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Nürnberg streitet über AirBnB: Zweckentfremdung und weniger Wohnraum?


Autor: Nikolas Pelke

Nürnberg, Freitag, 25. Januar 2019

Nürnberg will gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen vorgehen. Die SPD fordert sogar ein Online-Meldeportal für "AirBnB"-Wohnungen. Die CSU lehnt einen "Internet-Pranger" ab.
Nicht mehr nur junge Leute wie Kristin, Sonja und Dominik aus Nürnberg nutzen das Online-Portal "AirBnB" zum Buchen von Privatunterkünften. Foto: NP.


Immer mehr Gäste nutzen für Übernachtungen in Nürnberg offensichtlich eine im Internet gebuchte Privatwohnung. Pünktlich zur Spielwarenmesse tummeln sich die Inserenten und Interessenten auf Internet-Plattformen wie "AirBnB". Hier preist eine blonde Stewardess ihre schicke Bude mit Garten in Flughafennähe für schlappe 286 Euro die Nacht an (plus stolzer Reinigungsgebühr in Höhe von 125 Euro und einer nicht unerheblichen Servicegebühr in Höhe von 76 Euro). Dort würde ein sportlicher Anbieter - der seinem Profilbild zufolge beim Snowboarden unterwegs ist - seine Wohnung für vier Personen in Messenähe für knappe 190 Euro die Nacht abtreten.

Die Stadt Nürnberg prüft vor dem Hintergrund der steigenden Anbieterzahlen den Erlass einer neuen Satzung, die die Vermietung der beliebten Online-Appartements beispielsweise über die Internet-Plattform "AirBnB" verbieten könnte.

SPD sagt den Kampf an: Rund 600 dauerhafte AirBnB-Wohnungen im Stadtgebiet von Nürnberg

An der Umsetzung scheiden sich im Rathaus allerdings die Geister. Während die Sozialdemokraten den professionellen Vermietern von privaten Hotel-Wohnungen mit einem Online-Meldeportal den Kampf ansagen wollen, warnt die CSU vor den praktischen Folgen und befürchtet einen Internet-Pranger für Privatvermieter. Die SPD verweist dagegen auf den angespannten Wohnungsmarkt in der Frankenmetropole.

"Wir bekommen seit zwei Jahren verstärkt Hinweise aus der Bevölkerung, die uns von dauerhaften AirBnB-Wohnungen in ihren Nürnberger Mietshäusern berichten", erklärt der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion, Fabian Meissner. Mittlerweile würden bereits rund 600 Wohnungen im Stadtgebiet dauerhaft vermietet. "Uns interessieren nicht die Studenten, die ihre Couch im Wohnzimmer vermieten. Wir wollen den professionellen Anbietern, die mehrere ,AirBnB`-Wohnungen dauerhaft an Geschäftsreisende, Handwerker oder Urlauber vermieten, das Handwerk legen", betont SPD-Stadtrat Fabian Meissner am Dienstagabend auf Anfrage dieses Medienhauses.

Zweckentfremdungen von Wohnungen sollen gemeldet werden - Ausdrücklich kein Internet-Pranger

Um diesen "schwarzen Schafe" das Geschäft zu vermiesen, wollen die Genossen in Nürnberg sogar eine Melde-Portal im Internet einrichten. Diese Forderung sei laut Meissner ein "politisches Signal" an die große Mehrheit der Nürnberger, die unter steigenden Mieten zu leiden hätten. "Einen ,Internet-Pranger` wollen wir ausdrücklich nicht. Wir wollen den Bürger aber einen Kanal bieten, dauerhafte Zweckentfremdungen von Wohnraum in der Stadt zu melden", erklärt Fabian Meissner und vergleicht das geforderte Meldeportal für "AirBnB"-Wonungen mit einem Blitzer im Straßenverkehr.

Eine vergleichbare Überwachung brauche auch der Wohnungsmarkt, damit die Zweckentfremdung von Wohnungen nicht überhand nehmen könne. Im Moment könne laut Meissner jeder in Nürnberg mit Wohnungen machen, was er wolle.

