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"Volxküche" in Bad Windsheim: Betreiber des "Good" wollen mit Herzensprojekt Bedürftigen die Geldsorgen nehmen


Autor: Melina Mark

Bad Windsheim, Mittwoch, 07. Dezember 2022

Ein Bistro in Bad Windsheim hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Leuten gut durch den Winter zu helfen. Für wenig bis gar kein Geld bieten sie jeden Tag eine warme Mahlzeit an, um die Sorgen um die steigenden Kosten zu schmälern.
Bei dem Projekt gehe es darum, den Leuten durch den Winter zu helfen.


Aufgrund der gestiegenen Preise für Energie und Lebensmittel erwartet man in Deutschland an allen Ecken und Enden Teuerungen - auch in der Gastronomie. Doch um ihren Kund*innen entgegenzukommen, tun die Betreiber eines veganen Bistros in Franken genau das Gegenteil. Sie riefen das soziale Projekt "Volxküche" ins Leben, vergünstigten Tagesgericht und Suppe und ermöglichen Bedürftigen sogar Mahlzeiten für lau. Das Motto: "Jeder kleine Schritt ist ein Schritt."

Im September 2021 - mitten in der Corona-Pandemie - ist Bad Windsheim (Landkreis Neustadt an der Aisch) um ein Lokal reicher geworden. Marion Brueggen und ihr Mann Martin Rienecker, die auch einen veganen Friseursalon führen, eröffneten das vegane Bistro "Good". Infolge selbst-reflektierender Grübeleien während ihres zweiwöchigen Urlaubs in diesem Jahr ist dann die Idee für "Volxküche" entstanden.

Bistro-Betreiber möchten Menschen die Angst vor der Zukunft nehmen

"Leute haben Angst vor der Zukunft", bringt es Rienecker auf den Punkt, "sie wissen nicht mehr, wie sie mit ihrem Geld auskommen sollen." Um den Leuten die Verzweiflung zu nehmen, wollten Brüggen und Rienecker Mahlzeiten anbieten, die sich wirklich jeder leisten kann. Aus diesem Antrieb heraus hatten die Unternehmer sich bei ihrem Gemüsegroßhändler nach einer möglichen Umsetzung erkundigt.

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Der Händler bot ihnen "Ware, die von der Gastro nicht genommen wurde", weil sie optische Makel aufweist. Andernfalls hätte das Gemüse weggeworfen werden müssen - und das nur wegen brauner Stellen oder einem verwelkten Blatt an einem Radieschen. "Es ist astreine Ware", beteuert Rienecker. Das "Good" habe innerhalb von zwei Monaten, etwa 861 Kilogramm Gemüse (netto) retten können, das andernfalls in den Müll gewandert wäre.

Seit kurzem steuere auch ein Bio-Hof saisonale Ware bei, auf die Rienecker andernfalls hätte verzichten müssen. Zudem spenden inzwischen zwölf Privatpersonen dem Bistro für die "Volxküche" Lebensmittel, die auf die Tagesgerichte verwendet werden. "Das ist so ein Herzensprojekt", sagt der Geschäftsführer.

Jeder kann das Gericht kaufen, niemand wird ausgeschlossen

Es gibt jeden Tag ein anderes Gericht, das für 3,50 Euro angeboten wird und eine Tagessuppe, deren Preis sich nach der Größe richtet. Außerdem haben Kund*innen "die Möglichkeit, eine 20er-Karte für den ganzen Monat zu kaufen" und sind so für nur rund 60 Euro versorgt. Jeder darf das Tagesgericht kaufen, egal wie wohlhabend. "Wir haben viele Rentner als Kunden und Azubis. Studenten. Wir wollen niemanden ausschließen", so Rienecker.

Leider gebe es auch Kund*innen, die sich selbst diesen Preis nicht leisten können. Um den Betreffenden aus der Patsche zu helfen, arbeiten sie mit Verzehr-Bons und dem "take a meal - share a meal"-Konzept: Einige Leute zahlen deutlich mehr für das Mittagessen, als die 3,50 Euro. In diesem Fall wird ein Verzehr-Bon vor die Kasse gelegt, um einer anderen Person eine kostenlose Mahlzeit zu ermöglichen. Diesen können sich die betreffenden Personen selbstständig nehmen und bekommen durch den Bon das Gefühl, dafür etwas zu zahlen. Rienecker erklärte, dass ein psychologischer Aspekt dahinterstecke und so eher kein Schamgefühl bei den Kund*innen aufkomme.

Bereits im Oktober 2022 starteten sie mit diesem Projekt, das größer geworden ist, als sie dachten. "Das ist schon echt ein Mammut geworden", sagt Rienecker. Allerdings habe es eine Deadline: Voraussichtlich soll "Volxküche" im März 2023 enden, denn schließlich war es dafür gedacht "die Leute durch den Winter zu bringen".

Non-Profit-Projekt: "Muss sich alles rentieren?"

Die Unternehmer stemmen das Projekt mit ihrer Familie und ihren Mitarbeitenden - ohne freiwillige Helfer. Rienecker, Brueggen und eine ihrer Großmütter betreiben die "Volxküche" ehrenamtlich. Auf diesem Weg kommen sie am Ende vom Monat "bei Null raus", denn der Fokus liegt nicht auf Profit. "Es soll Gesellschaftsschichten zusammenführen" und den Leuten die Angst nehmen, erklärt Rienecker.

Leuten, die seinem Antrieb mit Skepsis entgegentreten, entgegnet er mit zwei Gegenfragen, die ins Grübeln bringen: "Muss sich alles rentieren? Kann man nicht einfach mal etwas tun, was der Seele guttut?"