Fränkischer Frohsinn regiert in Nürnberg
Autor: Nikolas Pelke
Nürnberg, Sonntag, 15. Februar 2015
Vom Nilpferd bis zum Schwanenritter: Beim Nürnberger Faschingsumzug sind am Sonntag große und kleine Narren auf der Straße. Die Sonne scheint wie an der Copacabana. Beinah so bunt wie in Rio sind die Kostüme.
Das Nilpferd-Kostüm sitzt, der Beutel für die Süßigkeiten ist groß genug. Yannick ist perfekt vorbereitet: Die Wagen können kommen. "Das ist schon unser zweiter, gemeinsamer Faschingsumzug", sagt Silke Weber während die ersten Wagen mit dem Schlachtruf "Ahaaaa!" vorbei fahren.
Prinzen und Funkenmariechen schmeißen Süßigkeiten in die Menge. Es regnet ordentlich Kamelle vom strahlend blauen Himmel auf die vielen Zuschauer. Yannick steht zum Glück in der ersten Reihe. Die Mama passt trotzdem auf wie ein Luchs, dass der kleine Yannick auch ein paar Bonbons abbekommt. So ein Karneval in Franken ist schließlich kein Kinderfasching.
"Remmidemmi muss beim Karneval sein", ist sich Herbert Wilmschen sicher. Und der Ehrenpräsident der Schwanenritter muss es wissen. "Ich bin schon seit 44 Jahren dabei.
Derweil muss Noell noch an ihrem Kostüm arbeiten. "Ich bin ein Kätzchen aus dem Musical Cats, aber der Schwanz geht immer ab", sagt die Schülerin der Musical-Akademie und zeigt Diego, der in seinem Leinensack und den langen Haaren wie Jesus Christ Superstar aussieht, die samtigen Krallen. Derweil zieht Katharina Emmerich mit ihren Siebenbürger Sachsen vom Rathenauplatz in Richtung Hauptmarkt.
"Wir ziehen ein Ochsengespann. Das soll den Winter vertreiben", sagt Emmerich und winkt ins Publikum. Ein paar Meter dahinter tanzen und turnen die Kinder von Noris Brandoris um die Wette. "Nachwuchsprobleme gibt"s bei uns nicht", sagt Stefanie Oster, die Jugendleiterin des Faschingsvereins, und zeigt auf die vielen Tänzer von ganz klein bis fast schon groß. Gleich dahinter werden zwei Clowns im offenen Wagen durch die Wintersonne kutschiert. "Ich bin Prinzessin Gudrun", sagt der eine Clown. "Aber ich hab´ die Krone auf", sagt Prinz Gerhard und strahlt mit den Wasserflöhen der fränkischen Kanalflotte um die Wette.
"Wir sind alle Tiere aus Madagascar", sagt ein kleiner Pinguin. Dann kommt Alberto mit seinen Freunden um die Ecke. Wo vorher noch alle die Hände zum Himmel gestreckt haben, werden jetzt fleißig Hüften geschwungen. "Wenn die Leute so tanzen, macht das noch mehr Spaß", sagt Roberto, der Chef der Samba-Trommler und bläst in seine Trillerpfeife.
Derweil werden die mitgebrachten Tüten der Kinder immer voller. Der zweieinhalbjährige Yannick hat langsam den Dreh raus, wie das mit den Süßigkeiten beim Faschingsumzug funktioniert. "Wir waren ja auch schon letztes Jahr zusammen da", sagt die Mama und lacht. Noch immer ist keine einzige Wolke am Himmel zu sehen. Der 618. Faschingsumzug erinnert ein bisschen an Copacabana. "In Rio de Janeiro ist es nur 30 Grad wärmer", sagt Alberto.
Aber davon lässt sich niemand die gute Stimmung verderben. "Wenn die Engel reisen, lacht nun mal der Himmel", sagt Schwanenritter Herbert weise und poetisch zugleich, während ein kleiner Napoleon voller Inbrunst auf seine Trömmelchen einhämmert.
Irgendwann sind die meisten der knapp 50 Wagen vorbei gezogen. Es wurde getanzt, getrommelt, gesungen und viel gelacht. Auf dem allerletzten Wagen des Umzuges geht freilich noch mal richtig die Post ab. "Wir machen Party gegen die Diskriminierung von HIV-Positiven im Alltag", sagt Torben Schultes in seinem Luther-Kostüm, während König Ramses die letzten rosa Luftballons in den Himmel steigen lässt und laut ruft: "Nürnberch! Ahaaaaaa!"