Ärger um geschlossene Post-Filialen - "Querdenker"-Vorwurf gegen Betreiber

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Am Mittwoch (01. Dezember 2021) war unter anderem die Post-Filiale in Röthenbach geschlossen - weil der Betreiber gegen die "Spaltung" durch Corona protestieren wollte.
Nürnberger Land: Ärger um geschlossene Postfilialen - "Querdenker"-Vorwurf gegen Betreiber
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Betreiber Marcel Streckel hat seine zwei Post-Filialen im Nürnberger Land am Mittwoch, 01. Dezember 2021, nicht geöffnet - um nach eigenen Aussagen gegen die "Spaltung der Gesellschaft" zu protestieren. Nun hagelt es Vorwürfe.

  • Schwaig/Röthenbach: Betreiber lässt Post-Filialen am Mittwoch, 01. Dezember 2021, zu
  • "Warnstreik gegen Zwang und Spaltung": Kundschaft vor verschlossener Tür
  • "Kann nicht sein": Schwaiger Bürgermeister verärgert über Schließung
  • Kunden "ermutigt, keine Maske zu tragen"? Betreiber äußert sich zu Querdenker-Vorwurf

In Schwaig und Röthenbach (Nürnberger Land) hatten am gestrigen Mittwoch, 01. Dezember 2021, die beiden Filialen der "Beutekiste", die auch Post-Dienstleistungen übernehmen, geschlossen. An den Eingangstüren hing ein Zettel mit der Aufschrift "Warnstreik gegen Zwang und Spaltung". Auch diverse "Querdenken"-Gruppierungen hatten am Mittwoch zu einem "Generalstreik" aufgerufen. Ein ehemaliger Kunde wirft dem "Beutekiste"-Betreiber vor, schon seit Längerem Teil dieser Szene zu sein. Im Schwaiger und Röthenbacher Rathaus ist man währenddessen über die Aktion verärgert. Bei inFranken.de äußert sich nun unter anderem der Betreiber zu den Vorwürfen. 

"Kann nicht sein": Bürgermeister in Schwaig über Schließung der Post-Filiale verärgert

"Ich war gestern bei der Post-Filiale vor Ort und habe dort das Schild gesehen. Im Anschluss habe ich bei der Post-Zentrale bei unserem kommunalen Ansprechpartner angerufen  und angefragt, ob die Schließung dort bekannt ist", erzählt der Schwaiger Bürgermeister Thomas Wittmann (FWG) inFranken.de. Dort habe man aber nichts von der Schließung gewusst, so Wittmann weiter. Ihm sei es "wichtig, dass den Schwaiger Bürgern und Bürgerinnen Postdienstleistungen zur Verfügung gestellt werden. Es kann nicht sein, dass man einen "Warnstreik" durchführt, um für eigene politische Meinungen Aufmerksamkeit zu erhalten."

Schließlich "waren und sind alle der Grundversorgung dienenden Geschäfte in Schwaig während der Pandemie für die Bevölkerung geöffnet." Zu möglichen Verstößen gegen Corona-Regeln in der Filiale sei ihm persönlich nichts bekannt, sagt Wittmann. "Wenn die Gemeindeverwaltung von möglichen Verstößen gegen die Corona-Regeln erfährt, nehmen wir das sehr ernst und geben das an die zuständigen Stellen zur Weiterverfolgung weiter." Der Röthenbacher Bürgermeister Klaus Hacker (FW) zeigt sich verärgert. "Solche Aktionen spalten die Gesellschaft noch mehr", findet der Politiker.

"Dadurch bewirke ich genau das Gegenteil von dem, was ich offenbar erreichen will", so Hacker. Die Post diene der Grundversorgung, auch wenn es in Röthenbach noch zwei weitere Läden mit entsprechenden Dienstleistungen gebe. Im Zusammenhang mit der Schließung habe er auch erfahren, dass in der Röthenbacher Filiale "das Maskentragen anscheinend etwas vernachlässigt wurde". Hacker nennt dies "grob fahrlässig". Er könne sich vorstellen, dass die Post sich "überlege zu sagen, mit dem Betreiber arbeite ich vielleicht nicht mehr zusammen". Das sei aber Sache des Unternehmens. 

"Hütchen" statt Maske? Ex-Kunde erhebt schwere Vorwürfe gegen Betreiber

Ein laut eigenen Angaben ehemaliger Kunde der Schwaiger Filiale, der seinen Namen nicht öffentlich nennen möchte, erhebt weitere Vorwürfe gegen den Betreiber der "Beutekiste", Marcel Streckel. "Im letzten Lockdown kam ich eines Tages in die Filiale und er hatte ein schwarzes Faschingshütchen auf und mir erzählt, dass ihn Markus Söder angerufen und gesagt hätte, er soll ein Hütchen tragen und keine Maske. Dann hat er gesagt, das mit den Masken sei alles Quatsch und auch seine Kunden ermutigt, die Maske abzunehmen", so die Darstellung des Ex-Kunden. 

