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Wie viel Feuerwehr braucht der Landkreis Lichtenfels?


Autor: Ramona Popp

Lichtenfels, Montag, 24. Juni 2013

Was brauchen die Feuerwehren - und wie viel Feuerwehr braucht der Landkreis Lichtenfels? Um diese Fragen dreht es sich bei der Bedarfsplanung, an der aktuell gearbeitet wird. Ein erstes konkretes Ergebnis ist die geplante Neuanschaffung zweier Großfahrzeuge samt Drehleiter.
Die geplanten Standorte für eine weitere Drehleiter und für den Gerätewagen Atemschutz/Strahlenschutz sind Ebensfeld bzw. Altenkunstadt.


Um effektiv helfen zu können, müssen Feuerwehren über ausreichend Manpower und technisches Gerät verfügen. Für Letzteres sind die Städte und Gemeinden verantwortlich, und kein Bürgermeister will sich nachsagen lassen, da kleinlich zu sein. Wo Anschaffungen für notwendig befunden wurden, wurden sie in aller Regel auch gemacht und bezahlt. Bei einer Feuerwehr-Bedarfsplanung, wie es sie inzwischen in allen Bundesländern außer in Bayern gibt, wird genauer hingeschaut und nach festen Berechnungsgrundlagen ermittelt, welche Ausstattung an welchem Standort vorgehalten werden sollte.

Auch für den Freistaat wird eine solche Vorgabe erwartet, aber die Kreisbrand inspektion mit Timm Vogler an der Spitze will diese nicht abwarten. "Bevor uns aus München etwas übergestülpt wird, fangen wir selber an", sagt der Kreisbrandrat, der seit Frühjahr 2012 im Amt ist.

Und seit diesem Zeitpunkt ist die Arbeit an eben jener Bedarfsplanung eine Daueraufgabe für ihn. Ein erstes konkretes Ergebnis ist die Feststellung der Notwendigkeit einer weiteren, dritten Drehleiter für den Landkreis, mit Ebensfeld als angedachtem Standort.

Drehleiter dient Menschenrettung

Warum die unbedingt gebraucht wird, macht Vogler anhand einer Landkarte deutlich. Darauf sind die Standorte der beiden vorhandenen Drehleitern, Lichtenfels und Burgkunstadt, eingezeichnet; außerdem weitere dieser Großfahrzeuge zur Menschenrettung in den Nachbarlandkreisen. Die Standorte umgibt jeweils ein Kreis, der den Raum anzeigt - mit einem Radius von sieben Kilometern - , innerhalb dessen man mit der Drehleiter binnen 15 Minuten zur Stelle sein kann.

Auf diese Hilfsfrist haben sich die Landkreis-Bürgermeister jüngst in einer Dienstbesprechung geeinigt; sie entspricht der üblichen Praxis. Eigentlich gilt für die Feuerwehr eine Zehn-Minuten-Hilfsfrist. Das heißt, von der abgesetzten Alarmierung bis zu dem Moment, in dem das rote Auto mit Blaulicht am Einsatzort steht, dürfen nicht mehr als zehn Minuten verstreichen. Die beiden Drehleitern, die primär für die Rettung von Menschen aus brennenden oder verqualmten Gebäuden dienen, schaffen das derzeit nicht. Eigentlich würden vier gebraucht. Mit einer dritten wäre zumindest die auf 15 Minuten erweiterte Hilfsfrist einhaltbar, erklärt Timm Vogler. Rund 630 000 Euro kostet so eine Drehleiter, Unterhalt und Schulung derjenigen, die sie benutzen, kommen hinzu. Immerhin: Ein Zuschuss vom Freistaat von knapp 200.000 Euro ist zu erwarten.


An dem Standort Ebensfeld gibt es für den Kreisbrandrat kaum etwas zu rütteln, egal welche politischen Schachzüge in dieser Frage noch kommen mögen oder auch nicht. "Wir Fachleute haben den Standort dieses Rettungsgerätes definiert und begründet." Er zeigt mit dem Finger auf die Landkarte mit den beschriebenen kreisförmigen Eintragungen. "Im Raum Ebensfeld-Bad Staffelstein sieht man eine Riesenlücke", sagt er. "Aber da leben 16.000 Menschen." Die zum Bezirksklinikum in Kutzenberg gehörenden Hochhäuser erwähnt er an dieser Stelle auch.

