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Nürnberg: Mutter kämpft für Lolli-Pool-PCR-Tests in Kitas - Stadt sieht wenig Bedarf


Autor: Isabel Schaffner

Nürnberg, Freitag, 04. Februar 2022

Seit Oktober 2021 versucht eine Mutter aus Nürnberg, die Stadt davon zu überzeugen, Lolli-Pool-PCR-Tests in Kindertagesstätten zu organisieren. Schon längst hätte Nürnberg Fördergelder in Anspruch nehmen können, findet sie.
Die Nürnberger Mutter Simone V. wünscht sich PCR-Pool-Tests in allen Kindertagesstätten, um die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten. Die Stadt zeigt sich allerdings verhalten.


  • Nürnberger Mutter fordert Lolli-Pool-PCR-Tests in Kindertagesstätten
  • "Skandal": Stadt sträube sich, Fördergelder in Anspruch zu nehmen
  • Mutter sieht Gesundheitsschutz der Kinder nur mit PCR-Tests gegeben
  • Stadt Nürnberg sieht entscheidenden Nachteil bei PCR-Tests in Kitas

Viele Monate bevor die Testpflicht für Kindergartenkinder eingeführt wurde, begann Simone V., Nürnberger Mutter einer Tochter im Kindergartenalter, sich mit der Thematik genauer auseinanderzusetzen. Seit Oktober 2021 versuche sie, die Stadt davon zu überzeugen, Lolli-Pool-PCR-Tests in Kindertagesstätten einzuführen. Nur diese gewährleisteten einen ausreichenden Schutz vor größerem Infektionsgeschehen zwischen den Kindern und reduzierten dadurch erheblich die bestehenden Risiken von akutem Verlauf oder der Ganzkörperentzündung PIMS und Long Covid für die Kinder. Die Stadt hält jedoch dagegen.

Stadt Nürnberg könnte Fördergelder für Lolli-Pool-PCR-Tests beantragen 

Im Zentrum dieser Debatte steht eine Förderrichtlinie zur Durchführung von PCR-Pool-Tests in der Kindertagesbetreuung, die auf der Webseite des Bayerischen Staatsministeriums für Soziales, Arbeit und Familie beschrieben wird. "Der Freistaat Bayern unterstützt die Landkreise und kreisfreien Städte, die kreisangehörigen Gemeinden sowie die Träger und Trägerverbände von Kinderbetreuungseinrichtungen bei der Einführung von PCR-Pool-Tests in der Kindertagesbetreuung", heißt es hier.

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Diese PCR-Pool-Tests sind freiwillig, doch das Robert-Koch-Institut betont in einem Flyer ihre Bedeutung als präventive Methode, um "durch das frühzeitige Erkennen und Isolieren von infizierten Personen das Risiko einer Ansteckung und Weiterverbreitung" von Covid-19 zu minimieren. Denn wichtig sei, die Einrichtungen offenzuhalten. Das RKI empfiehlt für Kitas und Grundschulen Lolli-Pool-PCR-Tests. Die Stadt Nürnberg kann demnach beim Bayerischen Staatsministerium für Soziales Fördergelder für PCR-Pool-Tests beantragen. Dies tut sie jedoch nicht - eine Tatsache, die die 41-jährige Mutter seit Monaten umtreibt.

"Die Stadt Nürnberg hätte schon seit Langem diese Gelder abrufen und Labore engagieren können, die in den Nürnberger Kitas PCR-Lolli-Tests machen. Das hat sie aber scheinbar aus Angst vor einer europäischen Ausschreibung für die Labore nicht gemacht. Es gibt andere Städte, die schon erfolgreich dabei sind, die RKI Empfehlungen umzusetzen. Laborkapazitäten wären im Raum Nürnberg vorhanden", so die Mutter. Immer wieder habe die Stadt in schriftlichen Antworten von "vergaberechtlichen Hürden" gesprochen. Dabei gebe es Möglichkeiten das zu umgehen, wenn es einen triftigen Grund gibt, zum Beispiel Gefahr im Verzug. "Als Mutter eines Kindergartenkindes ist das Ganze für mich ein Skandal."

PCR-Tests als Methode gegen "Dauerquarantänen und Kita-Schließungen"

In Bayern werden überwiegend Selbsttests genutzt, die die Eltern in Apotheken über Berechtigungsscheine erhalten, erklärt die Stadt auf Anfrage von inFranken.de. Doch Selbsttests unterschieden sich enorm von den PCR-Pooltests, betont Simone V. PCR-Tests gelten laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung als zuverlässigstes Verfahren, um einen Verdacht auf eine Corona-Infektion aufzuklären.

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PCR-Tests könnten vor allem mit höherer Zuverlässigkeit Infektionen erkennen, noch bevor eine infizierte Person für andere ansteckend ist. So lasse sich besser verhindern, dass ein infiziertes Kind oder infiziertes Personal seine Mitmenschen ansteckt. Dauerquarantänen und Kita-Schließungen ließen sich reduzieren und Grundschüler mit jüngeren Geschwistern im Kindergarten wären besser geschützt, verdeutlicht die 41-Jährige.

