Druckartikel: Nürnberg: Angst vor Corona-Spritze nach Impf-Trauma - Betroffene kritisiert Druck auf Impfskeptiker

Nürnberg: Angst vor Corona-Spritze nach Impf-Trauma - Betroffene kritisiert Druck auf Impfskeptiker


Autor: Daniel Krüger

Nürnberg, Donnerstag, 05. August 2021

Claudia Zwiener litt vor Jahren nach einer Impfung unter schweren Nebenwirkungen. Daher machte ihr auch die Corona-Impfung große Angst, viel Verständnis bekam sie dafür jedoch nicht. Plötzlich habe sie als Verschwörungstheoretikerin gegolten, erzählt sie.
Im Rat der Religionen Nürnberg setzt sich Claudia Zwiener für Toleranz ein. Die vermisst sie in der Debatte um Corona-Impfungen.


51-Jährige überwindet Impftrauma bei Corona-Spritze - und wirbt für mehr Verständnis für skeptische Menschen: Claudia Zwiener ist Schulbegleiterin in der Behindertenhilfe und bekennende Buddhistin. Im Rat der Religionen in Nürnberg vertritt sie ihre Glaubensgemeinschaft. Dort setzt sich Zwiener für Verständnis und Toleranz ein - etwas, das ihr in der Debatte um die Notwendigkeit von Corona-Impfungen fehlt, wie sie sagt.

Denn Zwiener hatte 2008 nach eigenen Angaben mit schweren Nebenwirkungen nach einer Impfung gegen Lungenentzündung zu kämpfen. Seitdem koste sie jede Impfung "enorme Überwindung". Die 51-Jährige fordert in der Corona-Krise, dass mehr Rücksicht auf Menschen mit einer ähnlichen Angst genommen wird - und verrät bei inFranken.de, wie sie ihre eigene Panik überwinden konnte. 

Schock nach Impfung: 51-Jährige hat eine "temporäre Lähmung"

"Ich reagiere generell sehr schwer auf Impfungen, meistens mit wochenlanger Erschöpfung", sagt Zwiener. Trotzdem habe sie sich etwa immer etwa für eine Masern-Impfpflicht eingesetzt, weil sie es nach eigener Aussage "nicht ertragen konnte, dass das in die Schulen eingeschleppt wird". 2008 sei für sie ein Wendepunkt gewesen. "Ich hatte als junge Erwachsene häufig Lungenentzündungen und mich deshalb beim Hausarzt impfen lassen", erklärt die Schulbegleiterin. Doch nur wenige Stunden später habe sie eine "Steifigkeit zwischen Nacken und Schulter" bemerkt. "Dann konnte ich den Arm gar nicht mehr bewegen", erzählt Zwiener. Diese "temporäre Lähmung" habe auch ihren Arzt schockiert, einen guten Bekannten der Behindertenhelferin. "Das hat mich geprägt."

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Zwar sei die Lähmung nach einer Cortison-Injektion langsam wieder verschwunden. "Seitdem ist jede Impfung für mich aber die volle Überwindung", so die Mittelfränkin. Termine lege sie bewusst "nah an die Ferien und nicht mittwochs, damit ein Arzt da ist". Im Mai 2020 habe sie zum ersten Mal von den neuen mRNA-Impfstoffen gelesen. "Ich fand das eigentlich eine tolle Technik", sagt sie. Doch bei der Blutplasmaspende sei von einer Helferin verunsichert worden. "Sie sagte, sie wäre da vorsichtig und der Stoff sei doch noch nicht lange auf dem Markt. Das hat bei mir schon etwas getriggert." Berichte über Allergieschocks hätten sie dann letztlich "total misstrauisch" gemacht. 

Weil sich Zwiener zu dieser Zeit auch politisch engagiert, habe sie auch dortigen Bekannten einer Partei von ihrer Angst erzählt. "Dort wurde ich gleich in die Verschwörungsecke gedrängt, die Leute haben mich nicht mehr ernst genommen. Das hat mich sehr unter Druck gesetzt. Dabei wollte ich mich ja impfen lassen." Die 51-Jährige setzt ihre Hoffnung in Astrazeneca. "Dann gab es Berichte von jungen Frauen mit schweren Nebenwirkungen in der Presse." Das habe sie wiederum stark verunsichert, weil "der Impfstoff ja damals für meine Altersgruppe als sicher galt". 

Heftige Kritik an Druck: Impfdebatte "fürchterlich"

Als sie Mitte Februar einen Terminvorschlag für eine Impfung mit Astrazeneca erhält, habe sie dann eine Mail geschrieben und abgesagt. "Überraschenderweise wurde mir dann von einem verantwortlichen Mitarbeiter des Impfzentrums am Sonntag ein Telefonat angeboten. Und eins dieser Gespräche war so verständnisvoll und einfühlsam, dass ich erst einmal nur geheult habe", erzählt Zwiener, die sich aufgrund neuer Studien zu weniger Nebenwirkungen nun doch einen mRNA-Impfstoff wünscht. "Dann hat man mir vorgeschlagen, doch Antrag auf eine Einzelfallgenehmigung bei der bayerischen Impfkommission zu stellen", erzählt die 51-Jährige. Dort sei ihr Anliegen auf offene Ohren gestoßen. "Der Patientenbeauftragte Peter Bauer hat mir einen vierseitigen Brief geschrieben, das hat total gutgetan."

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Am 24. März habe Claudia Zwiener dann ihre erste Impfung mit Moderna bekommen - und keinerlei Nebenwirkungen außer leichtem Fieber verspürt. "Ich habe darauf gewartet, dass etwas passiert, aber es kam beide Male nichts. Im Impfzentrum haben sie sich auch super um mich gekümmert und sind sehr empathisch auf meine Ängste eingegangen." Genau das wünscht sich Zwiener auch generell in der Impfdebatte, die sie als "fürchterlich" empfindet. "Man hat das Gefühl, es gibt nur noch stur gegen stur. Auf der einen Seite die Querdenker, denen eh nicht mehr zu helfen ist und auf der anderen Seite, ich nenne sie die Erzwinger, diejenigen, die mit psychischem Druck eine Corona-Impfung erzwingen wollen."

Doch es sei ihr wichtig, die "Zwischentöne" wieder in die Debatte zu holen. "Viele der Menschen, die noch nicht geimpft wurden, haben schlichtweg Angst. Und da hilft es, wenn man gute Gespräche führt und von anderen Menschen mit ähnlichen Erfahrungen hört", ist Zwiener überzeugt. Auch in ihrer buddhistischen Community habe sie viel gesprochen. "Ich habe zum Beispiel schon für das Ministerium für Integration und Soziales zwei Frauen aus Thailand als Impfbotschafterinnen gewinnen können, deren Botschaft durch das Ministerium auf YouTube verbreitet wird", erzählt sie mit Stolz in der Stimme. 

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