Kryonik: Mann aus Hersbruck will ewiges Leben durch Einfrieren
Autor: Agentur dpa, Gwendolyn Kaiser
Hersbruck, Dienstag, 07. Mai 2024
Ist das Leben nach dem Tod nur ein Science-Fiction-Szenario? Für einen Mann aus Hersbruck im Kreis Nürnberger Land ist es ein Wunsch, den er sich in ferner Zukunft durch Kryonik erfüllen möchte. Hierbei wird der Körper bei extrem tiefen Temperaturen "tiefgekühlt".
"Ich will nicht zur Leiche werden": Wenn das Leben des 85-jährigen Klaus Sames' zu Ende geht, möchte er in einer fernen Zukunft wiederbelebt werden. Möglich gemacht werden soll das durch Kryonik: Dabei wird Sames' Blut durch ein medizinisches Frostschutzmittel ersetzt und sein Körper mit flüssigem Stickstoff bei -196 Grad Celsius gekühlt.
Kryokonservierung nennt sich dieses Verfahren. Sames will sich wieder auftauen lassen - dann, wenn tödliche Krankheiten heilbar sein könnten und das Altern rückgängig gemacht werden könnte. Doch Kritiker glauben nicht, dass das jemals gelingen wird.
Körper einfrieren durch Kryonik: Mann aus Mittelfranken träumt von Leben nach dem Tod
Sames gilt in Deutschland als einer der Kryonik-Pioniere. Eigentlich ist er Gerontologe, nach seinem Ruhestand forschte und lebte er lange Zeit in der Nähe von Ulm. Inzwischen ist er ins mittelfränkische Hersbruck umgezogen. Mit seiner Forschung habe er früher dazu beitragen wollen, das Altern abzuschaffen, erzählt er. Das sei ihm aber nicht gelungen. Deshalb setzt er nun auf Kryonik - auch Biostase genannt - und sieht darin eine konsequente Fortsetzung seiner Arbeit. "Medizin ist Lebenserhaltung, und wir erweitern einfach die Möglichkeiten."
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Bei Spermien, Eizellen und Embryonen wird die Kryokonservierung schon länger verwendet. Dass das auch bei Organen und ganzen Körpern funktioniert, hält Stefan Schlatt, Professor für Reproduktionsmedizin an der Universität Münster, für unrealistisch, weil deren Komplexität zu hoch sei. "Wir werden immer besser im Einfrieren, aber es wird kein Zaubermittel geben."
Für erstrebenswert hält er es erst recht nicht: "Das ist eine falsche Einstellung zum Leben." Jedes Lebewesen habe eine innere Uhr, die mit der Geschlechtsreife zu ticken beginne. "Für die Evolution ist es extrem wichtig, dass Lebewesen sterben und Platz für die nächste Generation machen."
"Angst vor dem Sterben": 250 Personen in USA schon im Kälteschlaf
Ewiges Leben - davon träumen Menschen seit jeher. Zahlreiche Science-Fiction-Romane und -Filme drehen sich darum, dass Menschen viele Jahrzehnte oder Jahrhunderte im Kälteschlaf verbringen und dann wieder geweckt werden. Als die Kryokonservierung in den 1960er-Jahren aufgekommen sei, sei sie selbst eine Art Science-Fiction gewesen, sagt Sames. "Jetzt ist man ja doch ein ganzes Stück weiter gekommen." Trotzdem: "Es funktioniert noch nicht", gibt er zu.
Sames' Buch 'Kryokonservierung - Zukünftige Perspektiven von Organtransplantation bis Kryonik' ansehenWas treibt Menschen wie ihn also an? "Kryonik verspricht im Prinzip den Jungbrunnen", sagt der Mediziner Eckhard Nagel von der Universität Bayreuth. "Das ist praktisch eine Kompensation der Angst vor dem Sterben und ist Ausdruck der Unfähigkeit, sich mit der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen." Die Vorstellung sei jedoch absurd, sagt Nagel. "Selbst wenn man die Todesursache eines Menschen in Zukunft behandeln könnte und es tatsächlich gelingen sollte, einem mit Frostschutzmittel gefluteten Körper eine Funktion abzuringen, würde man meist doch nur einen verlebten Körper am Ende seiner natürlichen Existenz zu einem Leben ohne Perspektive erwecken."