Kunden sammeln sich gegen VW
Autor: Matthias Litzlfelder
Nürnberg, Freitag, 15. Januar 2016
Eine Stiftung in den Niederlanden bietet betroffenen Autobesitzern an, sich für ein gemeinsames Vorgehen gegen den Konzern zu organisieren. Ziel ist ein außergerichtlicher Vergleich.
Längst haben Juristen in Deutschland geprüft, ob die vom Abgas-Skandal betroffenen Besitzer von Automarken des VW-Konzerns vereinigt vor Gericht ziehen können.
Doch anders als in den USA ist ein solches Sammelverfahren aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage hierzulande nicht möglich. Eine Düsseldorfer Kanzlei ist dennoch gerade dabei, betroffene VW-Kunden zu versammeln. Das Modell: eine gemeinnützige Stiftung, bei der sich die Kunden anmelden können, ohne dass irgendwelche Kosten für sie entstehen. "Da die Nachbesserung nicht rechtssicher absehbar ist, sollten sich Interessenten auf jeden Fall anmelden, um ihre möglichen Ansprüche zu sichern", sagte Rechtsanwalt Julius Reiter von der Kanzlei Baum, Reiter und Kollegen in einem Interview mit dem "Handelsblatt".
Ehemaliger Minister im Stiftungsbeirat
Wer die Internetseite www.stichtingvolkswagencarclaim.com besucht, erfährt mehr über die besagte Stiftung mit Namen "Stichting Volkswagen Car Claim". Gegründet wurde sie in den Niederlanden. Und als Stiftungsbeirat fungiert der Düsseldorfer Kanzlei-Senior-Partner Gerhart Baum (FDP), von 1978 bis 1982 Bundesinnenminister in der Regierung Schmidt.Mittlerweile hat die Stiftung europaweit rund 60 000 Autobesitzer versammelt. Eine stolze Zahl, aber vor dem Hintergrund, dass in Europa rund acht Millionen Fahrzeuge von der Abgas-Affäre betroffen sind - allein in Deutschland rund 2,8 Millionen -, dennoch eine überschaubare Zahl.
"Keine Kosten"
"Was die Verbraucher angeht, ist die Rechtslage in Deutschland schwierig", erklärt Christian Leuchter, Rechtsanwalt in Baums Kanzlei. Man hoffe, mit VW im Namen der in der Stiftung gemeldeten Autobesitzer einen außergerichtlichen Vergleich zu erzielen. Für die Teilnehmer entstünden keine Kosten. Anfallende Gebühren würden im Erfolgsfall aus dem Vergleichsbetrag gedeckt. "Sie müssen das als eine Art Mediation sehen", sagt Leuchter. Hinter der Stiftung steckt als Geldgeber die New Yorker Großkanzlei Labaton Sucharow. Dem Vernehmen nach sollen 18 Prozent der Streitsumme an die Amerikaner gehen. Der Vorteil für die Kläger: Sie können jederzeit aus der Stiftung wieder austreten, wenn sie mit der Höhe der Entschädigungszahlung nicht einverstanden sind und ihre Ansprüche individuell geltend machen wollen.
VW muss nicht verhandeln
Ob es überhaupt außergerichtlich zu einer Zahlung kommen wird, ist sowieso fraglich. Der VW-Konzern hat sich noch nicht geäußert, ob er mit der Stiftung verhandeln will. Er muss es nicht.In Franken gibt es Betroffene, die sich direkt an einen Fachanwalt gewendet haben. Allerdings ist ihre Zahl überschaubar. "Im Kern geht es den Leuten darum, für den Fall, dass die Nachbesserung scheitert, alle Optionen offenzuhalten", berichtet Rechtsanwalt Timo Decker aus Schwa ig bei Nürnberg. Vorwiegend mache er im Auftrag der Mandanten Gewährleistungsrechte gegenüber Verkäufern geltend. Oft werde zunächst ein Verjährungsverzicht gefordert.