Nach einer privaten Diskussion auf Facebook sei die "befreundete Querdenker-Szene des Herrn dort auf mich losgegangen", so der Mann weiter. Er habe seine Erfahrungen im Laden auch unter anderem der Polizei gemeldet, doch dort sei "nichts passiert". Die Polizeiinspektion in Lauf an der Pegnitz will sich nicht zu möglichen Verstößen gegen Infektionsschutzmaßnahmen in den Filialen äußern. "Das wäre zu spezifisch und personenbezogen", so ein Sprecher. Vom Landratsamt in Lauf heißt es, bezüglich der Einhaltung der Corona-Regeln sei nach "Belehrungen und Besuchen der Polizei" in der Schwaiger Filiale ein Bußgeld verhängt worden, derzeit laufe ein weiteres Verfahren. Konkrete Inhalte will man aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht nennen. 

Streckel selbst bestreitet die Vorwürfe des Ex-Kunden heftig. "Das ist niemals vorgekommen und das habe ich auch der Post so kommuniziert", sagt der Filial-Betreiber im Gespräch mit inFranken.de. "Das mit dem Hütchen war ein Halloween-Gag aus der Zeit vor den Corona-Maßnahmen, der bei den Kunden so gut angekommen ist, dass ich ihn auch übers Jahr weiter gemacht habe", so Streckel. Mit Corona habe dies "nichts zu tun" gehabt. Auch sein "Streik" sei nicht auf "eine politische Positionierung" zurückzuführen. "Die wollte ich damit nicht kundtun. Dahinter hat die Spaltung der Gesellschaft gesteckt. Die Leute wurden immer frustrierter und aggressiver, es wurde um verschiedene Themen gestritten, um Maske, Abstand, Impfung, aber auch um Alltagsdinge wie Parken."

"Sollten sich beruhigen": Betreiber sieht "Warnstreik" nicht als politisches Statement 

Streckel sagt, auf diese Weise "ließ sich nicht mehr arbeiten". Die "Leute sollten sehen, wie es ist, wenn auf einmal zu ist und sich beruhigen", erklärt der Post-Filialenbetreiber. "Ich will meine Kunden aber natürlich nicht verärgern, heute ist wieder offen und es ist schon viel ruhiger geworden", berichtet er. Er achte auf die Einhaltung der Corona-Maßnahmen, "ich habe in  Spuckschutzwände und sämtliche Maßnahmen investiert, vieles auch ohne Geld von der Post". 

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Dass er auf der Laden-Website unter anderem das Buch "Corona-Fehlalarm?" des Maßnahmen-Gegners Sucharit Bhakdi bewirbt, sieht er nicht als politische Positionierung. "Ich bin Postdienstleister und behandle alle Kunden gleich. Mit persönlichen politischen Meinungen halte ich mich zurück", erklärt Streckel. Auch die Auswahl des Tags seines Streiks habe nichts mit dem Aufruf aus der "Querdenken"-Anhängerschaft zu tun. "Der Tag hat einfach gepasst", sagt der Betreiber. 

Er könne sich aber vorstellen, dass seine Schließung Konsequenzen von der Deutschen Post nach sich zieht, so Streckel weiter. "Ich warte auf Rückmeldung und hoffe, dass die Zusammenarbeit weiter so gut läuft wie in den letzten Jahren." 

Deutsche Post wusste von Vorwürfen gegen Betreiber  und entschuldigt sich 

Die Deutsche Post schreibt auf Anfrage, man habe bereits nach den Vorwürfen im vergangenen Herbst ein "klärendes Gespräch mit unserem Partner geführt". Zu internen Gesprächen wolle man sich jedoch "öffentlich nicht äußern". Man bitte "für die gestrige Schließung der Filialen um Entschuldigung", so das Unternehmen weiter. "Für uns bei der Deutsche Post DHL hat es oberste Priorität, die postalische Versorgung der Menschen in Deutschland sicherzustellen."

"Für uns hat die Einhaltung der geltenden Corona-Verordnungen oberste Priorität", schreibt die Deutsche Post. Die Geschäfte seien "gesetzlich dazu verpflichtet, sich an die in ihrem Bundesland geltenden Covid-19 Regeln zu halten", heißt es. Für die Einhaltung dieser müssten diese "als eigenständige Unternehmer selbst Sorge tragen".

Konkreter wird das Unternehmen jedoch nicht - auch nicht, was die Zusammenarbeit mit Filialbetreibenden angeht, die aus eigenen Motiven schließen. "Wir bitten allerdings um Verständnis, dass wir uns zu internen Absprachen mit unseren Vertragspartnern nicht öffentlich äußern", so der Konzern. 

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