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Nürnberger Bürgermeister Christian Vogel über den Frankenschnellweg und seine Zukunft


Autor: Nikolas Pelke

Nürnberg, Mittwoch, 31. August 2016

Christian Vogel, zweiter Bürgermeister von Nürnberg, hat viele Baustellen. Im Interview erklärt er, wie er den Streit um den Frankenschnellweg lösen will.
Christian Vogel Foto: Nikolas Pelke


Christian Vogel (SPD) ist seit zwei Jahren 2. Bürgermeister in Nürnberg und hinter Oberbürgermeister Ulrich Maly (ebenfalls SPD) der zweitmächtigste Mann im Rathaus.

Vom Stadtrat zum Bürgermeister - der gelernte Kaufmann hat eine politische Bilderbuchkarriere in seiner Heimatstadt hingelegt. Allerdings hat Vogel viele offenen Baustellen in der Stadt. Man könnte meinen, der 46-Jährige eifert ein wenig dem großen Genossen Sigmar Gabriel nach und präsentiert sich dabei volksnah, aber politisch glücklos. Der Streit um den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs mit dem Bund Naturschutz schwelt weiter, die leckenden Becken der Delphinlagune im Tiergarten sind nicht repariert und ein Namenssponsor für das Stadion noch immer nicht gefunden.



Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt Vogel, warum er mit Oberbürgermeister Maly in den letzten zwei Jahren nicht immer einer Meinung gewesen ist und wie er den größten Brocken - den Streit um den Frankenschnellweg - rasch aus dem Weg räumen will.

Herr Vogel, Sie sind jetzt seit zwei Jahren Bürgermeister in Nürnberg und Stellvertreter von Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD). Wie sehr haben Sie sich heuer auf den Urlaub gefreut?
Christian Vogel: Es war schon so, dass ich ein bisschen urlaubsreif gewesen bin. Zum ersten Mal habe ich gehofft, dass der Urlaub ganz schnell kommt. In diesem Jahr sind einfach viele Dinge gelaufen. Umso erholter fühle ich mich nach dem Urlaub. Aber ich habe mich heuer wirklich besonders auf die freie Zeit gefreut.

Haben Sie die Fülle an Aufgaben und das Maß an Kraftanstrengung, dass man in diesem Amt braucht, unterschätzt als Sie im März 2014 ins Amt gekommen sind?
Christian Vogel: Ganz eindeutig ja. Ich habe nicht erwartet, dass diese Terminflut auf mich zukommt. Auch die Aufgabenvielfalt - vom städtischen Tiergarten über die Straßenreinigung bis zu den Schwimmbädern - ist enorm. Gleichzeitig habe ich immer gesagt, dass ich ein Ansprechpartner für die Bürger sein will. Und die Bürger nehmen dieses Angebot auch wirklich wahr. Persönlich und über die sozialen Medien im Internet erreichen mich täglich viele Anfragen. Diese Fülle und Vielfalt an Aufgaben ist manchmal schon anstrengend.

Hätten Sie sich in den letzten zwei Jahren gelegentlich mehr Unterstützung in der Öffentlichkeit und mehr Rückendeckung bei schwierigen Fragen von Oberbürgermeister Maly gewünscht?
Christian Vogel: Wir haben ein ausgesprochen offenes und kooperatives Verhältnis. Wir sind uns nicht immer einig. Das muss aber auch nicht sein. Aber wir sind wirklich ein gutes Team, weil wir uns gut ergänzen. Die zu Beginn meiner Amtszeit erhoffte Unterstützung habe ich von ihm stets bekommen. Er interessiert sich für meine, ich interessiere mich für seine Meinung. Da kann es schon einmal vorkommen, dass wir auch unterschiedliche Meinungen haben. Aber das schadet der gemeinsamen Sache letztendlich nicht.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, wo Sie und Maly bei einer wichtigen Entscheidung unterschiedlicher Meinung gewesen sind?

Christian Vogel: Das kann man jetzt nicht an einem Beispiel festmachen. Manchmal haben wir schlicht eine unterschiedliche Bewertung oder eine andere Vorgehensweise. Ich plädiere zum Beispiel immer für viel Öffentlichkeitsarbeit und sage, wir müssen die Bürger umfassend und auch vorab informieren. Er sagt für sich zum Beispiel, dass ,Facebook` für ihn ein ,No-Go` ist. Wir liegen also nicht bei Sachfragen über Kreuz.

