Druckartikel: Zukunft des Bezirksklinikums in Kutzenberg weiter ungewiss

Zukunft des Bezirksklinikums in Kutzenberg weiter ungewiss


Autor: Matthias Einwag

Kutzenberg, Donnerstag, 02. März 2017

Welche Schlüsse aus dem Gutachten zur Wirtschaftlichkeit des Bezirksklinikums Obermain gezogen werden, ist noch immer unklar.
Wie die Zukunft des Bezirksklinikums Obermain in Kutzenberg aussehen wird, soll den Beschäftigten am kommenden Montag in einer Personalversammlung mitgeteilt werden. Archivfoto: Matthias Einwag


Der Verwaltungsrat der Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken (GeBO) hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag mit dem Strukturgutachten der Firma Oberender & Partner für das Bezirksklinikum Obermain befasst. Wie Pressesprecher Christian Porsch mitteilt, verständigte sich das neunköpfige Gremium darauf, sich in einer weiteren Sitzung am 13. März nochmals mit dem Zukunftskonzept für das Bezirksklinikum zu beschäftigen, um sowohl für die Patienten in der Region als auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmögliche Lösungen zu finden.

Am kommenden Montag werden Vorstand Katja Bittner und Bezirkstagspräsident Günther Denzler die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirksklinikums in einer Personalversammlung über die aktuelle Situation informieren.

Die Mitarbeiter des Klinikums sind indes höchst beunruhigt. Die drohende Verlagerung oder Vergabe der Trägerschaft ängstigt sie. Am Aschermitttoch trafen sie sich zu einer Aktion in Bad Staffelstein, um öffentliche Aufmerksamkeit zu bekommen.

Eine richtige Demonstration war es nicht. Eher eine stumme Mahnung. Rund 130 Mitarbeiter des Bezirksklinikums Obermain hatten sich am Mittwochabend auf dem Staffelsteiner Georg-Herpich-Platz versammelt, um mit einigen Plakaten zu protestieren. Zu diesem Zeitpunkt waren weder die genauen Pläne für die Neugestaltung des Bezirksklinikums Obermain bekannt noch die Entscheidung der neun Bezirksräte, die am Donnerstag darüber abstimmen sollten und am 13. März eventuell abstimmen werden.

"Maximale Qualität statt maximaler Profit", "Viele Existenzen im Landkreis Lichtenfels sind betroffen", "Rettet den Berg!", "Unsere Patienten lieben unsere familiäre Atmosphäre", "Wir sind ein Dorf - baut keine Mauer mitten durch" und "Wir sind Kutzenberg" stand auf den Plakaten, mit denen die Mitarbeiter des Klinikums ihren Unmut über die Geheimnistuerei der Zukunftsplanung zum Ausdruck brachten.


Wie steht die CSU zu den Plänen?

Anschließend besuchten die Mitarbeiter des Bezirksklinikums den politischen Aschermittwoch der vier Staffelsteiner CSU-Ortsverbände in der Peter-J.-Moll-Halle. Das Helferteam der CSU schob kurzerhand eine zusätzliche Tischreihe ein und öffnete die Galerie, um niemanden aus Platzgründen abweisen zu müssen.

Vor und während der Veranstaltung sammelten Angehörige des Bezirksklinikums die Unterschriften von Menschen, die mit den bisher bekannt gewordenen Plänen des Bezirks nicht einverstanden sind. Rund 1500 Unterschriften übergaben sie an Landrat Christian Meißner, der zusicherte, die Listen an Bezirkstagspräsident Günther Denzler weiterzuleiten.


Klares Nein vom Landrat

"Das ist Demokratie, wie sie mir gefällt", sagte Landrat Christian Meißner (CSU) über das Engagement der Ärztinnen und Ärzte, Schwestern und Pfleger aus Kutzenberg. Seit Tagen habe er "fast nichts anderes gemacht als über Kutzenberg Gespräche zu führen". Die ins Auge gefasste Umstrukturierung des Klinikums mit Auslagerung der Orthopädie und der Thorax- und Gefäßchirurgie bezeichnete er als abwegig: "Meine Stimme für diese Sache nicht!"

