Beinahe-Katastrophe bei Landeanflug auf Nürnberg
Autor: Io Görz, Klaus Angerstein
Nürnberg, Donnerstag, 15. Oktober 2015
Beim Landeanflug auf den Flughafen Nürnberg sind im Mai eine Boeing 737-800 und ein unbekanntes Segelflugzeug beinahe zusammengestoßen. Dies wurde nun durch einen Bericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) bekannt.
Am 14. Mai dieses Jahres kamen sie sich beim Landeanflug einer Passagiermaschine auf den Nürnberger Flughafen gefährlich nahe - eine Boeing 737 und ein Segelflugzeug. Zuletzt waren die beiden ungleichen Fluggeräte gerade mal 100 bis 150 Meter voneinander entfernt. Der Pilot der Düsenmaschine unterbrach den Landeanflug, verhinderte durch ein Ausweichmanöver in letzter Sekunde möglicherweise eine Katastrophe.
Bekannt wurde der Vorfall erst jetzt, fünf Monate nach dem Ereignis. Der Grund ist ein einfacher: Es musste zunächst einmal der Untersuchungsbericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) in Braunschweig abgewartet werden (Aktenzeichen: BFU 15-0523-5X). Eingestuft wurde der Vorfall als "schwere Störung". Darunter fallen sowohl Kollisionen als auch Fast-Zusammenstöße, die Ausweichmanöver notwendig machen, um das Schlimmste zu verhindern, so BFU-Pressesprecher Germout Freitag.
Wie dem fünfseitigen Untersuchungsbericht der BFU zu entnehmen ist, hatte sich folgendes zugetragen: Eine aus dem türkischen Antalya kommende Boeing 737-800 befand sich bei guter Sicht im Landeanflug auf den Nürnberger Flughafen. Nachdem die Flugsicherung ihr Okay gegeben hatte, begann der 38-jährige Pilot mit dem Sinkflug auf etwa 2000 Metern Höhe.
Ausweichmanöver in letzter Sekunde
Wie Axel Raab, Pressesprecher der Deutschen Flugsicherung (DFS), ergänzend mitteilte, befand sich die Passagiermaschine zu jenem Zeitpunkt noch etwa 36 Kilometer vom Nürnberger Flughafen entfernt im Bereich Nürnberger Land. Der Pilot sei von der Flugsicherung mehrfach darauf hingewiesen worden, dass er sich in einem sogenannten Mischgebiet befinde, in dem auch Sportfliegerei zulässig ist. Der Pilot meldete denn auch prompt einen Segelflieger in seiner unmittelbaren Nähe. Die Flugsicherung konnte dieses Objekt via Radar allerdings nicht ausmachen, da der Segelflieger ohne Transponder unterwegs war.Letztlich wurde die brenzlige Situation nur durch ein Ausweichmanöver der Boeing in letzter Sekunde bereinigt. Der Pilot hatte den automatischen Sinkflug beendet und per Hand ein Ausweichmanöver eingeleitet.
Ein einmaliger Vorgang? Wohl nicht, wie ein Referent des Luftsportverbands Bayern bestätigte. Weil zum einen die wenigsten Segelflieger mit einem Transponder zur Identifizierung per Radar ausgerüstet seien, und zum anderen in Lufträumen, die als Mischgebiet ausgewiesen seien, sich derlei Fälle immer wieder ereignen könnten.
DFS-Pressesprecher Raab bestätigte, dass im betreffenden Luftraum sowohl gewerblicher Luftverkehr als auch Sportfliegerei zulässig sei. Die Piloten größerer Passagiermaschinen seien deshalb angehalten, in diesen Gebieten nicht nur nach Instrumenten zu fliegen, sondern auch einmal aus dem Fenster zu schauen.
Raab versuchte jedoch insofern zu beruhigen, als er versicherte, dass so schwerwiegende Fälle wie der bei Nürnberg nur äußerst selten vorkämen. Trotzdem will man die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen. Wie es hieß, wollen Vertreter des bayerischen Luftsportverbands, der Deutschen Flugsicherung sowie zahlreiche Piloten im November zusammenkommen, um nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Damit der Nürnberger Vorfall möglichst ein Einzelfall bleibt.