss in der 23-Meter-Kuppel des ersten Planetariums, dessen feierliche Eröffnung am 10. April 1927 stattfand, aufgestellt. Der Projektor überstand den Krieg auseinandergebaut im Kunstbunker unter der Kaiserburg.

NS-Geschichte Gebaut wurde ein Planetarium in Nürnberg bereits vor dem Krieg. Aufgrund der angeblichen Ähnlichkeit zwischen der Kuppel und einer Synagoge ließen die Nationalsozialisten dieses erste Sternentheater am Rathenauplatz abreißen.

Neuanfang Im Jahre 1961 wurde der Projektor in den Zeiss-Werken renoviert und zu einem Modell III erweitert. Am 11. Dezember 1961 erfolgte die Wiedereröffnung im neuen Kuppelsaal, nun am Plärrer gelegen. Anlässlich des 500. Todestages von Nicolaus Copernicus wurde das Planetarium 1973 in Nicolaus-Copernicus-Planetarium Nürnberg umbenannt. Im Jahre 1977 wurde das Modell III durch ein Zeiss Modell V ersetzt, das sich auch heute noch in Betrieb befindet. Das Gebäude wurde 2000 renoviert. Im Jahre 2010 folgte die Ausstattung mit einem digitalen Projektionssystem Definiti 4K System der Firma Sky-Skan.

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