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Expertentipps: Was hilft wirklich gegen Schlafstörungen?


Autor: Nikolas Pelke

Nürnberg, Montag, 22. August 2016

Wie kann man Probleme beim Ein- und Durchschlafen insbesondere im Alter verhindern? Warum ist es bei Schlafstörungen besser, später ins Bett zu gehen?
Tipps von Expertin: Was hilft wirklich gegen Schlafstörungen? Foto: Archiv/dpa


Schlaf und Schlafgewohnheiten verändern sich im Alter. Schlafstörungen sind daher gerade bei Menschen über 60 Jahren weit verbreitet. Das Klinikum Nürnberg wendet sich mit Schlafkurses insbesondere an diese Patienten. Wir haben mit Melanie Zimni, Psychologin in der Schlafambulanz des Klinikums, über die Probleme beim Ein- und Durchschlafen im Alter gesprochen und warum es bei Schlafstörungen besser ist, später ins Bett zu gehen.

Frau Zimni, warum leiden insbesondere Menschen über 60 Jahren an Schlafstörungen?

Melanie Zimni: Dafür gibt es viele mögliche Gründe. Die meisten Menschen über 60 haben weniger Tiefschlafphasen. Der Schlaf im Alter wird daher oberflächlicher und störungsanfälliger. Die "biologische Uhr" verändert sich und Senioren entwickeln sich häufig zu Frühaufstehern, sogenannten Lerchen.

Viele Rentner haben mehr Zeit und sind weniger ausgelastet als im früheren Berufsleben. Manche belasten sich körperlich zu wenig. Andere gehen aus Langeweile zu früh ins Bett. Deshalb entwickelt sich oft ein falsches Schlafverhalten, was dazu führt, dass Schlafstörungen aufrecht erhalten werden. Außerdem kommen als Mit-Verursacher auch häufiger körperliche Beschwerden und Nebenwirkungen von Medikamenten in Frage.

Wie können Sie Senioren mit Schlafstörungen helfen?
Melanie Zimni: Es existieren oft Mythen und falsche Erwartungen über den Schlaf. Zum Beispiel, dass man mindestens sieben Stunden Schlaf benötigt um gesund zu bleiben oder dass der beste Schlaf vor Mitternacht stattfindet. Wir versuchen daher zunächst umfangreiches Wissen über den Schlaf, seine Funktionen und seine Einflussfaktoren ganz allgemein zu vermitteln. Oft findet dadurch schon eine Erleichterung und spürbare Verbesserung statt. Danach vermitteln wir Strategien für ein gesünderes Schlafverhalten sowie Strategien zur körperlichen und geistigen Entspannung, die dem "abschalten" dienen.

Manche lesen ein Buch, andere schauen Fernsehen - welche Hausmittel helfen beim Einschlafen und welche nicht?
Melanie Zimni: Fernsehen im Bett ist meistens schlecht. Ein entspannendes Buch ist besser. Wichtig ist auch, das schlafhygienische Einmaleins zu beachten. Das heißt zum Beispiel, das Schlafzimmer nicht über 18 Grad zu heizen oder abends keine schwere Kost zu sich zu nehmen. Auch mangelndes Tageslicht kann für Schlafstörungen mitverantwortlich sein. Tagsüber sollten Senioren deshalb möglichst viel Zeit im Freien verbringen. Was viele nicht wissen ist, dass es für einen erholsamen Schlaf besser, ist nicht zu viel Zeit im Bett zu verbringen. Viele versuchen so möglichst viel Schlaf zu bekommen. Das Ergebnis ist oft oberflächlicherer Schlaf und viele wache Zeiten im Bett. Besser ist es spät ins Bett zu gehen und wieder aufzustehen, wenn man gar nicht schlafen kann .

Warum sind Medikamente gegen Schlafstörungen nicht immer das beste Rezept?

Melanie Zimni: Es gibt durchaus Medikamente, die helfen. Viele Medikamente, die auf dem Markt sind, führen aber leicht zu einer Abhängigkeit und lösen langfristig das Problem der Schlafstörung nicht. Unser Ziel ist es, die Schlafstörungen zunächst ohne Medikamente in den Griff zu bekommen. Das Erlernen von körperlicher und geistiger Entspannung hilft dabei, auf Medikamente zu verzichten.

Wie bringen Sie dies den Patienten bei? Meditieren Sie gemeinsam in der Schlafgruppe?
Melanie Zimni: Nein. Wir setzen auf die leicht erlernbare progressive Muskelentspannung. Dabei wechselt man im Liegen oder Sitzen bewusst von Anspannung zu Entspannung einzelner Muskelpartien. Durch die Konzentration auf die körperlichen Empfindungen, lenkt man die Aufmerksamkeit von Alltagsproblemen weg und es stellt sich eine geistige Entspannung ein.

Haben die Menschen über 60 schon immer über Schlafstörungen geklagt oder ist das eine Erscheinung unserer modernen Welt?
Melanie Zimni: Möglicherweise hat sich das Problem mit den Schlafstörungen nicht so sehr gestellt, da früher die Leute bis ins hohe Alter körperlich gearbeitet haben. Inaktivität ist schlecht für den Schlaf. Je aktiver ich bin, desto besser ist das für den Schlaf.

Haben Sie noch ganz ein persönliches Geheimrezept für einen erholsamen Schlaf?
Melanie Zimni: Loslassen lernen - das ist sehr wichtig. Den schlechten Schlaf nicht ständig in den Mittelpunkt zu stellen. Sondern ganz entspannt mit dem Thema Schlaf umgehen, sich auch auf positive Aspekte im Leben konzentrieren und sich in aller Ruhe dem Problem zu widmen, um wieder besser schlafen zu können.

Schlafmedizinische Zentrum: Workshops für Senioren mit Schlafstörungen

Das Schlafmedizinische Zentrum im Klinikum Nürnberg verfügt über ein hochmodernes Schlaflabor und ist nach eigenen Angaben die größte Einrichtung dieser Art in Bayern. Die Schlafambulanz des Klinikums wendet sich mit einem Kurs im Herbst spezielle an Senioren, die unter Schlafstörungen leiden.

Die Schulung findet dienstags ab dem 13. September im zweiwöchigen Turnus statt, umfasst sechs 90-minütige Gruppentermine (jeweils 10 bis 11.30 Uhr) und fünf Aktivierungsvormittage mit Lichttherapie und anschließender Aktivität (14.11. - 18.11. jeweils ca. 9.00 - 13.00 Uhr).

Die Schulung ist für Menschen geeignet, die sich durch ihre Schlafstörung emotional belastet fühlen. Der Unkostenbeitrag beträgt 39 Euro. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Anwesenheit bei allen Terminen sowie einem Vorgespräch. Kürzere Distanzen sollten zu Fuß relativ problemfrei zurückgelegt werden können. Für ein Vorgespräch melden Sie sich bitte im Sekretariat der Schlafsprechstunde unter der Tel. 0911 / 398 7427.