Sich bei einem Neuanfang Gedanken über den Standort zu machen sei normal, sagte der Landrat. Dabei müsse man die Stärken und Schwächen abwägen - "nur muss man das umfassend tun". Von dem 120-seitigen Gutachten der Firma Oberender & Partner hatten die Öffentlichkeit - und die Mitarbeiter - in der vergangenen Woche aus dem "Fränkischen Tag" erfahren.


Wie verlässlich ist das Gutachten?

Viel Beifall erhielt der Landrat in der Moll-Halle für diesen Satz: "Wenn ich die Thoraxchirurgie vergebe, welche Zukunft hat die Lungenklinik? Wenn Sie mich fragen: keine. Das ist ein Tod auf Raten." Thoraxchirurgie und Orthopädie machen laut Gutachten angeblich Defizite - doch wer überprüft die Gutachter, "wie verlässlich ist das Gutachten?", fragte der Landrat. Er bemängelte, dass eine fundierte Kostenanalyse fehle und urteilte: "Der Plan war: "Abstimmen und den Betroffenen sagen: sorry, dumm gelaufen." Ein öffentlicher Arbeitgeber könne so nicht agieren, "das ist nicht fair". Christian Meißner folgerte daraus: "Wir können nicht abstimmen, ohne vorher mit den Beschäftigten geredet zu haben."

Was sich dem Landrat nach eingehendem Studium des Gutachtens nicht erschließt: Wo liegen eigentlich die Defizite? Und: verstoßen die Pläne des Bezirks nicht gegen den Bayerischen Krankenhausplan, in dem festgeschrieben sei, was jede Klinik zu leisten habe? Die Abstimmung sei wohl nicht vom Krankenhausplan des Freistaats Bayern gedeckt.

Man müsse mit allen reden, wenn man die Kliniken schon loswerden will, schloss Christian Meißner. Vielleicht gebe es mit "Regiomed" eine Chance, sagte er mit Blick auf den im Publikum sitzenden "Regiomed"-Hauptgeschäftsführer Joachim Bovelet.

Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner kündigte an: "Wir werden alles tun, dass die alten Verträge erhalten bleiben - an den Verträgen der Beschäftigten darf nicht gerüttelt werden."





Meinung


Mitarbeiterschutz hat Vorrang


Dass ein Wirtschaftsunternehmen - und ein solches ist auch das Bezirksklinikum - Überlegungen anstellt, um künftig kostendeckend zu arbeiten, ist legitim. Ein Gesundheits(!)unternehmen, das obendrein dem Bezirk, also dem Staat, also uns allen gehört, muss aber schon anderen ethischen und moralischen Ansprüchen genügen wie zum Beispiel eine Schraubenfabrik.

Die Führung eines Klinikums, dessen Produkt das Gesundmachen von Patienten ist, muss umsichtig agieren, wenn es um das Wohl der eigenen Mitarbeiter geht. Konkret bedeutet das: Was passiert mit den Angestellten, die an einem etwaigen neuen Standort nicht mehr von Interesse sind? Wurde gar schon bei der Bundesagentur für Arbeit sondiert, wie eine Abwicklung aussehen könnte? Viele Fragen bleiben derzeit offen. Die Betroffenen haben ein Recht auf Antworten. Landrat Christian Meißner hält das Gutachten für unausgegoren und fragt zurecht, warum die wirtschaftliche Sitiation besser werden sollte, wenn man Kliniken verlagert.

Bis nächsten Montag bleiben die Mitarbeiter des Bezirksklinikums weiter im Ungewissen, wie die Zukunft der Kliniken aussehen soll, in denen sie ihren Lebensunterhalt verdienen. Doch es geht nicht allein um die Arbeitsplätze des Bezirksklinikums - für die Schön-Klinik und die "theramed"-Tagesklinik in Bad Staffelstein sowie die Reha-Klinik Lautergrund ist die Kutzenberger Orthopädie schließlich ein wichtiger Patienten-Zuweiser.

Matthias Einwag