Druckartikel: Klinikum Nürnberg "verschlampt" Eigentum von verstorbenem Corona-Patienten

Klinikum Nürnberg "verschlampt" Eigentum von verstorbenem Corona-Patienten


Autor: Jakob Halm

Nürnberg, Dienstag, 26. Mai 2020

Das Klinikum Nürnberg hat die persönlichen Gegenstände eines Corona-Patienten "verschlampt". Seine Frau trauert um die vielen Erinnerungen. Der zeitliche Verlauf der Tragödie.
Manfred Söldner starb am Corona-Virus. Seine persönlichen Gegenstände hat das Klinikum Nürnberg verloren. Symbolfoto: Peter Kneffel/dpa


Vor knapp einem Monat (28. April 2020) verstarb Manfred Söldner im Alter von 81 Jahren am Coronavirus im Klinikum Nürnberg. Seine Frau Ingrid (69) trauert seitdem um ihren Mann - doch besonders schmerzt der Verlust der persönlichen Gegenstände, erklärt sie im Gespräch mit inFranken.de. Diese sind im Klinikum verloren gegangen. "Wenn ich den Reisepass meines Mannes nicht hätte, gäbe es kein Zeichen, dass er jemals existiert hat", beklagt die Ehefrau.

Ihr Mann musste knapp drei Wochen im Klinikum verbringen. Diese Wochen waren von einem ständigen gesundheitlichen Auf-und-Ab geprägt. "Doch besuchen und kontaktieren konnten wir ihn kaum", erzählt Söldner. Sie spricht von einem Missmanagement und Schlamperei, denn das Klinikum behandelte die Gegenstände anscheinend wie Müll. "Gerade der Verlust der persönlichen Gegenstände macht es mir besonders schwer", sagt sie.

Söldner starb an Covid-19 - der Krankheitsverlauf

Vor ein paar Wochen bekam Herr Söldner Husten und fühlte sich nicht gut. Als dann auch noch Fieber dazukam, rief seine Frau am Sonntag (5. April) den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Der weitere Verlauf der Krankheit ist schrecklich:

  • 5. April: Der ärztliche Bereitschaftsdienst kommt zu Herrn Söldner nach Hause, diagnostiziert eine Bronchitis und verschreibt Antibiotika. Eine Corona-Infektion wird ausgeschlossen.
  • 6. April: Söldner geht zu seinem Internisten, der ihm andere Medikamente verschreibt. Hier wird ein Corona-Test durchgeführt.
  • 7. April: Am Morgen ist Söldner sehr schwach und stürzt. Der Internist rät dazu ihn ins Krankenhaus einzuliefern. Am Nachmittag ruft er seine Frau an und sagt er habe eine Lungenentzündung, fühle sich aber gut aufgenommen.
  • 8. April: Morgens um halb 8 ruft das Krankenhaus bei Frau Söldner an und erklärt, dass ihr Mann in der Früh intubiert werden musste und seitdem im Koma liegt. Im Laufe des Tages erfährt Frau Söldner, dass auch sie Corona-positiv getestet wurde. Sie begibt sich in eine "sehr einsame" 16-tägige Quarantäne.
  • 25. April: Herr Söldner lag knapp zweieinhalb Wochen im künstlichen Koma. Er wacht wieder auf und ist ansprechbar. Im Laufe des Tages geht es ihm allerdings wieder schlechter. Doch am Abend kann die Familie ihn besuchen - es stand schlecht um ihn. 
  • 26. April: Herrn Söldner geht es wieder besser und er kann mit seinem ältesten Sohn telefonieren. Er ärgert sich, dass er nur mit dem Stationstelefon anrufen kann, da er sein Handy nicht bei sich haben darf. 
  • 28. April: Frau Söldner und ihr Sohn planen Herrn Söldner am Nachmittag im Krankenhaus zu besuchen. Bereits in der Früh kommt jedoch der Anruf, dass es ihm nicht gut gehe. Im Laufe des Tages stirbt Herr Söldner.

Nach dem Tod von Herrn Söldner verbringen seine Frau und der älteste Sohn noch einige Zeit neben seinem Sterbebett. Als sie das Krankenhaus verlassen wollen, fragen sie nach den persönlichen Gegenständen ihres Mannes. Seine Frau hatte ihm noch eine Reisetasche mit Klamotten, seinen Unterlagen und Handys gepackt. Das alles ist weg: "Ausweis, Krankenkassenkarte und Bilder - wie wenn es ihn nicht gegeben hätte", erzählt seine Frau.

Der Materialwert sei ihr nicht so wichtig

Herr Söldner sei begeisterter Fotograf gewesen, weshalb er mit seinem neuen iPhone, einem Geschenk seiner Söhne, andauernd fotografierte. "Dass die Bilder und Erinnerungen weg sind, ist das Schlimmste", ärgert sich Frau Söldner. Besonders schlecht empfand sie allerdings den Umgang des Klinikums: "Erst wurden wir andauernd vertröstet und dann kam lediglich ein sachliches Schreiben, dass der Fall bei der Versicherung gemeldet wurde", sagt Söldner. 

Es sei nicht einmal eine Entschuldigung gekommen, erklärt sie. Zudem sei nicht klar, ob die Sachen geklaut, verschlampt oder weggeworfen wurden. Die Pressestelle des Klinikums Nürnberg erklärt auf Nachfrage, dass aufgrund "der aktuellen Corona-Situation diverse Abläufe auf den Stationen aus hygienischen Gründen (Infektionsgefahr) anders gehandhabt werden müssen als normalerweise. Dies betrifft auch den Umgang mit dem mitgebrachten Eigentum von Covid-Patienten oder Patienten, die als Verdachtsfall aufgenommen werden. Darüber hinaus kann in diesen Fällen das Eigentum nicht den Angehörigen mitgegeben werden." 

Trotz intensiver Suche seien die Sachen von Herrn Söldner nicht mehr aufgetaucht. Wie es dazu kommen konnte ist bisher leider unklar. Einen möglichen Verlust bedauert das Klinikum, heißt es.