Nürnberg: Söder-Foto mit Erdogan-Hardlinern sorgt für Irritationen - "kann ich nicht begreifen"
Autor: Ralf Welz
Nürnberg, Mittwoch, 10. Mai 2023
Kurz vor der Türkei-Wahl hat ein Foto für Aufregung gesorgt. Es zeigt CSU-Chef Markus Söder mit Erdogan-Lobbyisten in der Nürnberger Ditib-Moschee. Der Verfassungsschutz beobachtet die Gruppe.
Am 14. Mai findet die mit Spannung erwartete Wahl in der Türkei statt. Im Ausland konnten Wahlberechtigte bis einschließlich Dienstag (9. Mai 2023) bereits im Vorfeld ihre Stimme abgeben. In Deutschland zeichnete sich unter den 1,5 Millionen Menschen mit türkischem Pass eine hohe Wahlbeteiligung ab. Umstritten ist diesbezüglich allerdings der damit einhergegangene Wahlkampf hierzulande.
So haben Erdogan-Wahlplakate in Nürnberg etwa zu einer Diskussion im Umgang mit der türkischen AKP geführt. In diesem Zuge gerät nun auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in die Kritik. Dem CSU-Vorsitzenden wird teils unterstellt, mit Blick auf die anstehende Wahl in der Türkei womöglich Schützenhilfe für Recep Tayyip Erdogan zu leisten. Nach 20 Jahren an der Macht muss der türkische Präsident um seine Wiederwahl fürchten.
Söder in Nürnberger Ditib-Moschee zu Besuch: Erdogan-Lobbyisten veröffentlichen gemeinsames Foto
Im Netz veröffentlichte Fotos zeigen Söder bei einer Veranstaltung in der Ditib-Moschee in Nürnberg. Die Aufnahmen stammen vom 1. April 2023. Mit Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein und Andreas Krieglstein, dem Vorsitzenden der Nürnberger Stadtratsfraktion, nahmen an diesem Tag neben Söder weitere CSU-Politiker an dem Fastenbrechen in der Moschee teil.
Das Brisante: Dabei waren auch Vertreter der sogenannten Union Internationaler Demokraten (UID) anwesend. Diese gilt als Lobby-Organisation der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP des türkischen Präsidenten Erdogan. Entsprechende Bilder mit Söder und Co. aus der Nürnberger Ditib-Moschee wurden vom nordbayerischen UID-Ableger in den sozialen Medien veröffentlicht. Die Problematik des Ganzen: Die UID wird seit geraumer Zeit vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Laut Verfassungsschutz hat die UID unter anderem zum Ziel, "kritischen Tönen gegenüber der politischen Entwicklung in der Türkei zu begegnen" und politischen Einfluss auf die türkischen Gemeinden in Deutschland zu nehmen.
Auch an der Ditib selbst gibt es immer wieder Kritik. In regelmäßigen Abständen werden Vorwürfe gegen den Verein erhoben. Die Ditib ist die größte sunnitisch-islamische Organisation in Deutschland. Ihr wird mitunter eine zu enge Vernetzung mit der türkischen Regierung unterstellt. Teilweise ist gar von einem "verlängertem Arm" von Erdogans AKP die Rede. Kritiker fürchten derweil, dass die Türkei bei einer Wiederwahl Erdogans vollends in die Autokratie abgleiten könnte.
Welche Rolle spielt die CSU im Türkei-Wahlkampf? Vorsitzender von Türkischer Gemeinde gibt Einschätzung
"Ditib ist aber nicht gleich Ditib", betont Bülent Bayraktar, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in der Metropolregion Nürnberg (TGMN), im Gespräch mit inFranken.de. Die Ditib-Gemeinde in Nürnberg etwa sei bis vor wenigen Jahren "relativ liberal" aufgestellt gewesen. "Dann hat sich der neue Vorsitzende zur AKP positioniert." Gemeint ist Haslan Aslan. Dieser macht aus seiner Sympathie zu Erdogan in der Öffentlichkeit keinen Hehl. "So einen Führer dürfen wir nicht im Stich lassen", schrieb der Nürnberger Ditib-Chef am 26. April auf Facebook. "Er hat zuletzt offenkundig zur Wiederwahl von Erdogan aufgerufen", erklärt Bayraktar.
Doch welche Rolle spielt die CSU in Hinblick auf die Türkei-Wahl? Gewährt Söder Erdogan tatsächlich Schützenhilfe? "Man kann nicht direkt von Unterstützung sprechen", sagt Bayraktar. Dass deutsche Parteien teils auch für Parteien in der Türkei werben, sei demnach nichts Außergewöhnliches. In der Tat spricht etwa die Bayern-SPD mit Blick auf die anstehende Abstimmung auf Facebook von einer "Schicksalswahl". In Zusammenhang mit der CHP, der größten Oppositionspartei, ist gar von einer "sozialdemokratischen Schwesterpartei" die Rede.