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Aufregung in Nürnberg: Babygeschrei in Müllcontainer - so lief die "Rettungsaktion"


Autor: Nikolas Pelke

Nürnberg, Montag, 09. April 2018

Babygeschrei kommt aus einem Pressmüllcontainer in Nürnberg. Die ganze Nacht haben Einsatzkräfte den Müll durchsucht. So ist der Einsatz verlaufen:
Babygeschrei kommt aus einem Pressmüllcontainer in Nürnberg. Die ganze Nacht haben Einsatzkräfte den Müll durchsucht. So ist der Einsatz verlaufen: Foto: NEWS5 / Friedrich


Eine ganze Nacht nach Babygeräuschen im Müllcontainer hat die Feuerwehr in Nürnbergin der letzten Woche gesucht. Am Ende hatten die Rettungskräfte einen Spielzeug-Kinderwagen in der Hand. Einsatzleiter Stefan Zink erklärt, wie der nächtliche Einsatz am Rangierbahnhof verlaufen ist.

Den Babygeräuschen im Müllcontainer ist Thomas Zink von der Feuerwehr Nürnberg auf den Grund gegangen. Obwohl der Einsatzleiter in der vergangenen Mittwochnacht schnell von einer künstlichen Babystimme ausgegangen ist, hat Zink mit 20 Einsatzkräften die ganze Nacht hindurch den stinkenden Eisenbahnbehälter ausräumen lassen.


Bahnmitarbeiter hört Babygeräusche aus Müllcontainer

Bahnmitarbeiter hatten Babygeschrei aus dem Abfallwaggon wahrgenommen. Einsatzsatzleiter Thomas Zink von der Feuerwehr Nürnberg holt einen Baby-Notarzt hinzu, der sich die Geräusche anhören soll. Es wird sogar ein Stethoskop an die Stahlwand der rollenden Mülltonne gehalten.

Nach einiger Zeit ist der Feuerwehr klar, dass es sich bei dem Geräusch aus dem Bahncontainer nicht um eine menschliche Stimme handeln kann. "Ein Mensch hätte den Pressvorgang nicht überlebt, mit dem der Abfall in den Behälter gedrückt wird", erklärt Thomas Zink und verweist auf fehlende Hohlräume in dem voll beladenden Bahnbehälter, der verdichteten Restmüll in eine Müllverbrennungsanlage transportieren sollte.


Kein Lebewesen hätte überlebt

Kein Lebewesen hätte in diesem Behälter genug Luft zum Atmen. Thomas Zink verweist auf ein weiteres Indiz, warum relativ schnell klar wurde, dass es sich bei den Geräuschen nicht um eine echte Babystimme handeln konnte: "Das Babygeräusch hat sich wie auf einer Endlosplatte immer gleichmäßig wiederholt."

Diashows:

Großeinsatz in Nürnberg: Mitarbeiter hören Babygeschrei aus Pressmüll-Container
Großeinsatz in Nürnberg: Mitarbeiter hören Babygeschrei aus Pressmüll-Container
Großeinsatz in Nürnberg: Mitarbeiter hören Babygeschrei aus Pressmüll-Container


Einsatzleiter Thomas Zink erklärt, warum sich die Feuerwehr Nürnberg in Absprache mit der Polizei dennoch für die aufwendige und unangenehme Rettungsaktion entschieden hat. "Keiner kann ausschließen, dass es sich nicht doch um ein Baby handelt." Auch wenn alle Indizien dagegen gesprochen hätten, habe er den Einsatz als Verantwortlicher wie eine normale Rettungsaktion um Leib und Leben durchführen lassen.


Ursache musste geklärt werden

Ob die Stimme nun echt oder unecht klingt, habe bei seiner Entscheidung und der nächtlichen Rettungsaktion keine Rolle gespielt. "Wir müssen der Ursache nachgehen", ist sich Zink sicher. Auch die Polizei habe sich dafür ausgesprochen, die Ursache der Geräusche zweifelsfrei festzustellen. Die Bahn sei ebenfalls der Meinung gewesen, dass man den Bahncontainer mit den fraglichen Geräuschen nicht auf die Reise schicken könne, ohne vorher dem Babygeschrei auf den Grund zu gehen.

Nachdem die Entscheidung festgestanden sei, hätten die Rettungskräfte weder Kosten noch Mühen gescheut. Bis in die frühen Morgenstunden habe die mühsame Aktion gedauert. Ein Experte vom Technischen Hilfswerk (THW) sei als Berater vor Ort gewesen. Zunächst musste der Behälter vom Gleis gehoben und die schwere Containertür geöffnet werden. Dafür hat die Feuerwehr des Flughafens Nürnberg zur Unterstützung einen speziellen Teleskoplader an den Einsatzort zum Rangierbahnhof entsandt.

Einsatzleiter Stefan Zink lobt die harte und schweißtreibende Arbeit seiner Kollegen von der Berufsfeuerwehr. In schwerer Schutzkleidung hätten die Einsatzkräfte aus Angst vor Krankheitserregern den Abfallbehälter peu-à-peu entleert.


"Drecksarbeit" geleistet

"Der Müll hat gestunken wie die Pest." Seine Männer hätten in der Nacht wahrlich "Drecksarbeit" geleistet. Dummerweise habe sich die Ursache der Geräusche am Boden des Containers befunden. Die Mannschaft habe den gesamten Müll aus dem Behälter entnehmen müssen. Gegen 6.30 Uhr hatte die Feuerwehr die Ursache der Babygeräusche endlich gefunden.

Ein verbeulter Spielzeug-Kinderwagen hatte die Rettungskräfte die ganze Nacht auf Trab gehalten.
Stefan Zink bereut den Einsatz nicht. Wenn er müsste, würde er heute wieder so entscheiden, sagt Zink am Montag gegenüber diesem Medienhaus.


Für Menschenrettung nichts unversucht lassen

Das Bayerische Feuerwehrgesetz verpflichte ihn und seine Kollegen dazu, für die Rettung von Menschenleben nichts unversucht zu lassen. Dabei gelte das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Bei der Suche nach den Babygeräuschen im Müllcontainer seien die Kosten trotz des hohen Aufwandes im Rahmen geblieben, sagt Stefan Zink.

An der Aktion seien "nur" Kräfte der Berufsfeuerwehr beteiligt gewesen. Verdienstausfälle für ehrenamtliche Einsatzkräfte hätten beispielsweise nicht bezahlt werden müssen. Auch wenn sich die Feuerwehr nicht mehr gerne an den intensiven Einsatz zurückerinnern dürfte, ist Stefan Zink mit der Aktion zufrieden. "Aus unserer Sicht ist die Aktion gut verlaufen."