Stichwort Großprojekte: Hier haben Sie einen großen Berg ungelöster Aufgaben vor sich. Der größte Brocken ist sicherlich der kreuzungsfreie Ausbau des Frankenschnellwegs. Wie schnell brauchen Sie hier einen Durchbruch, damit die Bauarbeiten zumindest bis zu den Neuwahlen in vier Jahren endlich beginnen können?
Christian Vogel: Mit dem kreuzungsfreien Ausbau könnten wir morgen loslegen. Das heißt, die Stadt ist handlungsbereit. Leider sind wir auf Gedeih und Verderb auf die Entscheidung anderer angewiesen. Ich glaube, dass wir alles getan haben, um ein vernünftiges Projekt auf die Beine zu stellen. Aber der Bund Naturschutz sagt leider aus ideologischen Gründen grundsätzlich nein, obwohl wir nachgewiesen haben, dass er mit seiner Argumentation falsch liegt. Wann die Bauarbeiten los gehen, kann ich leider nicht einschätzen. Wir müssen abwarten, wann der Europäische Gerichtshof für oder gegen das Bayerische Straßen- und Wegerecht entscheidet. Wir haben eine Umweltverträglichkeitsstudie in Auftrag gegeben, damit wir - egal wie sich Europa entscheidet - mit dem Ausbau beginnen könnten.

Mit dem Bund Naturschutz haben Sie über den kreuzungsfreien Ausbau zuletzt persönlich viel verhandelt. Zeitweise wurde in der Presse bereits verkündet, dass man kurz vor einer Einigung stünde. Wie ist der aktuelle Stand der Vier-Augen-Gespräche?
Christian Vogel: Das Glas ist derzeit mehr halbvoll als halbleer. Aber vor einer Einigung sind wir trotzdem noch weit weg. Eigentlich sind wir uns in vielen Fragen einig. Allerdings reden wir schon gar nicht mehr so viel über den Frankenschnellweg, sondern der Bund Naturschutz verknüpft diese Frage mit ganz anderen Projekten. Das ist das Kuriose bei diesen Gesprächen. Dieses Vorgehen finde ich weder seriös noch gut. Deshalb habe ich beschlossen, dass der Ausgang der nächsten Gesprächsrunde im Herbst darüber entscheidet, wie es weitergeht. Wir werden keine endlosen Runden mehr drehen. Der Bürger hat auch das Recht zu wissen, wie es weitergeht. Und der Bürger muss auch wissen, wer das Projekt verzögert und unter Umständen vielleicht sogar zum Scheitern bringt. Und das wäre dann ganz eindeutig der Bund Naturschutz.

Sie sind der Superminister der Stadt. Sie haben die Fülle der Aufgaben schon angesprochen. Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Sie beim Ressortzuschnitt - vom städtischen Tiergarten, über Stadion und Straßen bis zur Sauberkeit der ganzen Stadt- politisch - verzeihen Sie den Ausdruck - ins Klo gegriffen zu haben?
Christian Vogel: Ich wusste vorher, auf was ich mich einlasse. Ich wusste aber nicht, dass die Aufgaben so enorm vielfältig sind. Das habe ich tatsächlich ein bisschen unterschätzt. Aber ich mag die Herausforderung. Und ich mag die Möglichkeiten, die ich habe, die Stadt zu gestalten. Das gefällt mir besser, als am Schreibtisch zu hocken und Akten zu unterschreiben.

Gestalten kann man auf dem Chefsessel besonders gut. Wann wollen Sie Malys Nachfolger werden?
Christian Vogel: Im Jahr 2052 vielleicht (lacht). Nein, jetzt im ernst. Solange ich Bürgermeister bin, hoffe ich, dass der Oberbürgermeister noch möglichst lange Ulrich Maly heißt. Und ich will als Bürgermeister noch länger im Amt bleiben.

2020 gibt es die nächsten Kommunalwahlen in Nürnberg. Welche Erfolge wollen Sie dann vorweisen können?
Christian Vogel: Wir haben im nächsten Jahr die Halbzeit der Legislatur. Dann will ich auch ein erstes Resümee meiner ersten Amtszeit ziehen. Ich möchte, dass die Menschen vor den nächsten Wahlen im Jahr 2020 über mich sagen: Mensch, der kümmert sich um unsere Stadt. Der kümmert sich um uns. Auch wenn man nicht immer einer Meinung ist. Es wird immer welche geben, die sagen: Mensch, der Vogel, was ist denn das für einer? Ich würde mir aber wünschen, dass die Mehrheit der Menschen anerkennt, dass ich mich mit voller Motivation für die Sache engagiere.