Genau dieser SPD-Forderung nach einem öffentlichen Online-Portal für die Meldung von Verdachtsfällen, erteilt ausgerechnet die CSU als kleiner Kooperationspartner in der großen Rathauskoalition eine klare Absage. "Das Letzte was wir in Nürnberg brauchen, ist eine städtisch betriebene Denunzianten-Plattform", erklärt der CSU-Fraktionsvorsitzende Marcus König. "Wenn es eindeutigen Missbrauch gibt und private Beherbergungen gewerbsmäßige Ausmaße annehmen, dann kann man durchaus prüfen, ob das noch zulässig ist. Dafür aber zum Anschwärzen seiner Nachbarn einzuladen, das geht gar nicht", betont der CSU-Fraktionschef weiter. König wolle kein Nürnberg, in dem Bürger sich gegenseitig per Mausklick verpetzen könnten.

CSU warnt vor Personalaufwand - SPD möchte mit wenigen Mitarbeitern starten

Überhaupt glaubt Marcus König nicht daran, dass eine Satzung zur Zweckentfremdung in der Praxis einfach umzusetzen sei. Der CSU-Fraktionschef warnt insbesondere vor einem enormen Personalaufwand, der auch ohne Online-Pranger für die Umsetzung und Überwachung der "AirBnB-Satzung" notwendig wäre. SPD-Stadtrat Fabian Meissner glaubt stattdessen nicht, dass die Stadt viele neue Stellen schaffen müsste. "Uns schwebt keine umfangreiche Abteilung mit mehr als zehn Mitarbeitern vor. Unserer Meinung nach, kann man ganz klein mit drei Mitarbeitern starten", ist sich Meissner sicher.

Überzeugen kann dies den CSU-Fraktionschef allerdings wohl kaum. Stattdessen führt Marcus König einen weiteren Kritikpunkt gegen die geplante Satzung ins Feld. Schließlich müsste die Stadt wohl zahlreiche Ausnahmen definieren, um arglose Wohnungseigentümer nicht unter Generalverdacht zu stellen. Es müsse laut König schließlich nach wie vor möglich sein, Au-Pair-Mädchen oder andere Dauergäste eine Zeit lang in den eigenen vier Wänden aufzunehmen. "Auch wer in seinem eigenen Einfamilienhaus über eine freie Einliegerwohnung verfügt, weil zum Beispiel die Kinder ausgezogen sind und diese für mehrere Wochen im Jahr vermietet, soll nicht durch eine mögliche Verbotssatzung daran gehindert werden", fordert König.

In dieser Woche hat Wirtschaftsreferent Michael Fraas (ebenfalls CSU) seine Sicht auf die Zweckentfremdung von Wohnungen in Nürnberg dem Stadtplanungsausschuss präsentiert. Demnach will Fraas den Anfängen wehren und gegen professionelle Anbieter eine Satzung erlassen. Einen "Online-Pranger" will Fraas allerdings nicht. Wer ein Problem habe, müsse eine Mail an die Stadt schreiben und den Fall in eigenen Worten schildern. Wichtig für Fraas ist, dass Privatleute trotz geplanter Satzung weiterhin bis zu acht Wochen ihr Wohnung untervermieten dürfen. Endgültig soll der Stadtrat erst im Frühjahr über die Einführung einer "AirBnB-Satzung" entscheiden.

Info-Box zum Thema Zweckentfremdung: 0,2 Prozent der Nürnberger Wohnungen betroffen

Methode: Die Zweckentfremdung von Wohnraum durch die Nutzung als Ferienwohnung an Geschäftsreisende, Handwerker oder Urlauber wird meist durch entsprechende Internetplattformen wie zum Beispiel "Airbnb" ermöglicht.

Aktuell: Die Stadt hat aktuell rund 600 Wohnungen ermittelt, die dauerhaft als Ferienwohnung vermietet werden und somit dem Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Diese Zahl entspricht 0,2 Prozent aller Nürnberger Wohnungen.

Geschäft: Online-Plattformen wie "AirBnB" stellen den Kontakt zwischen Gastgeber und Gast her und sind ausschließlich für die Abwicklung der Buchung verantwortlich. Die Transaktion findet dabei über die Plattform statt. Nach deutschem Gesetz muss jede Untervermietung vom Vermieter genehmigt werden, sogar wenn der Mietvertrag eine Untervermietung grundsätzlich erlaubt. Airbnb verdient Geld über Gebühren, die bei jeder Buchung über das Portal anfallen.

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