Die zusätzliche Drehleiter soll 2014 ausgeschrieben und 2015 geliefert werden. Bis dahin müsste Ebensfeld eine entsprechende Unterstellmöglichkeit schaffen. Schon ein Jahr früher rechnet Timm Vogler mit einem weiteren Großfahrzeug für den Landkreis, einem speziellen Gerätewagen für Atemschutz und Strahlenschutz. Andere Landkreise hätten einen solchen bereits, bei dem Großbrand bei Metob in Michelau 2012 hatte man auf deren Unterstützung zurückgreifen müssen. Dieses Fahrzeug (Kostenpunkt 240.000 Euro, Freistaat-Zuschuss 80.000 Euro), sorgt für Nachschub mit "frischen" Atemschutzgeräten am jeweiligen Einsatzort, denn solche Geräte sind nach einer bestimmten Zeit leergeatmet. Geplanter Standort ist Altenkunstadt. Damit habe dann jede der elf Stützpunktfeuerwehren im Landkreis eine überörtliche Aufgabe. Für die Bad Staffelsteiner wird beispielsweise ein Spezialisierung auf Tunnelrettung angestrebt.

Landrat: "Hat mich überzeugt"

Grundsätzlich signalisierte der Kreisausschusses am Montag Einverständnis mit den beiden Neuanschaffungen, damit ist ein erster Schritt der Feuerwehr-Bedarfsplanung gemacht. Landrat Christian Meißner (CSU) sagte, ihn habe der Vortrag des Kreisbrandrates überzeugt. Die Beschlussfassung da rüber terminierte er auf den 8. Juli; dann ist wieder Sitzung. Dass Timm Vogler unmittelbar vorher zu einem Großeinsatz in Neuensee gerufen wurde, führte unmittelbar vor Augen, dass der Notfall jederzeit eintreten kann. Es ist aber nicht nur die Ausrüstung, auf die die Brandschützer ein Auge haben. Es ist auch die nötige Manpower. Viele der freiwilligen Einsatzkräfte sind beruflich außerhalb ihres Einsatzgebietes tätig und daher tagsüber nicht vor Ort. "Wir haben ein technisches Defizit, weil ein Großteil der Tragkraftspritzenanhänger in den Dörfern über 40 Jahre alt ist. Und wir haben am Tag mancherorts nicht genügend Leute", fasst der Kreisbrandrat zusammen.

Die alten Anhänger gehören seiner Auffassung nach ausgetauscht. Vogler will sie teilweise gegen entsprechende Fahrzeuge ersetzen lassen, um nicht mehr von Traktoren zum Ziehen abhängig zu sein. Aufgrund staatlicher Förderpauschalen und des erst heuer deutlich erhöhten freiwilligen Zuschussbetrages des Landkreises an seine Kommunen sei diesen der Austausch kostenneutral möglich; sie müssten für die Neuanschaffung in etwa den Preis eines Anhängers aufbringen.

Der sensiblere Teil der Planungsarbeit steht Timm Vogler und seinem Team aber noch bevor. Um gewährleisten zu können, dass überall genügend Kräfte mit angemessenem Gerät im vorgeschriebenen Zeitraum als Helfer zur Stelle sind, müssten mancherorts Alarmierungseinheiten gebildet werden, sagt er. Das heißt, in mehreren Dörfern würden gleichzeitig die Sirenen ertönen. Die betroffenen Wehren blieben trotzdem eigenständig, so Vogler, der mit einer breiten Zustimmung der Kommandanten rechnet.

In der Konsequenz könnte es dennoch so sein, dass es - freiwillige - Zusammenschlüsse geben wird, wie beispielsweise vor elf Jahren in Ober- und Unterwallenstadt. Irgendwann könnte das von kommunaler Seite her aber auch verstärkt unter dem wirtschaftlichen Aspekt betrachtet werden. Die Feuerwehrlandschaft im Landkreis wird sich in der Zukunft deutlich verändern, da ist sich Vogler sicher. An der Feuerwehr-Bedarfsplanung führe kein Weg vorbei.


Berechnungsgrundlage