Hartenstein: Jugendherberge muss nach 90 Jahren schließen - "Bin hier sogar geboren"
Autor: Ralf Welz
Hartenstein, Mittwoch, 05. Oktober 2022
Die Jugendherberge in Hartenstein muss notgedrungen schließen. Nach 90 Jahren macht die bekannte Einrichtung in der Hersbrucker Schweiz für immer zu. "Ich bin hier sogar geboren", sagt die Betreiberin. Sie spricht von einer traurigen Entwicklung.
- Hartenstein: Bayerns kleinste Jugendherberge muss notgedrungen schließen
- Nach 90 Jahren: Einrichtung im Nürnberger Land macht für immer zu
- "Bin in der Jugendherberge sogar geboren": Betreiberin schildert traurige Entwicklung
- Verband nennt Gründe für Standort-Aus: "Jetzt ist ein solcher Punkt erreicht"
Die Jugendherberge in Hartenstein (Landkreis Nürnberger Land) muss ihre Pforten für immer schließen. Die Einrichtung in der Hersbrucker Schweiz existiert bereits seit 1932 - doch nun sind ihre Tage gezählt. Am Jahresende wird die Unterkunft dauerhaft zugemacht - nach genau 90 Jahren. Für Inhaberin Sybille Gentsch geht der Verlust weit über das Berufliche hinaus. "Es ist auf alle Fälle mehr als nur ein Job", sagt sie im Gespräch mit inFranken.de. "Ich bin in der Jugendherberge sogar geboren."
Hartenstein: Bayerns kleinste Jugendherberge macht für immer zu - Einrichtung existiert seit 1932
Die Hartensteiner Jugendherberge ist seit vielen Jahrzehnten ein Familienbetrieb. "Ich habe das Haus von meinen Eltern übernommen", berichtet die heute 64-Jährige. Die Einrichtung befindet sich demnach bereits seit 1954 in Familienhand. Auch Sybille Gentschs Sohn hilft neben seinem Hauptberuf regelmäßig in der Herberge aus - allerdings nicht nur aus emotionaler Verbundenheit. "Wir haben ja kein Personal mehr seit Corona", beklagt die Inhaberin. Ihre Angestellten seien infolge von Pandemie und Lockdown in Rente gegangen oder hätten sich anschließend anderweitig orientiert.
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"Heuer war einiges gesperrt, weil wir kein Personal hatten", sagt Gentsch, die die Jugendherberge schon seit 45 Jahren in Eigenregie führt. Doch in wenigen Wochen ist auch für sie Schluss. "Ich hätte schon noch ein Jahr draufgelegt. Aber ich mache nicht weiter, wenn das Haus sowieso geschlossen wird." Die 64-Jährige spricht von einer traurigen Entwicklung. "Ich habe mich aber langsam damit abgefunden", hält sie zugleich fest. Die langjährige Herbergsmutter freut sich nun auf ihren wohlverdienten Ruhestand. "Ich möchte jetzt das machen, was ich will."
Die Jugendherberge liegt am Ortsrand von Hartenstein. Mit ihren 64 Betten (in 18 Räumen) ist sie offiziell Bayerns kleinste Jugendherberge. Zum Vergleich: Die neue Jugendherberge "München City" verfügt laut Deutschem Jugendherbergswerk (DJH) über 400 Betten. Das Problem: "Eine Jugendherberge mit 64 Betten wäre auch bei voller Auslastung nur bedingt wettbewerbsfähig", teilt Marko Junghänel, Pressesprecher des Landesverbands Bayern des Deutschen Jugendherbergswerks, inFranken.de mit.
Investitionen von 1,7 Millionen Euro für Weiterführung erforderlich - Jugendherberge schließt zum Jahresende
Laut dem Sprecher gibt es grundsätzlich Standorte, die besser oder schlechter laufen. "Wir haben normalerweise eine gute Querfinanzierung." Doch auch diese stoße bisweilen an ihre Grenzen. "Jetzt ist ein solcher Punkt erreicht", hält Junghänel fest. "Obwohl wir als gemeinnütziger Verein keine Gewinne erzielen müssen, müssen wir kostendeckend wirtschaftlich arbeiten."
Das Problem: Die Nachfrage nach der Unterkunft in Hartenstein sei ohnehin "nicht übermäßig groß" - gerade im Vergleich zu anderen Jugendherbergen, etwa in Pottenstein und Nürnberg. "Es kommen keine Gäste, die einen gewissen Standard erwarten", schildert Junghänel die schwierige Ausgangslage. Um die seit 90 Jahren bestehende Einrichtung fit für die Zukunft zu machen, wären Investitionen von 1,7 Millionen Euro erforderlich. Dazu kommt es nun allerdings nicht mehr. "Zum 31.12. wird das Haus geschlossen", kündigt der Jugendherbergswerks-Sprecher an.