"Das sind die ethisch-moralischen Knackpunkte. Aber auch die ökonomischen Aspekte und der Schutz der kritischen Infrastruktur sind nicht von der Hand zu weisen.“ Die Antigentests schlügen nicht immer an, sei es durch fehlerhafte Anwendung der Eltern oder mangelhafter Tests. Die Stadt hätte sich nach ihrer Argumentation darum bemühen können, die PCR-Tests einzuführen. Stattdessen habe sie sogar versäumt, alle Eltern mit Kitakindern über die Möglichkeit zu informieren, dass die Nürnberger Kitas an einem PCR-Gurgeltest-Pilotprojekt teilnehmen können.

Stadt Nürnberg erprobt Gurgeltests in zehn Kitas - Erweiterung möglich

Nach eigenen Angaben habe sich die Stadt Nürnberg "im November 2021 für die pilothafte Erprobung von Gurgeltests mit zehn städtischen Kindergärten entschieden. "Die Akzeptanz bei den beteiligten Familien war hoch", heißt es. Das Angebot könne aufgrund einer Laborerweiterung für weitere Kitas geöffnet werden. "Die Träger müssen entscheiden, ob sie ein Labor unter Berücksichtigung der öffentlichen Vergaberichtlinien beauftragen sowie die Organisation der Testungen und die Testungen selbst in den Kitas sicherstellen können", erklärt die Stadt. 

"Das Gurgel-Testprojekt ist eine tolle Sache. Auch die Kinder in allen anderen Kitas sollten schnellstmöglich in den Genuss kommen, daran oder an Lolli-Pool-PCR-Tests teilnehmen zu können, ohne dass dafür lange mit der Stadt diskutiert werden muss. Es geht hier um Gesundheitsschutz von Babys und Kleinkindern und damit um ihre Zukunft", erwidert die Mutter hierauf. Es könne nicht sein, dass die Kommunen und Träger mit der Wahl der qualitativ erheblich schlechteren Testmethode über die Gesundheit der Kinder entscheiden, nur, um sich Mühe zu sparen, sagt sie. 

"Es werden teilweise Abfragen bei den Eltern gemacht, ob es sich bei dem Wunsch nach PCR-Tests nicht nur um Einzelmeinungen handelt. Erst wenn dann eine Mehrheit dafür ist, würden die Träger die Tests einführen. Das bedeutet, der Gesundheitsschutz der Kinder wird zur Abstimmungsfrage in der Elternschaft und das verbietet sich schon allein, wenn man an Familien mit vorerkrankten Kindern im Kita-Alter denkt, die seit Beginn der Pandemie besonders oft auf Teilhabe verzichten müssen. Wir können auch nicht per Abstimmung entscheiden, ob sich die Kinder vor dem Essen die Hände waschen oder ob in der Kita geputzt wird."

Nürnberg sieht verhaltenes Interesse an Pool-Testungen und PCR-Test-Nachteil

"Insgesamt war das Interesse der Nürnberger Kitas an Pooltestungen bisher eher verhalten, ebenso bei der Elternschaft", macht die Stadt deutlich und weist auf einen - aus ihrer Sicht - Nachteil von PCR-Testungen hin. In Einrichtungen, in denen solche Tests durchgeführt werden, dürften keine "Berechtigungsscheine für die Eltern, deren Kinder bei der Testung nicht teilnehmen", mehr ausgegeben werden.

Letztlich stehe einer europaweiten Ausschreibung und der Umsetzung einer trägerübergreifenden Organisation von PCR-Tests für rund 300 Kitas ein "hoher Verwaltungs- und Organisationsaufwand" gegenüber. Es "müsste nicht nur eine Ausschreibung erfolgen, sondern auch eine Vergabe für das Labor, die Materialbereitstellung, die Fahrdienste und die Umsetzung sowohl zentral von der Stadt, aber vor allem auch von den Trägern und Einrichtungen organisiert werden. Darüber hinaus muss eine eigene Datenschutzvereinbarung getroffen werden, zur Weitergabe der Daten der Kinder."

Von der Entscheidung bis zur Umsetzung würden zwei bis drei Monate benötigt. "Der Vollständigkeit halber möchten wir auch darauf hinweisen, dass der Freistaat zwar die Kosten für Material, Labor und Fahrten trägt, aber die zusätzlichen Personalkosten für Organisation und Gewährleistung des Angebots bei dem Träger verbleiben. Zudem müssen die Träger mit einem Anteil in Höhe von 20 Prozent der Kosten in Vorleistung gehen, da erst im Rahmen der Endabrechnung eine volle Kostendeckung erfolgt", so die Stadt Nürnberg. Die aktuelle Lage zeige: "Die meisten Träger sind mit der aktuellen Regelung zufrieden, die den Einsatz von Selbsttests der Eltern mit ihren Kindern zu Hause vorsieht."

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