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Nürnberger Jugendamt schlägt Alarm: Rund 25 Kinder brauchen dringend Pflegefamilien


Autor: Ralf Welz

Nürnberg, Mittwoch, 17. Juni 2020

Das Nürnberger Jugendamt sucht händeringend nach Pflegefamilien. In solchen kommen vor allem Kinder unter, die nicht bei ihrer leiblichen Familie aufwachsen können. Die Corona-Pandemie hat die ohnehin schon angespannte Lage zusätzlich verschärft.
Das Nürnberger Jugendamt sucht händeringend nach Pflegefamilien. Diese sollen Kinder aufnehmen, die nicht bei ihren leiblichen Eltern bleiben können. Symbolfoto: ia_64/Adobe Stock


Das Nürnberger Jugendamt sucht händeringend nach Pflegefamilien, die Kinder aufnehmen, die nicht bei ihrer leiblichen Familie bleiben können. Die Corona-Krise hat die ohnehin schon prekäre Situation zuzüglich verschärft. Seit der Pandemie verbringen Familien viel Zeit zu Hause, oft auf engstem Raum. Gerade in instabilen Familien sind Konflikte hierbei programmiert. Bisweilen kommt es auch zu körperlicher oder seelischer Gewalt. Die großen Verlierer sind hierbei stets die Kleinsten innerhalb der Familie: die Kinder.

"Das ist jetzt der Schub nach Corona", bestätigt Christine Hofmann von der Fachstelle Vollzeitpflege im Nürnberger Jugendamt im Gespräch mit inFranken.de. Sie und ihre Kollegen suchen deshalb unter Hochdruck Pflegeeltern, die sich der Aufgabe stellen wollen, Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen bei sich aufzunehmen, sie zu versorgen und zu erziehen. Die Warteliste der Fachstelle Vollzeitpflege umfasst aktuell rund 25 Kinder, die ein neues Zuhause benötigen - entweder vorübergehend oder sogar auf Dauer.

"Das bedeutet, dass wir Kinder innerhalb weniger Stunden aus einer Notsituation herausholen"

Pflegekinder können Babys, Kleinkinder, Schüler oder Jugendliche sein, die zeitweilig - oder auch dauerhaft - nicht bei ihren Eltern leben können. Sie stammen in der Regel aus Familien, die häufig durch Krisen oder Probleme belastet sind. Ihre Eltern sind vielfach alkoholkrank oder drogenabhängig. Gerade Heranwachsende aus solchen Milieus brauchen Menschen, die sich zuverlässig und liebevoll um sie kümmern und sie in ihrer Entwicklung unterstützen. Nicht selten müssen die betroffenen Mädchen und Jungen dabei von jetzt auf gleich aus ihren leiblichen Familien genommen werden - um sie beispielsweise vor einer akuten Gefahr zu bewahren. 

"Das bedeutet, dass wir Kinder wirklich innerhalb weniger Stunden aus einer Notsituation herausholen", erklärt Hofmann. "Anschließend prüfen wir, ob eine dauerhafte Unterbringung in einer Pflegefamilie nötig ist. Ist dies der Fall, suchen wir nach Familien, in denen diese Kinder dauerhaft unterkommen können." Fatal ist hierbei allerdings, dass sämtliche Bereitschaftspflegeplätze seit Monaten belegt sind. Ungefähr 25 Kinder - größtenteils Jungen im Alter zwischen null und sechs Jahren - warten derzeit in Nürnberg auf eine Pflegefamilie.

Zwar gibt es in etwa ebenso viele Interessenten - also Eltern, die bereit sind, ein Pflegekind bei sich aufzunehmen -, ein Missverhältnis besteht aber dennoch. Der Grund: "Natürlich kann nicht jedes Kind in jede Pflegefamilie", erklärt Hofmann. "Manche Eltern wollen beispielsweise nur ein Mädchen zu sich holen." Wieder andere wollen lediglich ein einziges Kind betreuen - manchmal handelt es sich bei den Pflegekindern aber um Geschwister, die nicht voneinander getrennt werden sollen. Darüber hinaus ist auch nicht jedes Elternpaar als Gastfamilie für bedürftige Kinder geeignet. 

Kinder suchen liebevolles Zuhause: Das sollten Pflegefamilien mitbringen

Laut Jugendamt sollen potenzielle Pflegefamilien gewisse Anforderungen und Eigenschaften mitbringen. "Wenn Sie Freude am Zusammenleben mit Kindern und Jugendlichen haben, geschickt im Umgang mit anderen Menschen und positiv eingestellt sind, dann sind bereits wichtige Grundvoraussetzungen erfüllt", heißt es auf der Website der Fachstelle Vollzeitpflege. "Unsere Hoffnung ist sehr groß, dass man mit Liebe und Förderung bei den Kindern viel erreicht", gibt sich Hofmann optimistisch.

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Pflegeeltern sollten außerdem:

  • sich vorstellen können, Kinder für eine bestimmte Zeit oder auf Dauer bei sich aufzunehmen
  • genügend Zeit, Geduld und Einfühlungsvermögen in die Bedürfnisse von Kindern haben
  • Verständnis für andere Lebensumstände aufbringen
  • bereit sein zur Zusammenarbeit mit den Eltern des Kindes und mit dem Jugendamt sowie anderen sozialen Diensten
  • sich nicht leicht aus der Ruhe bringen lassen
  • in stabilen und gesicherten familiären und finanziellen Verhältnissen leben
  • über ausreichend Wohnraum verfügen

Für Menschen, Familien und Paare, die sich für das Thema Vollzeitpflege interessieren, veranstaltet das Jugendamt Nürnberg an den beiden Donnerstagen 25. Juni und 16. Juli jeweils von 19 bis 21 Uhr einen Informationsabend. Im Mittelpunkt stehen hierbei neben den rechtlichen Grundlagen vor allem die Bedürfnisse eines Pflegekinds. Eine Anmeldung ist aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl erforderlich.

Weitere Informationen und Auskünfte erteilt die Fachstelle Vollzeitpflege des Nürnberger Jugendamts:

  • Telefon: 0911/2314100
  • E-Mail: pflege-adoption@stadt.nuernberg.de