Schlucken die Großen der Branche die Kleinbrauereien? Der Trend ist eher ein umgekehrter. Das Brauereisterben scheint passé.
"Wir erleben derzeit einen dramatischen Strukturwandel". Sagt Günter Birnbaum von der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und meint damit die Entwicklung auf dem deutschen Biermarkt. Eigentlich wollten wir wissen, ob sich eine allgemeine Preiserhöhung beim Bier abzeichnet. Davon könne keine Rede sein, erfahren wir. Und die Dumpingpreise der Handelsketten? Machen die Preise von 9,99 Euro für einen Kasten der bekannten Fernsehbiersorten den kleineren Brauereien nicht das Geschäft kaputt? Der GfK-Experte sieht das nicht so. "Der Trend geht zu den Kleinen.
Die Jungen trinken nicht mehr das Fernsehbier ihrer Väter." Handwerklich gebrautes Bier werde nachgefragt. Auch wenn da der Kasten zwei oder drei Euro mehr koste. Für Franken mit seinen vielen kleineren Brauereien eigentlich ein positiver Trend. Wäre da nicht eine weitere Entwicklung, die die Euphorie einheimischer Brauer schon seit längerem dämpft. Der Bierkonsum geht allgemein zurück. Eine Entwicklung, die sich schon seit Jahren abzeichnet. Allein im ersten Halbjahr 2017 ist der Bierabsatz um 2,1 Prozent gesunken.
Tranken die Deutschen Anfang der 80er Jahre im Schnitt noch 150 Liter Bier im Jahr, waren es 2016 nur noch 104 Liter. Mit Bierpreiserhöhungen wird deshalb vorsichtig umgegangen. Oft zu vorsichtig, so Oliver Dawid, Geschäftsführer des Verbands privater Brauereien in Bayern. Trotz enormer Kostensteigerungen warte man mit Preiserhöhungen oft zu lange.
Dennoch, die kleineren Brauereien haben derzeit die besseren Perspektiven. Es gibt auch wieder mehr davon. 1996 gab es in Deutschland 1276 Brauereien, 2016 waren es schon 1408. Mehr als die Hälfte davon, genau 738, erzeugte weniger als 1000 Hektoliter jährlich. Dafür sterben die Großen. Vor zehn Jahren waren es noch 29 Brauereien im Land , die mehr als zwei Millionen Hektoliter jährlich produzierten, heute sind es noch elf. Die Entwicklung kommt dem Verbraucher zugute, der auf handwerklich gebrautes Bier und gute Qualität setzt.
Wie kommt der Bierpreis zustande?
Wer von Brauereibesitzern oder Verbandsvertretern wissen will, wie sich denn der Bierpreis eigentlich zusammensetzt, stößt in der Regel auf beredtes Schweigen. Da will sich keiner so gern in die Karten schauen lassen. Eine allgemeingültige Aussage zu treffen, ist auch nur schwer möglich. Weil die Kostenstrukturen einer Kleinbrauerei anders aussehen als in einem Industriebetrieb, der sich mit der Herstellung von Bier beschäftigt. Ein Experte des deutschen Brauer-Bundes lüftete dennoch das Geheimnis, zumindest ein klein wenig. Und dabei kam erstaunliches zutage. Die oft zur Rechtfertigung für Preiserhöhungen angeführten Preissteigerungen bei den Rohstoffen entpuppten sich demnach sich als schwaches Argument. Weil der Kostenanteil von Hopfen und Malz bei der Bierproduktion gerade mal zehn Prozent ausmacht. Fertigung und Abfüllung stellen mit 23 Prozent schon einen größeren Kostenblock dar. Hinzu kommen dann noch mal rund fünf Prozent für die Verpackung, also für Flaschen und die Etikettierung. Verwaltung und Biersteuer machen weitere 25 Prozent aus. Vertrieb und Logistik bilden mit 38 Prozent den größten Kostenblock. Wobei die ganz großen Brauereien ihren Preis gar nicht mehr selbst bestimmen. Den diktieren vielmehr die Discounter und Lebensmittelketten.
ang
Kommentar
Nichts für Schnäppchenjäger
Qualität setzt sich durch - Gott sei Dank auch beim Bier. Weshalb der Trend zu kleineren Brauereien und handwerklich gefertigtem Bier für den Verbraucher keine schlechte Entwicklung darstellt. Zumal in Franken, wo die kleinteiligen Strukturen ja genau diesem Trend entsprechen. Fernsehbiere wie Bitburger, Warsteiner, Becks's oder Krombacher werden heute zu 75 Prozent als Sonderangebotsbiere auf den Markt geworfen. Extra billige Schnäppchen, denen nur der unverwechselbar nichtssagende Geschmack gemein ist. Schön, dass gerade das durch diese Biere noch vor Jahren prognostizierte Brauereisterben der Kleinen vom Tisch ist. Bier ist eben nichts für Schnäppchenjäger.