Wie geht man pietätvoll mit einer Mumie um?
Autor: Matthias Einwag
Kloster Banz, Freitag, 08. November 2019
Im Banzer Museum befinden sich eine ägyptische Mumie und drei mumifizierte Schädel. Diese menschlichen Überreste sind Teil der Orientalischen Sammlung von Herzog Max aus dem 19. Jahrhundert. Wie denkt der Ägyptologe Alfred Grimm über die Präsentation solcher Exponaten?
Die Orientalische Sammlung von Herzog Max aus dem Jahr 1838 steht wegen einer ausgestellten Mumie und der drei mumifizierten Schädel in der Kritik. Der neue Generalsekretär der Hanns-Seidel-Stiftung, Oliver Jörg, kündigte an, eine Expertenkommission einzuberufen, um das Museum inhaltlich neu zu konzipieren. Wir fragen den Münchner Ägyptologen Dr. Alfred Grimm, wie er zu diesem Vorhaben steht. Frage:Die Orientalische Sammlung in Banz ist wegen der ausgestellten Mumie und dreier mumifizierter Schädel in der Kritik. Der Generalsekretär der Hanns-Seidel-Stiftung, Oliver Jörg, kündigte an, eine Expertenkommission einzuberufen, um eine Neukonzeption für das Museum zu erstellen. Werden Sie in dieser Kommission angehören?
Alfred Grimm: Von der Einberufung einer Expertenkommission ist mir nichts bekannt. Ich habe bisher lediglich von einer für 2020 von der Hanns-Seidel-Stiftung geplanten Veranstaltung zur Problematik der in der Orientalischen Sammlung im Museum Kloster Banz gezeigten menschlichen Überreste ("Human Remains") Kenntnis erhalten, und dass Überlegungen bestehen, mich dazu einzuladen. Bis heute liegt mir jedoch keine offizielle Anfrage hinsichtlich einer etwaigen Teilnahme an diesem "Human Remains"-Kolloquium vor.
Muss die Provenienz, also die Herkunft, dieser Ausstellungstücke besser erklärt werden?
Nein: Alles dazu Bekannte und Wissenswerte wird in der Ausstellung vermittelt sowie in der auf umfassenden Recherchen beruhenden Begleitpublikation mitgeteilt. Die Provenienz der von Herzog Maximilian in Bayern von seiner Reise mitgebrachten Objekte - zu denen auch menschliche und tierische Überreste gehören - ist in einer Ausführlichkeit dokumentiert, die als exemplarisch gelten kann.
Könnten die Mumie und die abgetrennten Köpfe überhaupt pietätvoll ausgestellt werden?
Es geht dabei ausschließlich um die normative Frage nach der Relevanz, verbunden mit der generellen Problematik, ob und inwieweit gegenwärtig und zukünftig die öffentlich zugängliche Präsentation menschlicher Überreste mit Pietät vereinbart werden kann bzw. zu vereinbaren ist. In einer pluralistischen Gesellschaft wird es jedoch auch in dieser Frage sicherlich keine einheitliche Meinung geben. Die 2009, also vor nunmehr zehn Jahren erfolgte Neugestaltung der von Herzog Maximilian in Bayern zusammengetragenen Orientalischen Sammlung unter Einbeziehung der zum Originalbestand gehörenden "Human Remains" entspricht sowohl den vom International Council of Museums (ICOM) herausgegebenen "Ethischen Richtlinien für Museen" (2010) wie auch den erst 2013 vom Deutschen Museumsbund bereitgestellten "Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen"; die bewusst unspektakulär-zurückhaltende Präsentation der menschlichen Überreste im Museum Kloster Banz war somit ihrer Zeit doch um einige Jahre voraus.
Im Umkehrschluss: Müssten nicht auch die sterblichen Überreste von Ötzi und jene zahlloser Märtyrer in Kirchen anders aufbewahrt werden?