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Nürnberg: Betrug über 4 Millionen Euro? Prozess gegen frühere ASB-Führungskräfte


Autor: Alexander Milesevic, Agentur dpa

Nürnberg, Freitag, 25. Oktober 2024

Der Arbeiter-Samariter-Bund Bayern hat seit Jahren Geldsorgen. Drei ehemalige Führungskräfte stehen vor Gericht, weil sie die Krankenkassen betrogen haben sollen. Keiner will es gewesen sein.
Drei ehemalige Führungskräfte des ASB-Landesverbandes Bayern (2.v.l., 4.v.r., 2.v.r.) stehen vor Verhandlungsbeginn im Sitzungssaal des Strafjustizzentrums zwischen ihren Anwälten. Die ehemaligen Führungskräfte müssen sich wegen des Vorwurfs des Abrechnungsbetruges am Landgericht Nürnberg-Fürth verantworten. Das Trio soll in den Jahren 2013 bis 2018 in großem Stil Rettungsdienstleistungen mit den Krankenkassen falsch abgerechnet haben. Insgesamt entstand den Kassen ein Schaden in Millionenhöhe.


Es geht um einen mutmaßlichen Millionenbetrug und Vorwürfe über fehlende Führungsqualitäten: So lauten zumindest die Anschuldigungen gegen den Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) in Bayern, die in einem Betrugsprozess am Landgericht Nürnberg-Fürth verhandelt werden. Das Verfahren soll klären, wie die jahrelangen Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Rettungsdienstleistungen der Hilfsorganisation gegenüber den Krankenkassen zustande gekommen sind. Darüber hinaus wirft der Prozess ein Licht auf die internen Abläufe der traditionsreichen Organisation.

Drei ehemalige hauptamtliche Führungskräfte des ASB-Landesverbandes Bayern haben sich zu Beginn des Prozesses um millionenschwere Betrügereien gegenseitig die Schuld zugewiesen. Der frühere Rettungsdienst-Referent (53) sieht sich selbst als Whistleblower. Er habe die Missstände zunächst intern angesprochen; nach zahlreichen erfolglosen Versuchen habe er sich jedoch an die Öffentlichkeit gewandt und so den Prozess in Gang gesetzt.

Früherer ASB-Referent sieht Mitangeklagten als Hauptschuldige

Seine Mitangeklagten, den ehemaligen Geschäftsführer des Landesverbandes und den Bilanzbuchhalter, sieht er als Hauptverantwortlichen. Er schilderte, wie die beiden den Landesverband mehr oder weniger absolutistisch geführt hätten und Kritik oder Verbesserungsvorschläge nicht zugelassen haben sollen und - unter anderem mithilfe ungerechtfertigter Gratifikationen -  in die eigene Tasche gewirtschaftet haben sollen. Das ist ein Vorwurf, den nicht einmal die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Anklage erhebt.

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Die Ermittlungsbehörde beschuldigt das Trio, die Krankenkasse über ein komplexes System in den Jahren 2013 bis 2018 um insgesamt rund 4,3 Millionen Euro betrogen zu haben. Doch erkennt das Gericht die frühen Taten aufgrund von Verjährung nicht an, sodass die im Prozess verhandelte Betrugssumme etwa 3,25 Millionen Euro beträgt. Dem früheren Geschäftsführer (69) wird zusätzlich Untreue vorgeworfen, unter anderem weil er ein nach den Büchern angeblich nach Rumänien gespendetes Auto in seine private Garage gestellt und dann seiner Frau überschrieben haben soll.

Der 69-Jährige ließ über seinen Anwalt mitteilen, dass im Landesverband sicher nicht alles "optimal" gelaufen sei. Jedoch sei mit den Kassen nichts abgerechnet worden, was nicht ohnehin hätte bezahlt werden müssen. Schließlich sei der Rettungsdienst mit einem Volumen von etwa 15 Millionen Euro im Jahr nur ein kleiner Teil des gesamten Haushalts in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr gewesen. Wie es dazu kam, dass der ASB-Landesverband unter neuer Führung nach einem Vergleich mit den Kassen vier Millionen Euro zurückzahlte, blieb allerdings unklar.

Urteil könnte noch vor Weihnachten fallen

Der 56-jährige Bilanzbuchhalter ließ seinerseits erklären, er habe lediglich die Buchhaltung geführt, jedoch keine inhaltlichen Entscheidungen getroffen. Der 53-jährige Rettungsdienst-Referent habe falsche Anschuldigungen erhoben und führe einen privaten Rachefeldzug gegen seine beiden ehemaligen Kollegen.

Für den Prozess hat die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth elf weitere Verhandlungstage eingeplant. Eine Urteilsverkündung könnte kurz vor Weihnachten erfolgen.

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